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Ich wuenschte, ich koennte dich hassen

Ich wuenschte, ich koennte dich hassen

Titel: Ich wuenschte, ich koennte dich hassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Christopher
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hattest. Ihr Schwanz peitschte immer noch wütend hin und her, während sie mich beobachtete, und ihre Zunge schoss vor und zurück wie ein Dolch.
    Ich zwang mich zu atmen. Die Käfigtüren waren geschlossen, alle waren eingesperrt. Diese Viecher kamen nicht an mich ran. Trotzdem hörte ich, wie sie herumkrabbelten, über den Boden glitten, mit ihren Schwänzen schlugen. Diese Geräusche ließen meinen Herzschlag stolpern. Ich stützte mich an den Kisten ab und schob mich zurück durch den engen Gang. Gartensachen, Dekken, Alkohol …
    Bei dieser Kiste blieb ich stehen. Ich stellte mich auf die Zehenspitzen und schaute obendrauf. Das Klebeband hatte sich gelöst und hielt den Karton kaum mehr zusammen. Ich warf einen Blick zur offenen Tür und machte mich bereit, zur Not sofort nach draußen ins Abendlicht zu flüchten, falls mir doch eins von diesen Viechern hinterherkäme. Dann zerrte ich die Kiste zu mir, wobei im Innern Flaschen aneinanderklirrten. Ich zog am Klebeband und die Kiste ging auf. Mit einem tiefen Atemzug griff ich hinein. Meine Finger zitterten. Ich hatte Angst, dass vielleicht noch was anderes in der Kiste sein könnte. Ich rechnete mit der sachten Berührung eines Spinnenbeins auf meinen Fingern. Ich schnappte mir die erste Flasche, die ich zu packen bekam, und holte sie herunter, wobei ich erst mal niesen musste von dem vielen Staub.
    Bundaberg-Rum. Eine Literflasche aus Glas. Damit ließ sich durchaus Schaden anrichten. Sie konnte einen von uns umhauen, auf die eine oder die andere Art. Ich nahm die Flasche und verließ den Schuppen, erleichtert, heil dort rauszukommen. Die Tür lehnte ich wieder gegen den Rahmen, so wie sie vorher gewesen war, mit offenem Vorhängeschloss. Auf halbem Weg zurück zum Haus blieb ich stehen und schaute nach der Kamelstute. Sie war nicht in ihrem Pferch und drüben bei den Separates sah ich sie auch nicht. Vielleicht hatte sie sich hinter den Felsen versteckt. Die Sonne stand direkt über dem Horizont und tauchte alles in ein pfirsichfarbenes Sonnenuntergangslicht. Bald würde es dunkel sein.
    Ich ging auf direktem Weg in mein Zimmer und versteckte die Flasche unter dem Kopfkissen. Dann saß ich eine Weile lang da und lauschte. Es war nichts zu hören außer dem Knacken von Holz, als sich die Hitze aus dem Haus zurückzog. Auf der Suche nach dir machte ich eine Runde durch alle Räume und ging dann nach draußen auf die Veranda. Die Sonne tauchte gerade unter die Horizontlinie und wie jeden Tag wurde es danach unglaublich schnell dunkel. Ich blinzelte ins abnehmende Licht und auf den Sand, der rasch die Farbe wechselte, von Violett zu Grau zu Schwarz. Noch konnte ich die Umrisse ums Haus herum erkennen: die beiden Schuppen, den Autoanhänger, die Felsen. Doch dein Umriss fehlte, und auch der des Kamels.
    Ich wusste nicht, wie man den Stromgenerator anmachte, darum ging ich in den Vorbau und holte mir stattdessen eine von den Petroleumlampen herunter. Ich schraubte das Glasgehäuse auf, so wie ich es dich hatte tun sehen, und roch an dem Baumwolldocht. Du schienst ihn gerade erst in Petroleum getränkt zu haben, also zündete ich ihn an und schraubte das Glas wieder drauf. Licht! Ich war ein bisschen stolz auf mich, dass ich das hingekriegt hatte. Ich drehte an dem Knopf, damit die Flamme größer wurde, und trug die Lampe ins Wohnzimmer.
    Dort setzte ich mich aufs Sofa und pulte an einem Loch herum, aus dem die Füllung rieselte. Ich verhielt mich still und lauschte angespannt auf jedes noch so leise Geräusch. Ein kleiner Teil von mir fragte sich, ob alles auf diesen Moment zulief; ob du nun endlich deine wildeste Fantasie ausleben und mich töten würdest. Wer weiß, vielleicht wartetest du nur, bis es vollkommen dunkel war, bevor du loslegtest. Ich lauschte nach deinen Schritten über die Veranda, deinem Husten in der Dunkelheit. In einem Thriller hätte in diesem Moment das Telefon geklingelt und jemand hätte mir gesagt, du wärst irgendwo da draußen und würdest mich beobachten.
    Doch ein anderer Teil von mir machte sich komplett entgegengesetzte Sorgen. Dieser Teil fragte sich, ob dir da draußen etwas passiert sein mochte.
    »Sei doch nicht blöd«, ermahnte ich mich laut.
    Ich wartete eine Ewigkeit lang, bevor ich in mein Zimmer ging; die flackernde Lampe nahm ich mit. Ich schloss die Tür und wuchtete die Kommode davor. Die Vorhänge ließ ich offen und spähte hinaus in die Schatten. Aber der Mond war eben erst aufgegangen und alles war dunkler als

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