Ich will vergelten: Thriller (German Edition)
Kommentar beinahe schon gefühllos. Andererseits wusste Fielding nicht, was sie wusste. Sie erinnerte Daniels an eine Soulsängerin, die sie einmal kennengelernt hatte. Eine Frau mit starker Präsenz, die nie etwas zu ernst genommen hatte, eine Eigenschaft, die sie attraktiv gefunden hätte, wenn sie nicht mitten in einem Mordfall gesteckt hätte.
»Ms Fielding …«
»Mein Name ist Fiona. Haben Sie auch einen oder nur einen Dienstgrad?«
»Madam, darf ich Sie daran erinnern, dass Sie hier sind, um zu helfen …«
»Das hörte sich nach einer Mo an oder möglicherweise nach einer Grace.«
Wieder die Soulsängerin.
Ein Grinsen spielte um Fieldings Mund, als sie Daniels in die Augen sah. Sie flirtete offen mit ihr. Doch ihr stand der Sinn nicht gerade nach einer weiteren Anmache von jemandem, der in der Öffentlichkeit stand. Außerdem war Fielding gar nicht ihr Typ, falls sie so etwas überhaupt hatte.
»Es tut mir leid«, sagte sie. »Können wir einfach anfangen?«
»Sie entschuldigen sich schon wieder.«
»Das war keine Entschuldigung.« Daniels blitzte sie an. »Jess Finch schwebt wahrscheinlich in Gefahr.«
Fielding gab sofort nach, war selbst an der Reihe, sich dafür zu entschuldigen, dass sie zu weit gegangen war. Daniels fuhr fort, ohne weiter darauf einzugehen, und fragte Fielding nach dem vermissten Mädchen, wobei sie ihr den Ernst der Lage klarmachte, ohne zu viel preiszugeben. Sie zog einen Stift aus der Tasche, öffnete die Tischschublade und zog einen Aussagenblock hervor, erleichtert, dass sie mit ihrem Verhör endlich vorankam.
»Ich bin besonders an Freundinnen, Freunden, Studienkollegen interessiert … Ich gehe davon aus, dass sie Ihnen nicht erzählt hat, dass sie kurz davor stand, wegzulaufen und ihrem Vater einen Schrecken einzujagen, weil sie nicht miteinander klarkamen?«
Fielding verneinte. Dann bestätigte sie, was Daniels bereits vermutet hatte. Als sie Jessicas Porträt malte, hatten sie eine Menge Zeit miteinander verbracht. Daniels bekam bald den Eindruck, dass die weltenbummlerische Künstlerin die Familie Finch besser kannte als alle anderen, die sie bisher vernommen hatte. Als Fielding anfing, sich ihr zu öffnen, kam ein ernsthaftes, fürsorgliches menschliches Wesen zum Vorschein, das Jess sehr mochte und sich große Sorgen machte wegen dem, was sie erfahren hatte.
Unter anderen Vorzeichen hätten sie sich gut verstanden.
»Hatte Jessica besondere Freunde? Jemanden, über den sie häufig gesprochen hat?«
»Sie hatte viele Bekannte, aber nach dem, was ich herausgehört habe, wenige enge Freunde. Allerdings war sie in Robert Lester verknallt, obwohl ihr Vater das missbilligte.« Wut blitzte in Fieldings Augen auf. »Adam kann manchmal ein richtiges Arschloch sein. Als er von der Beziehung erfuhr, verhinderte er, dass Jess den Jungen sah. Wenn Sie mich fragen, muss der Mann mal langsam aus dem Mittelalter herausfinden. Er hat sogar versucht, Robert zu bestechen! Ist das zu fassen?«
Daniels sah von ihren Notizen auf und erinnerte sich an ihr Gespräch mit Robert Lester und an dessen Versicherung, dass Finch ein Rassist war. Wenn ihm Geld angeboten worden war, damit er sich von Jess fernhielt, war es genug gewesen, um ihn zu etwas Unvernünftigem zu treiben? »Wie sah denn das aus?«, fragte sie. »Ich meine, hat er sich mit dem Jungen getroffen, hat er ihm einen Scheck gegeben oder was?«
Fielding schüttelte den Kopf. »Dafür ist Adam viel zu schlau. Er würde sich selbst nie in so eine Transaktion verwickeln lassen. Er hat Jessica das Geld in bar gegeben. Sie hat versprochen, die Beziehung zu beenden, hat aber, anstatt Robert zu verlassen, das Geld einer Wohltätigkeitsorganisation gespendet und sich weiterhin hinter Adams Rücken mit ihm getroffen. Das ist wirklich typisch für sie. Sie ist unabhängig bis zur Wildheit. Ich weiß nicht, was ich Ihnen sonst noch sagen soll.«
»Wusste Adam, dass sie sich weiterhin getroffen haben?«
»Das weiß ich wirklich nicht.«
»War ihre Beziehung zu Robert das einzige strittige Thema zwischen den beiden?«
Fielding zuckte die Schultern und zögerte.
Da war noch etwas. Daniels konnte es spüren. »Wenn Sie etwas wissen …«
»Ich weiß überhaupt nichts, jedenfalls nicht mit Sicherheit.« Fielding tat einen langen, tiefen Atemzug. »Wenn ich etwas wiederhole, was Jessica mir gesagt hat, dann ist das nur ein Gerücht, richtig?«
»Lassen Sie mich das beurteilen.«
»Wissen Sie, dass ihre Mutter vor vielen Jahren bei
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