Ich will vergelten: Thriller (German Edition)
Besprechung machen. Ich fürchte, heute Abend können sie nicht nach Hause gehen und ihre Kinder ins Bett bringen. Ich brauche jeden Mann, bis wir uns klar darüber sind, wie wir von hier aus weitermachen.«
»Und wie werden wir von hier aus weitermachen?«, fragte Gormley.
Daniels seufzte. »Wenn ich das wüsste.«
41
Daniels zwang sich, ihren Salat zu essen, dann erledigte sie ein paar Telefonanrufe: erst die Spezialeinheit, dann Weldon, um herauszufinden, wie sie mit der Suche vorankamen. Sie erhielt nicht die Antwort, die sie gern gehört hätte. Das Wetter war nicht besser geworden, und sie kamen wegen der gefährlichen Bedingungen nur langsam voran.
»Die Minenschächte liegen hüfthoch im Wasser«, sagte er, mit lauter Stimme wegen des Regens. »Ich kann nicht riskieren, jemanden unter Tage zu schicken, bevor die Pegel sinken, Kate. Wir hören gleich auf. Es tut mir wirklich leid. Bei Morgengrauen sind wir wieder draußen, das verspreche ich Ihnen.«
»Hat sich der Geologe gemeldet?«
»Schön wär’s. Wir müssten dringend das Suchgebiet einengen.«
»Okay, überlassen Sie das mir. Ich sehe zu, was ich tun kann, um das zu beschleunigen.«
Sie legte auf und tätigte den Anruf. Der Geologe war nicht erreichbar, also hinterließ sie eine Nachricht, dass er sich dringend mit ihr in Verbindung setzen sollte. Von jetzt an würde sie die Ermittlung komplett aus der Einsatzzentrale heraus leiten und sich nicht länger zwischen zwei Orten aufteilen, beschloss sie und rief in High Shaw an. Sie erwartete, mit DS Robson zu sprechen, doch es war Kevin Hook, der sich meldete. Die Haus-zu-Haus-Befragung hatte immer noch nichts Neues ergeben. Robson war offenbar gegangen und hatte sich auf den Weg gemacht, um an der Besprechung teilzunehmen. Umso besser, dachte Daniels. Sie würde ihm die gute Nachricht persönlich überbringen. Um die Wahrheit zu sagen, fehlte er ihr. Sie machte sich Sorgen, dass seine Einsamkeit am Hadrianswall ihn zu mehr Internet-Glücksspielen verleiten könnte, besonders, wenn ihm langweilig und er mental nicht ausgelastet war. Sie ordnete an, dass Hook das Haus am nächsten Morgen räumen und wieder in die Stadt zurückkehren sollte.
»Und sorgen Sie dafür, dass alles so aussieht, wie wir es vorgefunden haben«, sagte sie zum Schluss.
»Das werde ich. Ähm, bevor Sie auflegen, Ma’am.« Hook zögerte. »Gibt es was Neues wegen meiner Versetzung zur Mordkommission?«
»Läuft.«
»Wirklich?«
»Nach allem, was ich höre, haben Sie sie verdient. Aber gewöhnen Sie sich die ›Ma’am‹ ab, ja?«
Seine merkliche Freude hob ihre Stimmung. Sie sah auf die Uhr und beendete den Anruf, rechnete sich aus, dass sie vor der Besprechung noch gerade genug Zeit hatte, um Adam Finch von den Entwicklungen zu berichten und den Kontaktbeamten anzurufen, der Amy Graingers Eltern zugeteilt worden war. So viele Leute verließen sich auf sie, und trotzdem war sie am sechsten Tag der Ermittlung genauso weit wie am Anfang. Es gab nicht eine fassbare Spur, abgesehen von Matt Wests Erklärung, dass die Probe, die er analysiert hatte, aus der Gegend stammte, die jetzt durchsucht wurde.
Dieser Fall würde sie heute Nacht wach halten.
Ihr Blick fiel auf einen großen weißen Hefter – ihr Handbuch zur Mordermittlung. Es war die Bibel eines jeden leitenden Ermittlers, ein dickes, strategisches Dokument von mehreren hundert Seiten, das jeden Aspekt eines Mordfalls abdeckte. Sie hatte jede Seite gelesen, hatte vieles, was darin stand, auswendig gelernt, aber was half es ihr jetzt, wo es keinen Tatort zu untersuchen und kaum Informationen auszuwerten gab?
Manchmal gab es für einen leitenden Ermittler nur den Weg zurück, um voranzukommen.
Daniels musste das Grundsätzliche noch einmal untersuchen und dazu analytische Standardmethoden benutzen, die Geschichte und die Verbindungen ihres Opfers erforschen, nicht nur die von Amy Grainger, sondern auch die von Jessica. Im Fall der Letzteren war sie sich sicher, dass jemand etwas wusste und nicht damit herausrückte. Sie würde die Aussagen von Finch, Pearce, Townsend, Mrs Partridge und Robert Lester noch einmal lesen müssen; und dann war da noch die Künstlerin, Fiona Fielding, die sie vernehmen musste – die Frau, mit der Jessica eine Menge Zeit verbracht hatte, zumindest nach dem umwerfenden Ölgemälde in der Bibliothek ihres Vaters zu urteilen.
Adam Finch hatte angedeutet, dass das Gemälde ein sehr kostspieliger Auftrag gewesen war. Er hatte mehrere Monate
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