Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Ich wollte Liebe und lernte hassen

Titel: Ich wollte Liebe und lernte hassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Mertens
Vom Netzwerk:
meine Arbeit und stellte fest, daß Freddy gegangen war. Er ließ sich den ganzen Tag nicht mehr blicken.
    Am nächsten Tag tauchte er aber abends wieder auf und kam zu mir und sagte: »Du, es tut mir leid, was da gestern passiert ist, ich wollte nicht, daß du wegen mir so einen Ärger bekommst und ich hab auch nichts dagegen, wenn du zu mir Kleiner sagst, das war im Suff und völlig unbeabsichtigt.
    Nimmst du meine Entschuldigung an?« Mir schossen die Tränen in die Augen, und ich wußte nicht einmal warum. Aber ich brachte dann doch hervor: »Ist ja nicht so schlimm, und deine Entschuldigung nehme ich an.« Er freute sich wie ein kleines Kind, daß ich ihm das nicht nachtrug, und dann redeten wir noch eine ganze Weile miteinander. Aber meine Veilchen hatte ich wieder einmal gekriegt, wie vorhergesehen, und ich hatte sie wie immer überschminkt, damit es nicht ganz so auffiel.
    Ärger war also genug, denn Mutti versuchte, mich oft bei Pappa anzuschwärzen, was ihr auch ein paarmal gelang, und ich von Pappa entweder gewaltig zusammengeschissen wurde oder auch mal eine auf die Ohren bekam. Sie merkte nicht, daß sie sich langsam zu meinem Feind machte und Pappa genauso.
    Aber ich hielt trotzdem noch mehr zu Mutti als zu Pappa, da sie mir leid tat, wenn sie mit Pappa stritt, und ab und zu sogar auch mal eine Ohrfeige bekam, und das fand ich von Pappa fies.
    So zum Beispiel kam Pappa des Abends um elf, halb zwölf nach Hause, dann stellte er sich an die Theke und trank noch ein paar Asbach, und obwohl er besoffen war, hörte er nicht auf zu saufen, im Gegenteil, er kippte sich immer mehr von dem Zeug rein. Wenn dann das Lokal leer war, ging der Streit los. Ralf, Uwe und Daniela waren schon zu Bett gegangen.
    Pappa ging in die Küche und in den Aufenthaltsraum. Dort stellte er fest, daß alles dreckig war und nicht aufgeräumt. So holte er Ralf und Uwe aus dem Bett, mich holte er in die Küche und auch Mutti. Dann befahl er uns, die Küche zu putzen von oben bis unten, und er stand daneben und beschimpfte uns alle mit Schweine, Drecksäue und noch mehr Wörtern aus seinem Wortschatz, der unerschöpflich war.
    Und den ganzen Dreck mitten in der Nacht, als wenn wir am Tag nicht auch alles putzen könnten. Dann befahl er Mutti, ihm einen Cognac zu holen, und das auch noch pur. Mutti ging an die Theke und kam zurück mit einem Cognacschwenker, der bis zum Rand gefüllt war, und reichte ihn ihm und sagte:
    »Hier, sauf dir damit den Rest von deinem Verstand auch noch ab.« Pappa reagierte darauf extrem und haute ihr das Glas aus der Hand und schmierte ihr eine, und dann befahl er ihr, sie solle ihm einen neuen Cognac bringen, und wenn sie es nicht richtig mache, dann würde er ihr das Glas ins Gesicht drücken.
    Und das soll ja überhaupt nicht gesund sein, und das schien Mutti auch zu wissen, denn sie brachte ihm diesmal einen Schwenker, der normal gefüllt war. Ab und zu bekamen wir noch einen Tritt in den Arsch, wenn Pappa an unserer Putzerei etwas zu beanstanden hatte. Als wir dann gegen drei oder vier Uhr morgens die Küche auf Hochglanz gebracht hatten, und Pappa nichts mehr beanstandete, durften wir endlich ins Bett gehen und schlafen.
    Solche Sachen kamen nun öfters vor und dabei tat mir Mutti immer leid, aber ich sagte es ihr nicht, denn sie glaubte ja immer, daß ich zu Pappa halten würde. Trotzdem war sie auch irgendwie mein Feind, denn wegen ihr habe ich ja schon einen Haufen Ärger bekommen.
    Eines Morgens in der Schule bekam ich Streit mit einem Klassenkameraden. Der Streit hatte sich aus Lappalien entwickelt, und da er mich mit Schimpfwörtern belegte und genauso ich ihn, hob er die Hand gegen mich zum Schlag. Als ich das sah, schalteten sich bei mir alle Lampen auf rot, und ich haute ihm zwei gewaltige Fausthiebe ins Gesicht. Ich weiß nicht, was ich dabei dachte und fühlte, ich glaube, es war eine Kurzschlußreaktion. Er lag am Boden und wimmerte. Ich hörte nach diesen zwei furchtbaren Schlägen auf draufzuhauen, und ich schämte mich sogar ein wenig wegen der Schläge, die ich ihm verabreicht hatte, auch wenn die ganze Klasse mir deswegen zujubelte. Während der ganzen Unterrichtsstunde grübelte ich dann nach, wie ich das bei Martin, so hieß mein Schulkamerad, wieder gut machen könnte. Nach der Schule ging ich dann zu ihm hin und sagte: »Du Martin, ich möchte mich bei dir entschuldigen für das, was da vorgekommen ist.«
    »Das ist doch nicht so schlimm, wenn du nicht so blitzartig draufgehauen

Weitere Kostenlose Bücher