Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Ich wollte Liebe und lernte hassen

Titel: Ich wollte Liebe und lernte hassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Mertens
Vom Netzwerk:
verabschiedete, fing er an zu schlucken und ich sah die Tränen in seinen Augen. Da wurde mir bewußt, daß mich Günter verdammt gerne mochte.
    Günter blieb über Weihnachten in der Klinik. Das einzigste, was seine Pflegemutter machte, sie schickte ihm ein Geschenk in die Klinik. Ich dachte nur, daß ich Pappa überreden konnte, für ihn ein Geschenk zu kaufen, was ich auch später, als wir zu Hause waren, versuchte und auch klappte. Weihnachten verlief bei uns fabelhaft und ich bekam ein großes Puzzle mit 3000
    Teilen, ein neues Briefmarkenalbum, einen Haufen Süßigkeiten und noch Marken für meine Sammlung. Mutti und Pappa stritten sich nicht, was mich sehr wunderte. Meine Geschwister, Pappa und Mutti und ich waren eine richtige Familie an Weihnachten, was mich sehr froh machte. Wir überzogen den Urlaub von der Klinik um einen Tag, damit wir für Günter noch das Geschenk kaufen konnten. Ich suchte für ihn im Spielwarenkatalog einen Modellbaukasten aus, von dem er schon immer schwärmte, seitdem wir in der Klinik waren.
    Pappa kaufte ihn mit der Bemerkung »ist ja nicht gerade billig«. Wir fuhren zurück in die Klinik und ich nahm meine ganzen Geschenke mit und das von Günter ebenfalls. In der Klinik war dann eine Mordsbegrüßung und vor allen Dingen die Schwestern waren richtig begeistert, daß ich wieder da war.
    Die Oberschwester sagte gar nichts, weil wir uns einen Tag verspäteten. Als ich dann mit Günter wieder allein war, gab ich ihm das schon verpackte Geschenk.
    Er schaute auf das Geschenk, als wenn ich das siebte Weltwunder in der Hand halte.
    »Ist das wirklich für mich, Fritz?«
    »Na klar, sonst würde ich es dir ja nicht geben.«
    »Was ist denn da drinnen?«
    »Mach es auf und du wirst es sehen.«
    Er riß das Geschenkpapier auf, und als er sah, was darin war, zuckte er vor lauter Erstaunen mit der Hand zurück. »Das darf doch nicht wahr sein, das habe ich mir ja schon immer gewünscht. Wo hast du das denn her?«
    »Das lag bei mir unterm Weihnachtsbaum mit einer Karte daran. Bitte dem Günter geben, ich hatte keine Zeit in der Klinik vorbeizukommen. Gruß, dein Weihnachtsmann«, antwortete ich ihm.
    Darauf fingen wir beide an zu lachen, denn wir wußten ja beide, daß es keinen Weihnachtsmann gibt.
    Günter war so glücklich über das Geschenk, daß ich mich bald noch mehr freute als er selber. Das Modell hatte er schon nach ein paar Tagen zusammengebaut und es stand nun ausstellungsreif auf dem Nachttisch, daß es jeder bewundern konnte.
    So verging die Zeit, und eines Tages gab es eine freudige und eine schlechte Überraschung. Erst mal die gute Überraschung, Günter durfte die Klinik verlassen.

Nun die schlechte. Wenn Günter die Klinik verläßt, verliere ich ja meinen besten Freund.
    Als Günter alles verpackt hatte, setzte er sich auf mein Bett, und ich sah, daß ihm Tränen auf den Wangen herunterliefen.
    Als ich ihn fragte, wo er jetzt hingehe, sagte er mir, zu seiner Pflegemutter. Und als ich ihn fragte, warum er weine, gab er mir zur Antwort: »Weil ich jetzt meinen besten Freund verliere, den ich je im Leben gehabt habe, ach ich wäre froh, wenn ich noch ein bißchen bei dir bleiben dürfte.« Darauf liefen mir auch die Tränen herunter. Der Abschied von Günter war echt schwer, und so kam es dazu, daß ich fast zwei Tage keine Nahrung zu mir nahm. Aber die Krankenschwester tröstete mich, und so ging es mir wieder besser. Das Kapitel Günter war abgeschlossen.
    Die Tage vergingen jetzt langsamer, seitdem Günter nicht mehr da war, denn ich allein fand nicht immer die richtige Beschäftigung für mich.
     
    Ich fand später keinen so guten Freund mehr wie Günter, aber ich hatte ja noch genug andere Freunde. Mit dem Doktor kam ich weiterhin gut aus, aber mein Interesse an Briefmarken ließ mit der Zeit nach. Als ich nun über ein Jahr in der Klinik war, kam eines Tages ein neuer Arzt, und der wollte mir einen Gipsabdruck von meinem Bein nehmen. Von Gips war ich ja nun nicht begeistert, und so verweigerte ich, mich eingipsen zu lassen. Erst als mir der Arzt erklärte, daß der Gips gleich wieder weggemacht wird wenn er hart ist, genehmigte ich ihm sein Vorhaben. Die Krankenschwestern kannten meine Abneigung gegen Gips und so kicherten sie die ganze Zeit herum, als der Arzt mir sein Vorhaben erklärte. Der Gips diente dazu, mir eine Art Gehapparat zu entwerfen, der um mein Bein gelegt wird, und ich dann darauf laufen kann ohne richtig auf das kranke Bein zu stehen. Der Arzt

Weitere Kostenlose Bücher