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Ich wollte Liebe und lernte hassen

Titel: Ich wollte Liebe und lernte hassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Mertens
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zum Leben und auch nicht zum Sterben, und Mutti schaute sich nach einer Arbeit um. Sie fand auch eine als Bedienung in einem Gasthaus. Es durfte aber niemand davon wissen, da sie sonst die Sozialunterstützung gestrichen kriegt. Sie ging zwar nur abends arbeiten, und wenn es nötig war auch mal morgens. Pappa kam immer regelmäßig zu Besuch, alle zwei Wochen, und brachte uns auch meistens ein paar Süßigkeiten mit. Er gab sogar Mutti ab und zu Geld, da sie sich bei ihm beklagte, daß die Sozialunterstützung nicht langt. Pappa wußte ja nicht, daß sie noch nebenher arbeiten ging.
    Die Arbeit blieb zum Schluß wieder an mir hängen. Wenn ich von der Schule kam, durfte ich erst mal die Wohnung sauber machen, da Mutti jetzt nicht nur ab und zu ganztags arbeitete, sondern konstant. Daniela war, so lange ich in der Schule war, bei den Nachbarn untergebracht, und wenn ich dann nach Hause kam, holte ich sie gleich ab. Das Mittagessen war keine Schwierigkeit, da ich es meistens nur aufwärmen mußte. Abends machte ich dann meistens etwas Kaltes, was auch keine großen Schwierigkeiten machte. Außerdem war ich mittlerweile schon Spezialist im Nudelkochen und dazu gab es dann immer Ketchup. Nudeln mit Ketchup aßen wir alle gern und es gab nie großes Aufheben wegen dem Essen. Am schlimmsten war für mich immer das Saubermachen der Wohnung, denn wenn die nicht richtig sauber war, konnte ich mir gleich einen Anschiß bei Mutti holen und wenn sie schlecht gelaunt war sogar eine Tracht Prügel. Ich brauchte also manchmal stundenlang bis ich alles fertig hatte. Das Aufpassen auf meine Geschwister war nicht so schwer, denn sie waren ganz brav, und wenn sie es einmal nicht waren, drohte ich ihnen nur, es Mutti zu sagen, wenn sie nach Hause kommt und dann setzt es eine Tracht Prügel. Wenn ich zu ihnen das gesagt habe waren sie ziemlich schnell wieder brav, und ab und zu half mir Ralf sogar bei der Hausarbeit.
    Pappa kam nun immer öfters zu Besuch und eines Morgens kam er aus dem Schlafzimmer und frühstückte mit uns. Mutti erzählte uns dann, daß Pappa wieder bei uns wohne und jetzt für immer bei uns bleibe. Ich weiß nicht, ob ich darüber froh war oder nicht, ich dachte nur an die Streitigkeiten und was sonst so alles passiert ist. Ich war halt davon überzeugt, daß es genau wieder so wird wie es gewesen war, auch wenn Mutti uns versicherte, daß es anders werden wird. Da das Sozialamt herausbekommen hat, daß Pappa jetzt bei uns wohnte, wurde Mutti die Sozialunterstützung gestrichen, aber das machte nichts aus, da ja Pappa jetzt wieder Geld ins Haus brachte.
    Obwohl Pappa gut verdiente, hörte Mutti nicht auf zu arbeiten, und so wurde meine Arbeit nicht weniger, denn Pappa war meist nur am Wochenende da. Aber deswegen hatte ich anstatt weniger Arbeit mehr Arbeit, da Pappa selber ja nichts sauber machte, sondern sich noch von mir bewirten ließ. Pappa hatte oft an meiner Arbeit herumzunörgeln. Hier war es nicht richtig sauber, dort nicht richtig aufgeräumt, und da konnte es auch besser aussehen. Anstatt daß ich mal ein Lob bekommen hätte, wurde nur an allem rumgemeckert.
    Mutti war auch nicht besser, sie hatte an allem rumzunörgeln, wenn sie mal was gefunden hatte, was ihr nicht paßte, so erzählte sie es gleich Pappa und sagte immer dazu, daß er mir mal den Arsch vollhauen sollte. Wenn sie ihn dann immer so anstichelte, bekam ich eine Heidenangst, daß mir Pappa wirklich den Arsch vollhaute. Ab und zu verpaßte er mir auch eine Tracht Prügel, aber vorher hatte ich von Mutti schon eine bekommen. Nur weil ich der Älteste war, mußte ich für alles verantwortlich sein, oder für alles, was passierte, verantwortlich gemacht werden. In der Schule klappte fast gar nichts mehr, warum konnte ich mir auch nicht erklären, aber das war halb so schlimm, ich konnte mich ja auf den Arsch setzen und lernen, was ich dann auch tat. Hervorragend waren zwar meine Leistungen nicht, aber sie wurden besser, das merkte ich an den nächsten Klassenarbeiten, die ich geschrieben hatte. Eines Tages gab es dann zwischen Mutti und Pappa wieder einen riesigen Krawall, und Pappa gab Mutti dabei zwei gewaltige Ohrfeigen. Ich bekam das alles vom Kinderzimmer aus mit, da wir schon im Bett lagen. Nach den Ohrfeigen war der Streit noch nicht zu Ende, denn sie stritten noch bis morgens. Mutti beschimpfte Pappa und seine krüpplige Verwandtschaft, wie sie immer sagte, und Pappa beschimpfte sie und die ganzen Kommunistenratten, da Mutti ja aus der

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