Ich wuensch mir dich
dem davonfahrenden Wagen hinterher, runzelte leicht die Stirn und ging zum Haus. Nadine hatte sie zum Abschied ein weiteres Mal daran erinnert, dass nach dieser Woche der Besuch bei den Eltern fällig wäre. Wonach Emily jetzt aber am wenigsten der Sinn stand, war Urlaub. Nadines Argument, dass es gerade in einer Stresssituation wie der momentanen wichtig wäre, mal aus allem rauszukommen, konnte Emily einfach nichts abgewinnen. Egal wie viele Kilometer sie zwischen sich und ihre Gärtnerei legte, ihre Gedanken blieben zu Hause beim Geschäft. Emily befürchtete sogar, dass ihre Unruhe noch größer werden würde, wenn sie ausgerechnet jetzt wegfuhr, wo die Konkurrenz sich offenbar auf Schikane verlegte.
Zurück in der Küche, räumte Emily die Spülmaschine ein und stellte fest, dass wieder einmal Nadines Kaugummi unterm Rand des Frühstückstellers klebte. Seufzend entfernte sie das klebrige Etwas. Wann würde Nadine sich endlich angewöhnen, das verdammte Ding gleich in den Mülleimer zu entsorgen?
Mit einem Mal schossen Emily Tränen in die Augen. Den Teller in der Hand, sank sie auf einen der Küchenstühle und weinte, ohne zu wissen warum.
Nadine war in den letzten Tagen sehr aufmerksam zu ihr gewesen. Regelrecht überfürsorglich hatte sie ihr jeden Handgriff abgenommen und sie zur Ruhe gezwungen. Ja eben, gezwungen! Viel lieber hätte Emily ihren Frust in Arbeit ertränkt, statt auf der Couch zu liegen, Unmengen Tee zu trinken und Nadine jede Information abringen zu müssen, weil die auch noch ihr Handy konfisziert hatte. Aber Nadine verstand das nicht. Sie meinte, ihre »Therapie« sei die richtige und sie ließ keinen Widerspruch zu. Egal wie gut Nadines, »Wenn du mich liebst, lässt du dir von mir helfen«, auch gemeint war, es glich einer Erpressung und hatte nur dazu geführt, dass Emilys Frust zunahm. Am Ende war sie soweit, dass sie dachte: Nadine hängt doch sonst ständig mit Doris rum, warum nicht jetzt! Gleichzeitig war sie erschrocken. Wie konnte sie so etwas denken!
Emily seufzte tief vor sich hin. Nicht, dass sie eifersüchtig wäre. Sie hatte nie auch nur angenommen, dass zwischen Nadine und Doris etwas lief. Die beiden hatten einfach die gleichen Interessen. Sie konnten zum Beispiel stundenlang übers Vorabendprogramm reden. Ein Programm, das Emily nicht kannte, weil sie zu dieser Zeit meistens noch die Tagesabrechnung machte. Auch Emily genoss gerne mal eine halbe Stunde Ruhe in einem Café, bei einer leckeren Schokolade, aber sie hatte dieses Bedürfnis nicht jeden dritten Tag. Was Klamotten anbetraf, setzte sie mehr auf Praktisches als auf die neuesten Trends.
Anfangs hatte Emily alldem keine Bedeutung beigemessen. Wie hieß es doch? Gegensätze ziehen sich an. Mittlerweile fragte sie sich immer öfter, ob das auch eine solide Basis für eine Beziehung war. Zumal Nadine nur ein sehr bedingtes Interesse für die Arbeit in der Gärtnerei zeigte. Allein, sie zu diesem Crashkursus über den biologischen Anbau von Gemüse und Kräutern zu überreden, ein Thema, zu dem von immer mehr Kunden Fragen kamen, hatte Emily Wochen gekostet. Und dann Nadines verrückte Idee vom Auswandern. Ein Floh, den ihr das Fernsehen ins Ohr gesetzt hatte.
Emily hatte es sich lange nicht eingestehen wollen, aber Nadine und sie drifteten immer weiter voneinander weg. Vielleicht war das auch Nadine aufgefallen, und ihr Heiratsantrag der Versuch gewesen, ihrer Beziehung etwas Neues zu geben. Nämlich ein Versprechen, an dem sie beide festhalten konnten. Nadine schien mit dieser Aussicht auch sehr zufrieden. Emily ertappte sich jedoch immer häufiger dabei, dass sie zweifelte. Das bescherte ihr oft ein schlechtes Gewissen gegenüber Nadine und es gelang ihr seit Wochen nur noch dann, dies wegzuschieben, wenn sie Nadine mit Zärtlichkeiten beschenkte.
Dieses schlechte Gewissen war auch der Grund gewesen, warum sie Lara fast schon überhastet davon in Kenntnis gesetzt hatte, dass sie und Nadine heiraten würden. Egal, was Lara für Hoffnungen mit dem Abendessen verbunden hatte, als sie sie einlud. Wenn sie, Emily, sich ihrer Gefühle sicher gewesen wäre, hätte es keine Erwähnung von Hochzeitsplänen gebraucht. Zumal sie kurz vorher bereits klarmachte, dass Nadine und sie zusammen waren. Aber sie war unsicher. Deshalb hatte sich sofort das Gefühl eingestellt, Nadine zu betrügen.
Als Nadine fragte, ob sie es schon bereue, ihren Antrag angenommen zu haben, hatte sie mit Nein und einem Lächeln
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