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Ich wollte Liebe und lernte hassen

Titel: Ich wollte Liebe und lernte hassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Mertens
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gleich wäre Oma oder Opa mit dem Staubtuch angerannt gekommen, und so konnte man sich vor lauter Sauberkeit nicht mehr wohl fühlen. Also, wie gesagt, Pappa war es gewohnt, eine saubere Stube zu haben und so fing er mit Mutti darüber an zu streiten. Es kam zwar nicht zu Handgreiflichkeiten, aber das, was sich die beiden an den Kopf warfen, hatte natürlich schon gelangt.
    Wenn Pappa dann wieder zum Arbeiten nach Villingen gefahren ist und die ganze Woche nicht da war, bekamen wir den ganzen Scheiß vom Wochenende zu spüren. Mutti schimpfte mit uns wegen jeder Kleinigkeit und es gab auch öfters Prügel, wenn wir eine Arbeit nicht richtig nach ihren Wünschen gemacht hatten. Sie stand meistens hinter uns mit der Reitpeitsche und wehe einer machte seine Arbeit nicht richtig. So hatten wir nun gar keine Zeit für uns zum Ausruhen.
    Ich wäre gerne mal hingesessen, um mich bei einer Tasse Kaffee richtig zu entspannen, aber das wurde uns nicht gegönnt.
    Wenn wir den Aufenthaltsraum richtig aufgeräumt hatten, wenn man das richtig nennen kann, da noch genug Gerümpel drinnen rumstand, und im Lokal draußen das Stoßgeschäft losging, sah der Aufenthaltsraum genauso aus wie vorher, da man immer die Kisten hervorholen mußte, aus denen man was für die Gäste brauchte.
    Anstatt man dies alles in einem Schrank verstaute, was im Aufenthaltsraum stand, und dann das Zeug immer bei der Hand hatte. Nein, das mußte so gemacht werden wie Mutti es wollte, und wenn man ihr einen Vorschlag machte, wie man es besser machen könnte, wurde es von ihr abgelehnt, da der Vorschlag nicht von ihr kam und sie sowieso alles besser wußte. Also blieb es so, wie es Mutti sagte, und nicht anders, außer wenn ihr etwas Spezielles einfiel, aber auf solche Ideen kam sie sowieso nicht, da sie ja immer öfter am Stammtisch sitzen und mit den Stammgästen rumsaufen mußte.
    Pappa kam am Wochenende nach Hause. Natürlich würde es wieder Ärger geben. Aber Mutti erzählte ihm nichts und für uns gab es keinen Ärger, ob es für Mutti Ärger geben würde wird sich erst abends rausstellen, wenn Pappa besoffen ist.
    Pappa bestellte bei Mutti etwas zu trinken. Mutti kam an die Theke und machte Pappa das Getränk. Dann zog sie nebenbei ein kleines Fläschchen aus der Tasche, es mußte eine Arzneiflasche sein, und schüttete eine Ladung Tropfen in das Glas. Dann steckte sie das Fläschchen wieder ein und brachte Pappa das Gesöff, das die da zusammengemixt hatte.
    Das Wochenende verging reibungslos, und am Montag fragte ich Mutti ganz beiläufig: »Was war denn das für ein Zeug, das du Pappa in sein Getränk reingemixt hast?« Sie schaute mich ganz entgeistert an und wußte nicht so recht, was sie sagen sollte. »Das waren Beruhigungstropfen, damit er nicht immer so aus der Haut fährt, wenn er besoffen ist.« »Weiß Pappa, daß du ihm da so ein Zeug in seine Getränke mixst?« »Nein, das mach ich schon länger, aber er hat das noch gar nicht gemerkt, und wenn du deinen Mund hältst, wird er es auch weiterhin nicht merken. Wenn da ein Sterbenswörtchen über deine Lippen kommt, schlage ich dich tot, haben wir uns verstanden?« »Ja, aber wie lange machst du das schon? Du kannst mir das ruhig sagen, ich erzähle es niemandem.« »Naja, erst seit zwei Wochenenden, und die Beruhigungstropfen helfen auch. Er hat schon beide Wochenenden nicht mehr rumgestritten. Wenn er die Tropfen trinkt und sich hinterher den Arsch vollsäuft, wird er hundemüde und schläft ein, bevor er überhaupt ans Streiten denkt. Und ich verpaß ihm schon eine ganze Menge von dem Zeug, damit es hilft.« »Meinst du, daß das in Ordnung ist, was du da machst?« »Das ist doch egal, wenn er nur ruhig ist und mich hier machen läßt, was ich will.«
    Ich war sprachlos, was ich da gehört hatte, war für mich schon ein bißchen unverständlich.
    Ich erwiderte gar nichts mehr und sagte halt nur noch mal, damit sie ganz sicher gehen konnte, daß ich sie nicht an Pappa verpfeife: »Also über meine Lippen kommt kein Sterbenswörtchen, darauf kannst du dich verlassen.« »Okay, dann ist die Sache ja klar, und ich warne dich nur, damit wir uns verstanden haben.« Das war natürlich für mich nicht gerade gut, denn ich wußte, daß ich mit meinem Wissen Pappa nicht mehr in die Augen schauen konnte.
    Pappa gab nun seine Arbeitsstelle in Villingen auf, denn er wollte in der Nähe von Orsingen arbeiten, damit er abends oder zumindest nachts zu Hause war. Er hatte auch schon eine Stelle gefunden,

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