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Ich wollte Liebe und lernte hassen

Titel: Ich wollte Liebe und lernte hassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Mertens
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nämlich als Kellner im Singener Wienerwald. Da Pappa ja schon als Kellner gearbeitet hat in der Residence von Würzburg, eines der besten Restaurants, war das für ihn eine Kleinigkeit.
    Mutti war das natürlich nicht recht, daß Pappa jede Nacht zu Hause war, das merkte ich schon an ein paar Bemerkungen, die sie fallen gelassen hatte, wie z. B. »das kann ja heiter werden«, oder »jetzt haben wir die Bescherung«. Pappa kam also jetzt jede Nacht nach Hause und es gab nicht einmal so viel Streß und Ärger wie ich gedacht hatte. Mutti haute ihm des Morgens schon eine ganze Menge Beruhigungsmittel in den Kaffee und des Abends, wenn er mal nicht arbeitete, weil er Frühschicht hatte, bekam er auch noch eine Ladung.
    Pappa merkte es nicht, er wunderte sich nur, daß er immer so müde war, obwohl er manchmal stundenlang schlief und wenn er aufwachte, immer noch müde war, das konnte er sich halt nicht erklären.
    Wenn Pappa nach Hause kam, hatte er meistens schon eine ganze Menge Alkohol intus. Dann trank er noch ein paar Bier und ging ins Bett, da er erstens hundemüde war und zweitens kaputt von der Arbeit. Pappa beklagte sich dann mal bei mir, daß er immer so müde ist, aber ich konnte ihm nicht mal in die Augen schauen, da ich ja wußte warum er so müde war, und sagen konnte ich ihm das auch nicht. Ich antwortete nur darauf, daß es vielleicht von der Arbeit kommt und daß er da so viel trinkt, und das wird es wahrscheinlich sein.
    Ein paar Tage später sagte ich dann zu Mutti. »Meinst du nicht, daß du das mit den Beruhigungsmitteln mal sein lassen solltest? Pappa fragt sich schon, warum er so müde ist.« »Ach was, das ist schon richtig so, je müder er ist um so besser.«
    Was sollte ich dazu sagen, sie machte sowieso was sie wollte.
    »Naja, das ist nicht mein Brot«, sagte ich, als wenn mich das nicht weiter interessiert hat. Aber in Wirklichkeit machte ich mir meine Gedanken darüber.
    Eines Tages hatte ich dann ein kurzes Gespräch mit Ralf, wobei ich sehr erstaunt darüber war, was er alles wußte. Ich sagte zu Ralf: »Zur Zeit streiten sich Mutti und Pappa gar nicht mehr so viel.« »Ist auch kein Wunder bei der Menge Beruhigungstropfen.« Als Ralf den Satz ausgesprochen hatte, hielt er die Hand vor den Mund, da er merkte, daß er sich verplappert hatte. Er wußte anscheinend nicht, daß ich auch darüber Bescheid wußte.
    »Scheiße, jetzt hab ich mich verplappert«, sagte er und ich wußte sofort, daß Mutti auch ihn zum Stillschweigen verpflichtet hatte. »Ich habe es schon lange gewußt, du hast dich nicht verplappert, und außerdem sag ich es Mutti nicht, denn sie weiß ja, daß ich es weiß.« »Aber trotzdem, ich darf doch nichts sagen, und ich habe es ihr versprochen.« »Mann, du brauchst keine Angst zu haben, es erfährt keiner, daß du darüber mit mir gesprochen hast.« Wir vereinbarten, daß wir mit keinem darüber sprechen und alles für uns behalten. Später erfuhren wir dann von Uwe, daß er auch darüber Bescheid wußte, was für uns keine große Überraschung war, denn irgendwann mußte er das ja auch mitbekommen, ein so großes Geheimnis war es nun ja doch nicht mehr, und Mutti machte die Tropfen auch in unserer Gegenwart ins Essen oder ins Trinken, das Pappa zu sich nahm.
    Ich fand die ganze Sache abscheulich. Als Pappa mich mal aufforderte, ihm etwas zu trinken zu holen und ich auf dem Weg zur Theke war, hielt mich Mutti an: »Was machst du?«
    »Ich hole für Pappa etwas zu trinken.« Sie griff in die Tasche und holte das Arzneifläschchen hervor und drückte es mir in die Hand und sagte: »Schütt ihm davon etwas rein, aber nicht zu wenig.« Ich wußte nicht, was ich sagen sollte, aber ich war keineswegs bereit, Pappa von dem Giftzeug da in das Getränk zu schütten. Da ich ihr das Fläschchen nicht aus der Hand nahm, sagte sie: »Na, nimm schon, da ist nichts weiter dabei, wenn du ihm das Zeug da reinrührst.« Ich nahm das Zeug und wußte jetzt schon, daß ich Pappa davon nichts reinschütten würde. Ich ging zur Theke, machte Pappa das Getränk, schraubte das Fläschchen auf und schüttete ein paar Spritzer davon in den Abfluß. Dann drehte ich das Fläschchen wieder zu und auf dem Rückweg zu Pappa drückte ich Mutti das Fläschchen wieder in die Hand. »Na, hast du ihm etwas reingemacht?« »Natürlich, schau dir doch das Fläschchen an.«
    Sie schaute auf die Flasche. »Da hast du ihm aber eine ganz schöne Ladung reingeleert. Aber jetzt bring ihm das Zeug, das haut ihn

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