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Ich wollte Liebe und lernte hassen

Titel: Ich wollte Liebe und lernte hassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Mertens
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nichts.
    Pappa wechselte nun wieder die Arbeitsstelle und er schaffte jetzt als Raumgestalter. Er brachte öfters neue Teppiche mit nach Hause und innerhalb von ein paar Wochen war die ganze Wohnung mit neuen Teppichen ausgelegt. Für mich war das einwandfrei, denn wenn ich normalerweise den Boden auf-wischen mußte, brauchte ich jetzt nur noch mit dem Staubsauger durchlaufen, was erstens weniger Zeit kostete und zweitens hatte ich eine Arbeit weniger, die ich besonders verabscheute. Ralf half mir immer mehr bei der Hausarbeit und so waren wir etwas früher fertig. Uwe brauchte noch nicht mitzuhelfen, wir spornten ihn halt nur an, sein Zimmer sauber zu halten.
    Am Wochenende war Pappa meistens gar nicht zu Hause tagsüber, denn er ging Samstag und Sonntag immer zum Frühschoppen und kam dann meistens sternhagelvoll nach Hause. Dann, wenn er zu Hause war, musterte er die Wohnung, ob sie auch ja richtig sauber war, wenn nicht, gab es öfters ein paar Ohrfeigen. Es kam oft vor, daß ich wegen der Wohnung ein paar Schläge einstecken mußte, aber nicht nur von Pappa, auch von Mutti. Pappa hatte mal was am Abstellraum zu motzen, z. B. daß die Schuhe in den Regalen nicht geputzt seien, oder daß im Wohnzimmer nicht richtig Staub gewischt war, so ging es immer hin und her. Mutti hatte meistens am Schlafzimmer und an der Küche rumzumeckern. Mir wurde die Sache manchmal zu dumm, und so ging ich hin und brachte alles auf Hochglanz. Dann waren sie ein paar Tage ruhig und wenn sie wieder anfingen zu meckern, brachte ich die Wohnung wieder auf Hochglanz, und manchmal brauchte ich dazu sieben bis acht Stunden. So verging dann eine ganze Weile, und manchmal kam es mir vor, als wenn Mutti und Pappa im Monat ihr bestimmtes Quantum Schläge verteilen würden, denn jedesmal bei der kleinsten Kleinigkeit gab es schon auf die Ohren, und wenn es nur eine Ohrfeige war, und oft gab es auch eine richtige Tracht Prügel. Mit den Zeugnissen, die wir nach Hause brachten, war Mutti nie zufrieden, immer hatte sie etwas daran auszusetzen. Wenn man in Deutsch eine Drei hatte, so kam immer die Bemerkung, das könnte ja auch eine Zwei sein. Ich glaube, ich habe nie etwas richtig gemacht in meinem Leben, immer war etwas dabei, was falsch war.
    Pappa und Mutti stritten sich weiterhin wie richtige Streithähne, und eines Tages zog Pappa wieder aus. Ich glaube ich war sogar froh darüber, ich weiß aber nicht, ob es mich richtig gefreut hatte, ich wußte nur, daß die Streitereien jetzt aufhören würden, und ich Pappa vorläufig nicht zu Gesicht bekommen würde, wenn er besoffen war. Wenn Pappa besoffen war gab es nämlich meistens Streit, weil sich Mutti nicht alles gefallen ließ, und wir Kinder mußten auch ab und zu herhalten. Pappa zog in eine Wohnung, die möbliert war. Sie war nicht weit weg von uns, man brauchte gerade fünf Minuten, um dort hinzulaufen. Mutti wusch für ihn zwar die Wäsche, aber das war auch alles, was sie für ihn tat, um den Rest mußte er sich selber kümmern.
    Wir Kinder blieben alle bei Mutti, und Pappa kam öfters zu Besuch, wobei er meistens mit Mutti redete, anstatt sich mit uns zu beschäftigen, denn er war ja angeblich wegen uns zu Besuch gekommen. Für uns Kinder war natürlich das ein großer Streß, denn nach der Schule mußten wir die ganze Wohnung aufräumen und Essen machen durfte ich jetzt auch immer öfters, da Mutti nur noch ganz selten für Mittags vorkochte. Mutti ging den ganzen Tag arbeiten, aber das Geld reichte vorne und hinten nicht. Auch das Geld, das Pappa ihr gab, langte nicht und so ging sie auf das Sozialamt, ohne Pappa davon etwas zu sagen. So kassierte sie das Geld vom Sozialamt, das von Pappa und ihren eigenen Verdienst. Das Sozialamt durfte nicht wissen, daß sie arbeitete, und Pappa durfte nicht wissen, daß sie auf das Sozialamt ging, und jede finanzielle Frage, die Pappa an Mutti stellte, wurde mit einer kräftigen Lüge beantwortet. Fremde Männer bekam ich nie zu Gesicht wenn Pappa nicht da war, also schloß ich daraus, daß Mutti keinen Freund hatte, und außerdem schlief meistens Daniela in Pappas Bett im Schlafzimmer. Zu Hause war immer Arbeit genug, denn ab und zu konnte ich meine Brüder nicht mehr im Zaum halten, die Drohung ich würde es Mutti sagen half nichts mehr, denn sie wußten ganz genau, daß ich es nicht Mutti sagen würde.
    So ging ich halt hin und schrie sie ab und zu an, und das half auch ein bißchen, aber nicht besonders viel. Wenn ich das Zimmer aufgeräumt hatte,

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