Ich will vergelten: Thriller (German Edition)
hochhackige Schuhe, und ihre wohlgeformten Tänzerinnenbeine waren für jeden zu sehen. Neben ihrer Fotografie lehnte eine Karte, auf der Daniels’ Name stand.
Verdammt! Er hatte daran gedacht, dass heute ihr Geburtstag war!
Sie hoffte, dass er nichts geplant hatte. Sie sollte mit ihrem Vater zu Abend essen, der sein Bestes gab, um die Dinge zwischen ihnen wieder ins Lot zu bringen. Er hatte einen Tisch im »Bouchon« reserviert, einem französischen Restaurant in Hexham, das ihr empfohlen worden war. Freunde waren dort gewesen und hatten das Essen in höchsten Tönen gelobt. Sie sah auf die Uhr. Es war viel zu spät, um noch abzusagen. Aber hatte sie eine Wahl? Es würde für Streit sorgen, das wusste sie. Ihr Vater, der auf Einhaltung des Protokolls und gute Manieren bestand, würde es als persönliche Beleidigung auffassen, wenn sie ihren Job wieder einmal vorschob. Sie erfasste die Ironie in der Geschichte. Es war eine Tatsache, dass ihre Karriere von dem Moment an, in dem sie vor all den Jahren auf der gestrichelten Linie unterschrieben hatte, einen Keil zwischen sie und ihren Vater getrieben hatte.
Das war nicht immer so gewesen.
Ed Daniels war ein liebevoller, hart arbeitender Mann mit einem großartigen Sinn für Humor gewesen. Zumindest bis der Streik der Minenarbeiter ihn arbeitslos gemacht und das Bergwerk zugemacht hatte. Damals hatten sie einander nahegestanden. Doch Jahre später, als sie die Schule mit überdurchschnittlich guten Noten verlassen und dem brennenden Drang, zur Polizei zu gehen, nachgegeben hatte, nahm er ihre Berufswahl als persönliche Beleidigung, und von da an begann ihr Verhältnis sich zu verschlechtern.
Der vorzeitige Tod ihrer Mutter hatte es nicht besser gemacht.
Daniels seufzte.
Ihr Vater hatte einen strengen Moralkodex. Er hatte sie immer ermutigt, das Richtige zu tun, sie den Wert von Aufopferung und Pflichterfüllung gelehrt und diese Tugenden in ihr genährt, während sie aufwuchs. Er hatte ihr die Grundlage geliefert, die Bright später dazu verwandte, um sie zu der beeindruckenden Beamtin zu formen, die sie jetzt war.
Ellen kam zurück, mit ihrem Mantel, der Teekanne und zwei Bechern.
Bright sah zu, wie sie sie abstellte. »Sie sind ein Schatz, wissen Sie das?«
»Und Sie ein sexistisches Schwein!« Ellen verließ den Raum ohne ein weiteres Wort.
Daniels lachte laut auf. »Sieht aus, als hättest du deinen Meister gefunden, Chef!«
Sie meinte es ernst. Ellen Crawford war genau die Art Frau, die Bright auf seinen Platz verweisen konnte. Er war ein prima Kerl, ein exzellenter Mentor, aber er gehorchte nur seinen eigenen Gesetzen. Er verhielt sich oft herrisch und manchmal regelrecht grob gegenüber seinen Leuten. Sie eingeschlossen. Ellen hatte ihn in dem Moment drangekriegt, in dem sie ihn zum ersten Mal gesehen hatte. Sie waren wie füreinander geschaffen.
»Wie gut kennst du Adam Finch?«, fragte sie.
»Er ist ein Freund. Wir spielen ab und zu Golf zusammen. Warum?«
Daniels sah ihn über den Rand ihres Bechers an.
»Hilf mir auf die Sprünge, Chef. Wie, meintest du, habt ihr euch kennengelernt?«
»Das habe ich nicht erzählt.« Bright öffnete seine Schreibtischschublade und nahm eine Rolle seiner Lieblingskekse heraus. Er bot ihr einen an, aber sie winkte ab.
»Nun, dann frage ich jetzt. Wie habt ihr euch denn kennengelernt?«
»Du bist an der falschen Adresse, Kate.«
»Hab Geduld mit mir.«
»Er war mein Vorgesetzter bei der Armee.«
»Bei welchem Regiment?«
Bright nahm einen Bissen von seinem Garibaldi. »Bei der Luftwaffe.«
»Das ist jetzt ein Witz, oder?«
17
Das Restaurant war mit Kerzen erleuchtet, ein intimer Ort, der in sattem Weinrot gehalten war, was unter den offenen Deckenbalken für Wärme und Gemütlichkeit sorgte. Daniels wünschte, sie hätte sich für die Gelegenheit passender angezogen. Aber sie hatte nicht vor, lange zu bleiben. Sie war hier nur geduldet und wollte nach High Shaw zurück, wo sie vorhatte, die Nacht zu verbringen, um dann gleich morgen früh anzufangen.
Ihr Vater saß ihr direkt gegenüber, makellos gekleidet in einen dunkelblauen Anzug mit Weste, einer gepunkteten Krawatte und einem passenden Einstecktuch. Auf mehr als eine Art erinnerte er sie an Bright. Je länger sie darüber nachdachte, desto mehr war sie überzeugt davon, dass die beiden im Grunde vom selben Schlag waren. Tadellos von außen, aber fehlerhaft, sobald es persönlich wurde. Sie hatte sich mit Bright gestritten, bevor sie sein Büro
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