Ich wusste nicht, wie gut du küsst!
schien, dass jedem ein Anwalt zur Verfügung stand, sobald man mit dem Finger schnippte – was in seinem Fall offenbar zutraf.
Sie kamen wirklich aus zwei verschiedenen Welten. Aber sie wollte trotzdem jemanden den Vertrag durchlesen lassen, bevor sie ihn unterschrieb.
Während sie durch das Foyer zu ihrer Wohnung ging, drang aus Roses Wohnung Gelächter. Jayne blieb einen Moment stehen und erkannte die Stimmen ihrer Freundinnen und Kolleginnen, Lila, Sylvie und Meredith. Es klang ganz so, als ob die drei mit Rose bei Tee und Keksen wieder einmal Poker spielten.
Jayne lächelte und ging automatisch in diese Richtung. Seit sie hier wohnte und bei Colette arbeitete, war sie von dem kleinen Trio der Freundinnen herzlich aufgenommen worden, und jetzt waren sie ein Quartett geworden. Das Colette-Quartett, dachte sie vergnügt. Sie hatten es sich zur Gewohnheit gemacht, ein Mal im Monat bei Rose zu Abend zu essen, aber das Septembertreffen war noch Wochen entfernt. Also handelte es sich heute Abend wohl um ein spontanes Treffen, weil sich gerade die Gelegenheit ergeben hatte.
Da Jayne Lust hatte, dabei zu sein, klopfte sie nun drei Mal hintereinander gegen Roses Wohnungstür.
Gleich darauf wurde die Tür geöffnet, und Rose lächelte erfreut, als sie ihre vierte Mieterin sah. Rose trug wie gewöhnlich bequeme Kleidung, eine locker sitzende, sportliche Hose und eine leichte hellblaue Baumwollbluse.
“Na, so was, Jayne”, sagte sie. “Sie sind ja schon wieder zu Hause.”
Jayne war über die Bemerkung verblüfft. “Ja, wieso wundert Sie das?”
Rose betrachtete sie nachdenklich. “Nun, die Mädchen sagten mir, Sie hätten heute ein Date. Wir haben Sie nicht so früh zurück erwartet.”
Jayne spähte ins Wohnzimmer und sah ihre drei Freundinnen, die alle um den Couchtisch herum saßen. Alle blickten sie mit dem gleichen erwartungsvollen Gesichtsausdruck an. Die drei sahen fast komisch aus und sie hätte sicher gelacht, wenn ihr nicht so seltsam zu Mute gewesen wäre.
“Jayne?”, rief Sylvie. “Du bist schon wieder da?”
“War wohl doch nicht so aufregend, was?”, meinte Meredith.
“Wie kam das Kleid an?”, wollte Lila wissen. “Oder brauche ich gar nicht zu fragen?”
“Sehr witzig”, erwiderte Jayne trocken und ging an Rose vorbei, die in stummer Aufforderung, einzutreten, zur Seite gewichen war. Wie immer war Jayne auch jetzt erstaunt über die moderne Wohnungseinrichtung. Rose schien in vielerlei Hinsicht ein wenig altmodisch zu sein, aber ihre Wohnung war weiß getüncht und mit zahlreichen bunten Skulpturen und Gemälden geschmückt.
Jayne seufzte tief auf, als sie vor dem Couchtisch stehen blieb. “Nun, wenn ihr es unbedingt wissen wollt …”
“Natürlich wollen wir das”, bekräftigte Lila.
“Das Date war sehr nett.” So, das war doch wohl vage genug. Sollten sie daraus ruhig machen, was sie wollten.
“Setz dich”, wies Sylvie sie an. “Wir wollen jede Einzelheit wissen. Du bist jetzt seit Langem die Erste, die mal wieder ein Date hatte. Da wollen wir durch dich doch wenigstens ein bisschen am Leben teilhaben.”
“Vielleicht willst du das”, warf Meredith ein. “Mir macht es überhaupt nichts aus, keine Verabredung zu haben.”
“Ja, ja, ja”, meinte Lila. “Warte, bis der Richtige auftaucht. Dann denkst du anders darüber.”
“Na, na, Mädchen”, beschwichtigte Rose sie. “Vielleicht möchte Jayne nicht über den Abend sprechen. Soviel ich verstanden habe, hat sie einen Mann kennengelernt, der sie interessiert. Vielleicht möchte sie ihn noch ein wenig für sich behalten.”
Dass Rose mit ihr zu fühlen schien, brachte Jayne auf einen Gedanken. Es gab einen besonderen Mann in Roses Vergangenheit, da war sie sich plötzlich sicher. Soweit sie jedoch wusste, war ihre Vermieterin nie verheiratet gewesen. Dass Rose vielleicht eine große, heimliche Liebe gehabt hatte, war aber noch viel romantischer. Sie hätte nur zu gern Näheres darüber erfahren.
Spontan berührte Jayne die Bernsteinbrosche an ihrem Pullover. Sie erinnerte sich, dass Rose gesagt hatte, mit diesem Schmuckstück sei eine interessante Geschichte verbunden. Die hatte bestimmt mit diesem besonderen Mann in Roses Leben zu tun. Jayne wusste zwar nicht, warum sie davon so überzeugt war, aber eines Tages würde sie ihre Vermieterin fragen, was es mit der Brosche auf sich hatte.
Allerdings nicht heute, denn plötzlich stieß Lila einen kleinen Schrei aus und sprang so heftig von ihrem Stuhl auf,
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