Ich wollte Liebe und lernte hassen
hättest, hätte ich bestimmt draufgehauen, und in gewisser Hinsicht war es auch meine Schuld, denn ich hätte die Hand nicht heben sollen.« Mann, ich war richtig froh, daß er meine Entschuldigung angenommen hatte, und Sonja, die danebenstand, freute sich anscheinend ebenfalls darüber, denn sie zwinkerte mir mit einem Auge zu.
Nach Hause ging ich nach der Schule nur ungern, denn mich kotzte die Arbeit und die Stimmung zu Hause an. Ich wußte irgendwie nicht mehr genau, was ich von Pappa oder Mutti halten sollte, denn jeder von beiden trug seinen Teil dazu bei, daß ich sie nicht direkt gern hatte, sondern nur als meine Eltern duldete und nicht liebte und ehrte, so wie es sein sollte und in der Bibel stand.
Ralf und ich gingen ja seit langem schon in den Konfir-mationsunterricht nach Eigeltingen. Eine hübsche Pfarrerin gab uns Unterricht, und sie war auch sehr nett und verständnisvoll.
Ich hatte sie sehr gerne und bin auch gut mit ihr ausgekommen. Ich muß sogar zugeben, daß ich ein wenig in sie verknallt war, aber für mich war sie natürlich unerreichbar.
Zu Hause wurde nun die Hektik immer schlimmer. Pappa erwischte Mutti mit einem Typ und das hatte für Mutti verheerende Folgen. Pappa hatte sie des Mittags erwischt, wie sie sich einen Kuß gaben und das war ihm natürlich zuviel. Er setzte sich in sein Auto und fuhr einfach weg. Sehr spät des Abends kam er erst wieder nach Hause und natürlich, so wie es jeder erwartet hatte, stinkbesoffen. Er war sogar freundlich, aber der Schein trog. Als das Lokal leer war und nur noch der Typ da war, mit dem Mutti rumpoussiert hatte, ging der Tanz los. Pappa machte sich etwas zu trinken, und als der Typ mich aufforderte, ihm ebenfalls etwas zu trinken zu machen, schrie Pappa: »Nein, du kriegst bei mir vorläufig nichts zu saufen, erst unterhalten wir uns ein bißchen miteinander. Wir werden erst mal klare Verhältnisse schaffen.« Dann befahl er Mutti:
»Du gehst jetzt hoch ins Bett, dazu brauche ich dich nicht.«
»Nein ich bleibe hier, du willst ihn ja nur zusammenschlagen, so wie es ja deine Art ist.« »Ich sage dir das letzte Mal, du sollst nach oben gehen, und treibs nicht auf die Spitze, sonst reißt mir gleich der Geduldsfaden.« Ich stand da und war sprachlos. Es war klar, daß Pappa den Typ vertrimmen wollte, und er war gegen Pappa nur ein halbes Hemd. Dann kam mir eine Idee. Ich ging an den Haupteingang und steckte den Schlüssel in die Tür und drehte ihn einmal um. Nun war die Tür aufgeschlossen und wenn der Typ wollte, konnte er nun die Flucht ergreifen, denn er hatte ja gesehen, daß ich die Tür aufgeschlossen hatte. Pappa war immer noch mit Mutti am Streiten, denn sie wollte nicht nach oben ins Schlafzimmer.
Der Typ ergriff seine Chance und verschwand lautlos.
Warum ich die Tür aufgeschlossen hatte, wußte ich nicht, und ich weiß es auch heute noch nicht, womöglich, um dem Typ eine Chance zu geben.
Pappa und Mutti hatten noch nicht gemerkt, daß der Typ verschwunden war. Dann schrie Pappa wieder zu Mutti:
»Wenn du jetzt nicht gleich oben bist, dann schleif ich dich an den Haaren hoch, du dreckiges Miststück.« »Ich geh nicht hoch, da kannst du dich vorher auf den Kopf stellen und mit dem Arsch Fliegen fangen. Da läuft nichts, hast du verstanden?« Pappa schien es zu bunt zu werden. Er holte mit der flachen Hand aus und schlug Mutti eine auf die Wange. Sie flog auf die Treppe, weil sie das Gleichgewicht verloren hatte.
»Nun, gehst du jetzt hoch?« »Nein, du elendes Dreckstück.«
Wenn Mutti gewußt hätte, daß ihr Typ schon weg war, wäre sie bestimmt hochgegangen ins Schlafzimmer. Ich stand da und verfolgte die Szene ganz genau, aber ich mischte mich nicht ein, weil ich Schiß hatte, von Pappa auch Schläge zu bekommen, und so siegte eben mal wieder die Feigheit über mich.
Da Mutti trotz der gewaltigen Ohrfeige nicht nach oben ging, und nun Pappa anscheinend wirklich der Geduldsfaden riß, ging er hin und packte Mutti an den Haaren. Dann zog er sie brutal und kaltschnäuzig die Treppe hoch. Mutti schrie vor Schmerzen, aber Pappa griff nur noch fester in ihre Haare und zog sie erbarmungslos die Treppe hoch, wie einen Sack Kartoffeln. Mutti stand auch nicht auf, sie machte nicht mal einen Versuch dazu, sondern ließ sich wie ein Stück Abfall die Treppe hochziehen. Das einzige, was sie dagegen tat, war schreien.
Dann hatte Pappa sie die Treppe oben und sie waren aus meinem Blickwinkel. Pappa schrie Mutti an und dann folgten
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