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Ich wollte Liebe und lernte hassen

Titel: Ich wollte Liebe und lernte hassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Mertens
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noch ein paar dumpfe Schläge, und ich wußte, daß nun Mutti eine Abreibung kriegte. Sie tat mir wahnsinnig leid, und gleichzeitig hatte ich Angst, daß auch ich nun von Pappa eine Abreibung kriegen würde, weil ich den Typ rausgelassen hatte.
    Denn Pappa hatte ja die Tür selber abgeschlossen. Vor lauter Angst griff ich mir an der Theke das kleine Messer, das wir zum Zitronenschneiden dort liegen hatten. Es war spitz und scharf. Ich war entschlossen zuzustechen, wenn Pappa mich anlangen würde, denn ich konnte ja nichts dafür, daß Mutti fremd ging, und so brutal wie er heute war, wollte ich ihm nicht in die Finger geraten. Das Messer steckte ich in die hintere Hosentasche, nur ein Stück vom Griff schaute heraus.
    Dann kam Pappa die Treppe herunter, und es war merkwürdig still im Haus. Mir zitterten vor Angst die Knie.
    Dann stand er vor mir, und ich wußte nicht, was ich machen sollte. Ich griff ganz langsam nach hinten ans Messer, und die Berührung mit dem Ding gab mir irgendwie Mut, und ich sagte zu Pappa: »Der Typ ist auf und davon.« »Wie ist er denn rausgekommen?« »Du hattest den Schlüssel in der Tür stecken lassen.« Er schaute auf die Eingangstüre, und da steckte wirklich der Schlüsselbund, nur hatte er ihn nicht vergessen, sondern ich.»Verdammte Scheiße, jetzt wollte ich den ein bißchen in die Mangel nehmen!« Er glaubte also wirklich, daß er selber den Schlüssel hatte stecken lassen, und nicht, daß ich den Typ rausgelassen hatte. »Naja, der wird wahrscheinlich Angst gehabt haben. Ich erwisch ihn schon noch.« Dann machte er sich einen großen Cognac und leerte ihn in einem Zug herunter, und kurz drauf noch einen zweiten. Dann sagte er zu mir: »Mach die Kneipe dicht und räume sie anständig auf und geh ins Bett.« Er drehte sich dann um und ging nach oben ins Schlafzimmer zu Mutti. Als er weg war, verließ mich das Gefühl der Angst und ich atmete erleichtert auf. Ich wußte, daß er nun nicht mehr runterkommen würde und ich war froh darüber. Dann zog ich das Messer aus der Hosentasche und legte es an seinen Platz. Der Gedanke erschreckte mich, daß ich bereit war, meinen eigenen Vater zu erstechen, wenn er mich angerührt hätte. Ich steckte mir eine Zigarette an und stellte fest, daß meine Hände zitterten.
    Ich schloß die Tür ab, dann setzte ich mich auf die Theke und griff in die Kühlbox und holte die Jägermeister-Flasche heraus.
    Ich setzte sie an die Lippen und nahm einen kräftigen Schluck.
    Da mußte ich erst mal husten. Aber es tat mir irgendwie gut und ich nahm noch einen Schluck. Die Sorgen und alles andere rückte langsam in die Ferne und sie waren leicht zu ertragen.
    Sie berührten mich kaum noch. In meinem Halbrausch machte ich routinemäßig das Lokal fertig, dann nahm ich noch einen anständigen Schluck aus der Flasche. Ich ging hoch in mein Zimmer und setzte mich an das offene Fenster. Nichts berührte mich mehr groß und ich saß da und schaute in den Sternenhimmel. Die ganze Welt konnte mich in diesem Augenblick am Arsch lecken. Als ich aufwachte, hatte ich ein wahnsinniges Schädelbrummen und als ich auf die Uhr schaute, stellte ich fest, daß ich verschlafen hatte.
    Ich stand auf und schaute in jedes Zimmer. Ralf, Uwe und Daniela schliefen noch. Mutti lag auch noch im Bett und schlief, aber Pappa war verschwunden. Im Bad wusch ich mich dann und zog mich an. Im Haus schaute ich in jeden Raum, aber ich konnte Pappa nirgendwo finden, er hatte das Haus also schon verlassen. Nun weckte ich Ralf, Uwe und Daniela. Uwe und Daniela schickte ich in die Schule, aber für Ralf und mich war es schon zu spät und so blieben wir zu Hause. Ich machte das Lokal auf und es dauerte nicht lange, da war der Typ, wegen dem der ganze Krach war, auch schon da. Mir brummte noch immer der Schädel und nur sein Anblick ließ in mir eine Art Ekel aufsteigen. Er fragte mich: »Wo ist deine Mutter, und wie geht es ihr?« »Sie ist im Schlafzimmer und schläft noch.«
    »Wo ist das Schlafzimmer.« »Oben rechts die erste Tür, aber da können Sie nicht rein.« »Dann sag ihr, daß ich da bin und sie sprechen möchte.« »Ja, das kann ich machen.« Ich ging also die Treppe hoch und als erstes ins Bad. Dort nahm ich für meine Kopfschmerzen zwei Optalidon, dann ging ich ins Schlafzimmer. Mutti saß im Bett und schaute in einen kleinen Handspiegel. Sie sah verheerend aus. Die Wange war leicht blau angelaufen, die Haare total verzaust, ihr Gesicht war grimmig und über der Stirn hatte sie

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