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Ich wollte Liebe und lernte hassen

Titel: Ich wollte Liebe und lernte hassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Mertens
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besonders um ihn kümmerte, was ich nicht gerade anständig von ihr fand. Tatsächlich rief Mutti jeden zweiten Tag an und wir sprachen ein paar Minuten miteinander und da es ja umsonst war, war das alles nicht weiter schlimm.
    Tatsächlich kamen Mutti und Pappa wie verabredet und brachten sogar Oma mit. Ich lag festgeschnallt in meinem Bett, und als sie hereinkamen, döste ich gerade vor mich hin, genau wie es Günter tat. Ich schlug die Augen auf und erspähte meine Verwandtschaft. Ich war ganz aus dem Häuschen und freute mich, da ich es total vergessen hatte. Oma kam zu mir ans Bett und Mutti und Pappa auch. Wir begrüßten uns herzlich und ich stellte ihnen Günter vor und flüsterte Pappa die ganze Sachlage ins Ohr. Oma war dann entsetzt als sie an mir herabschaute.
    »Was haben die denn mit dir gemacht? Du bist ja total festgebunden, das ist ja eine Quälerei.«
    »Ach das ist nicht so schlimm, Oma, denn ich bin ja nicht den ganzen Tag angebunden.«
    »Trotzdem find ich das nicht gut.«
    »Aber es ist ja nur zu meinem Besten, Oma, und die Ärzte wissen bestimmt, was gut ist für mich.«
    Oma war nach einer Weile beruhigt und wir fingen an, uns zu unterhalten. Zwischen Mutti und Pappa war irgendeine Spannung, die ich feststellte, denn wenn die zwei sich unterhielten, war immer ein oder mehrere provozierende Wörter dabei. Ich machte mir jedoch darüber keine Sorgen und plauderte mal mit Oma, Pappa oder Mutti, und manchmal mit allen drei gleichzeitig. Oma machte dann ihre Tasche auf und gab mir einen neuen Schlafanzug, den sie mir schenkte, es war ein sehr schöner Schlafanzug. Dazu packte sie noch ein paar Süßigkeiten aus und gab sie mir ebenfalls. Pappa und Mutti hatten auch eine ganze Tragtüte voll Zeug mitgebracht. Pappa nahm aus der Tüte ein paar Sachen und ging zu Günter ans Bett, überreichte sie ihm und fing an mit ihm zu sprechen. Was er mit Günter sprach, bekam ich nicht mit, da Oma wieder anfing mit mir zu plaudern. Nach anderthalb Stunden war die Besuchszeit rum. Günter und ich verabschiedeten uns, und sie gingen alle wieder. Günter war total aufgedreht, weil ihm Pappa was mitgebracht hatte. Ich machte mich aus meiner Gipsschale frei und mit der Tüte, die mir mitgebracht worden ist, zu Günter ans Bett, und wir packten sie gemeinsam aus, da wir ja sowieso alles teilten, was wir hatten. Es war alles mögliche in der Tüte. Als erstes packten wir die ganzen Süßigkeiten aus und verstauten sie m den Schränken. Dann kam die Sensation, in der Tüte befand sich auch ein kleines Transistorradio, es war ca. zehn cm lang und sieben cm breit, aber wir waren so begeistert, daß wir ganz vergaßen, es auszuprobieren. Dann waren noch ein paar Kleinigkeiten darin sowie Briefmarken, die noch nicht abgelöst waren, und für meine Sammlung bestimmt waren, Waschzeug, und so weiter.
    »Du Fritz, du hast aber einen netten Vater«, sagte Günter. Ich überlegte mir meine Antwort und erwiderte dann: »Er ist nicht immer nett, er kann auch ganz anders sein wenn er will. Du kennst ihn jetzt nur vom Sehen und hast einmal mit ihm gesprochen.«
    Mutti rief weiterhin jeden zweiten Abend an, und der Krankenschwester schien es nichts auszumachen, mich jedesmal zu holen. Das Radio funktionierte fabelhaft, und die Süßigkeiten waren innerhalb von zwei Tagen total unter Dach und Fach gebracht, wo sie unserer Meinung nach auch hingehörten, nämlich in unsere Mägen. Mit den Krankenschwestern kamen wir immer gut aus, und einige von ihnen spielten sogar ab und zu Mensch-ärgere-dich-nicht, wobei sie aber meistens verloren, da wir ja darin mehr Übung hatten.
    Einige von den Schwestern sahen sehr gut aus und wir machten uns immer einen Spaß daraus, sie ein bißchen zu necken, indem wir zu ihnen sagten, sie sähe häßlich aus, wenn sie Schminke drauf hat, oder sie hätte eine Laufmasche im Strumpf, wobei sie dann ganz krankhaft die Laufmasche suchte. Aber sie wußten, daß wir nur Spaß machten und lachten dann mit uns.
    So unterhielten wir uns immer und hatten auch nie groß Zeit, um an unsere Krankheit zu denken. Die Schwestern hatten uns gerne und genauso war es andersrum. Sie waren praktisch unsere zweiten Mütter, und wenn man mal etwas nicht verstanden hatte in der Schule, setzten sie sich mit einem zusammen und machten mit einem die Hausaufgaben, übten mit einem das, was man nicht verstanden hatte, bis man es konnte. Der Arzt kam alle zwei Tage zur Visite und manchmal plauderten wir sogar mit ihm. Einmal zeigte ich

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