Ich zog mit Hannibal
Volsker, der zu beiden Seiten der Rhone sein Gebiet hatte, sein Kommen angekündigt und den Häuptlingen Geschenke überbringen lassen. Doch als wir an den großen Fluss kamen, waren alle Waffenfähigen auf das linke Ufer übergesetzt, sogar viele Frauen und Kinder und ein Teil ihrer Habe. Die Volsker hielten die Rhone für einen genügend breiten Riegel, um Hannibal aufzuhalten. Drüben hatten sie Befestigungen errichtet und standen bereit, jeden Angreifer, der sich über den Fluss wagen sollte, mit Waffen zu empfangen.
Es gab aber nicht nur Volsker am Fluss. Die Rhone war eine viel befahrene Handelsstraße, auf der Waren von der großen Hafenstadt an der Mündung ins Innere des Landes befördert wurden: auf kleinen Schiffen, gezimmerten und geflochtenen Booten; und mancher, der in fremdem Auftrag gekommen war, war an den Ufern für dauernd hängen geblieben und trieb nun Handel auf eigene Faust. Das erwies sich als ein Glück für Hannibal. Die betroffenen Gesichter, mit denen zunächst fast alle in seinem Heer auf den breiten Fluss hingesehen hatten, hellten sich auf, als in kurzer Zeit an die hundert Boote zusammenkamen. Die Söldner hatten vor dem Fluss mehr Angst als vor den Volskern. Hannibal selbst sah in ihnen einen ernsthaften Gegner. Er ließ sich nicht dazu hinreißen, unverzüglich überzusetzen, nur um zu beweisen,dass er sich den Volskern gewachsen fühle. Ihm kam es darauf an, den Alpenweg zu erzwingen, nicht aber sich mit Völkerschaften aufzuhalten, die ihm nach einem Sieg über Rom ohnehin zufallen würden. Da hier jedoch ein Kampf unausweichlich war, wollte er ihn mit so wenig Verlusten wie irgend möglich hinter sich bringen.
So ließ er alle verfügbaren Kähne und Boote aufkaufen und in aller Eile Flöße aus Baumstämmen zimmern, um schon beim ersten Übersetzen eine so große Streitmacht ans andere Ufer zu bringen, dass den Volskern die Lust zum Kämpfen vergehen sollte. Nach drei Tagen lag das Ufer von Flößen, ungefügen Kähnen und leichten Booten voll. Die Volsker drüben mussten jede Stunde mit der Überfahrt rechnen. Sie starrten unablässig herüber.
Hannibal aber hatte inzwischen seinen Schlachtplan geändert. Durch Geschenke bestochen, waren Volsker auf seine Seite übergeschwenkt; sie führten die karthagische Reiterei einen Tagesmarsch stromaufwärts bis zu einer Stelle, an welcher der Fluss durch eine Insel geteilt war. Dort setzten sie in der Nacht auf rasch zusammengefügten Flößen über und ließen die Pferde an langen Zügeln nebenher schwimmen. Kleider und Waffen wurden in wasserdichte Fellsäcke gestopft. Die es vorzogen, den Fluss zu durchschwimmen, hielten sich an diesen Säcken fest oder auch an ihren Rundschilden, die auf den Wellen als winzige Boote tanzten. Nahezu ohne Verluste gelangte die Reiterei in einigen Nachtstunden unbehelligt ans andere Ufer. Nach kurzer Rast wurde der Marsch in den Rücken des Feindes angetreten,und als man seiner ansichtig wurde, stiegen Rauchzeichen auf, die Hannibal ins Bild setzten. Da gab er den Befehl für das Übersetzen der Söldner. Zum ersten Mal mussten die Elefanten zurückstehen. Schiffe und Boote schoben sich als Riegel über den Fluss. Die Strömung wurde gebrochen und die Flöße trieben nur wenig ab. Die Volsker rannten mit Geheul am anderen Ufer umher, schlugen Schilde und Waffen über den Köpfen zusammen, entschlossen, sich den Angreifern, die da über den Fluss kamen, entgegenzuwerfen. Doch da brach Hannibals Reiterei von hinten über die Volsker herein, ratlos rannten sie nun durcheinander, und da im Handumdrehen viele von ihnen niedergemacht waren, warfen die Übrigen ihre Waffen fort und flohen. Hannibal ließ sie nicht verfolgen. Er verbot sogar, die Waffen der Volsker vom eilig geräumten Feld aufzulesen. Er wollte den Überwundenen zeigen, dass ihm nicht darum zu tun war, sie zu verderben, sondern auf seine Seite zu bringen. Nun blieben nur noch die neununddreißig Elefanten überzusetzen. Sie waren durch das ungeheure Getöse, das vom anderen Ufer herübergeweht war, unruhig geworden. Hannibal drängte nicht zur Eile. Aber einige Treiber brüsteten sich damit, ihre Elefanten ohne Verzug hinüberzubringen. Einer setzte sich, um allen anderen zuvorzukommen, auf seinen Bullen und lenkte ihn in den Fluss. Der Elefant watete selbst dann noch weiter, als ihm das Wasser bereits an den Rücken stieg. Der Indos fand nichts dabei; er hatte schon öfters Flüsse auf dem Rücken seines Tieres überquert. Aber nun tauchte
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