Ich wusste nicht, wie gut du küsst!
noch von keiner Frau sozusagen aus dem Bett geworfen worden. “Und wo werden wir den Rest des Wochenendes verbringen? Falls es dir nicht aufgefallen sein sollte, dieses Zimmer ist nicht besonders groß und wir haben keine Alltagssachen zum Anziehen mit und kein Transportmittel. Wenn du nicht ein Taxi bestellen und so das Misstrauen deiner Freundinnen riskieren willst, wenn wir einen Tag zu früh aus unseren Flitterwochen zurückkommen, sind wir unwiderruflich hier gestrandet.” Was ja auch keine Katastrophe gewesen wäre, wenn Jayne sich nicht diese alberne Abstinenz-Idee in den Kopf gesetzt hätte.
“Du bist größer als ich, also kannst du das Bett haben”, erwiderte sie ungerührt. “Das Sofa reicht für mich. Und der Zimmerservice ist hier sehr gut. Vielleicht sind sie so nett und schicken uns ein, zwei gute Bücher herauf, wenn wir sie freundlich darum bitten. Außerdem habe ich in der Broschüre, die sie uns an der Rezeption gegeben haben, gelesen, dass den Gästen Brettspiele zur Verfügung stehen. Ich weiß nicht, wie es dir geht, Erik, aber es ist Jahre her, seit ich ‚Mensch ärgere dich nicht` gespielt habe.”
Jayne schloss die Badezimmertür hinter sich und öffnete den Wasserhahn der Badewanne, regelte die Temperatur, bis sie genau richtig war, warf eine Handvoll Badesalz hinein, das der Entspannung dienen sollte, setzte sich auf den Toilettendeckel und fing an zu weinen.
Wie hatte sie es nur so weit kommen lassen können? Das fragte sie sich nicht zum ersten Mal, seit sie vor einer Stunde aufgewacht war. Was hatte sie sich nur dabei gedacht? Aber das war ja genau das Problem: Sie hatte überhaupt nicht gedacht. Sie hatte nur gefühlt. Sie hatte sich gefühlt wie noch nie in ihrem Leben, so wie sie es sich nicht einmal in ihren kühnsten Träumen vorgestellt hatte. Ihr Verlangen nach Erik hatte sie wie eine heftige Welle mitgerissen, und sie hatte einfach nicht die Kraft gehabt, ihm zu widerstehen.
Und jetzt war sie ein anderer Mensch, körperlich und seelisch.
Nie hätte sie sich vorgestellt, dass eine Nacht mit Erik sie so sehr an ihn binden könnte. Statt ihre Neugier und ihre Sehnsucht zu befriedigen, hatte diese wundervolle Erfahrung sie noch neugieriger gemacht und die Sehnsucht nach mehr in ihr geweckt. Wie hätte sie ahnen sollen, dass er ihr nach nur einem Mal so wichtig werden würde, dass sie das Gefühl hatte, es zerrisse sie innerlich, weil sie ihn von sich wies?
Deswegen hatte sie ihn gebeten, sie nicht wieder anzurühren. Nicht weil sie vor einer Schwangerschaft Angst hatte, obwohl auch das natürlich überlegt sein wollte. Aber vor allem wollte sie verhindern, dass ihre Gefühle für ihn noch mehr wuchsen. Je öfter sie miteinander schliefen, desto mehr würde sie sich in ihn verlieben. Wenn sie sich dann in einem Jahr von ihm trennen musste …
Sie dachte den Gedanken lieber nicht zu Ende, kehrte aber zu dem Gedanken davor zurück. Sie würde sich noch mehr in ihn verlieben? Aber das war doch nicht möglich. Sie war nicht in Erik verliebt, wie konnte sie sich also noch mehr in ihn verlieben? Oder war genau das das Problem? Hatte sie sich schon verliebt?
Ach was. Dafür kannte sie Erik nicht lange genug. Nur weil sie ihn unwiderstehlich fand und gern mit ihm zusammen war, und nur weil er sie glücklich machte und sie in seiner Nähe immer ein süßer Schauer überlief, hieß das doch nicht, dass sie ihn liebte. Oder?
Die Wanne war jetzt fast voll. Jayne drehte den Hahn zu, nahm ein Handtuch vom Haken und vergrub ihr Gesicht darin. Sie wollte nicht, dass Erik sie weinen hörte.
Sie war zu klug, sich in einen Mann zu verlieben, der sie in zwölf Monaten verlassen würde. Ein Mann, dem es so ernst damit war, dass er es sogar in einem Vertrag festgesetzt hatte und sie diesen hatte unterschreiben lassen. Ein Mann, der ihr klipp und klar gesagt hatte, dass er niemals heiraten würde, es sei denn aus finanziellen Gründen, und dann auch nur für so lange wie nötig.
Sie würde keine einzige Träne an einen solchen Mann vergeuden. Sie weinte nur, weil … weil Frauen das nach dem ersten Mal doch immer taten, oder?
Aber wen interessierte schon, warum sie weinte? Sie fühlte sich lausig, also hatte sie doch wohl ein Recht dazu. Sie hoffte nur, dieses Gefühl hielt nicht das ganze Jahr über an. Denn jedes Mal, wenn sie an Erik dachte und sich an die gestrige Nacht erinnerte, jedes Mal, wenn sie sich klarmachte, dass es nie wieder geschehen würde, jedes Mal, wenn sie daran
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