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Ich zog mit Hannibal

Ich zog mit Hannibal

Titel: Ich zog mit Hannibal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Baumann
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soweit sie bewohnt war? Mein Blick traf auf eine unabsehbare, lockere Decke, die sich unter uns ausbreitete. Es sah aus, als wären von allen Gipfeln Gletscher zu einem weißen Meer zusammengeflossen, das sich in der Schwebe hielt, hoch über der Erde.
    »Wir sind über den Wolken«, verkündete Karthalo. Er war guter Laune. Ich sah mich nach Suru um. Wo die Elefanten sich um Suru gesammelt hatten, stand kein Elefant mehr. Ich sah Elefanten allein oder in kleineren Gruppen herumstehen, Suru sah ich nirgendwo.
    »Wo ist Suru?«
    »Er wird gleich wiederkommen«, beruhigte mich Karthalo. »Er sucht Wasser wie alle andern.«
    Ich machte mich auf den Weg und fand Suru bald. Er hielt sich abseits vom Lagergewirr an einer Stelle auf, an der Schmelzwasser eine Rinne gegraben hatte. Unermüdlich sog er das Wasser in sich hinein und später bespritzte er sich, besonders die Beine, die ihm offenbar wehtaten. Suru sah abgezehrt aus. Seine Flanken waren eingefallen. Ich hatte ein Stück Brot in der Tasche und gab es ihm. Er nahm es gierig.
    »Sind die Elefanten schon gefüttert?«, fragte ich Karthalo, als ich wieder bei ihm war.
    »Suru hat sich mit mir mein Frühstück geteilt.«
    »Ist kein Futter mehr da?«
    »Dort unten«, vertröstete mich Karthalo, »unter der Wolkendecke. Übermorgen gibt es für alle genug zu fressen, übermorgen steigen wir ab.«
    »Warum nicht heute?«, fragte ich erschrocken. »Sollen die Elefanten verhungern?«
    »Du solltest dir nicht nur die Elefanten ansehen«, riet mir Karthalo, »auch die Leute.«
    Bei den Söldnern sah es schlimm aus. Viele von ihnen waren nicht fähig, den Marsch fortzusetzen. Hannibal hatte ein Standlager von zwei Tagen befohlen. Er setzte auf die Sonne. Da es für die Männer genug zu essen gab, konnten sie am raschesten wieder zu Kräften kommen, wenn sie in Ruhe gelassen wurden. Hier oben drohte kein Überfall.
    Hannibal lag auch daran, das Heer nach den furchtbaren Verlusten neu zu ordnen. Wie es nach dem Zusammenstoß Magos mit den Römern für die dreihundert gewesen war, so war es nun im Großen. Fast jeder zweite Mann war ausgefallen. Zwar fanden sich Nachzügler ein, denen die Sonne Mut gemacht hatte, den Pass auf eigene Faust zu ersteigen; auch einige Pferde, übel zugerichtet von Stürzen, tauchten im Laufe des Tages im Lager auf. Aber das konnte nicht darüber wegtäuschen, dass das Heer auf nahezu die Hälfte zusammengeschmolzen war. Siebzehntausend Söldner und mehr als zweitausend Reiter hatten in den neun Tagen seit der Überquerung des reißenden Gebirgswassers den Tod gefunden.
    Am folgenden Tag riss die Wolkendecke auf, unter der Täler und Ebenen lagen, und im Verlauf einer Stunde wurde sie im Süden ganz weggeschoben; nördlich des Passes blieb sie liegen und verhüllte weiter die Schluchten. Alles Land bis an den Po wurde überschaubar. Als glitzernder Faden lag der mächtige Fluss in der Ferne. Gebannt sahen die Söldner auf die Ebene hinab. Selbst die Verwundeten, die sich bis zum Pass geschleppt hatten, rafften sich auf.Hannibal erstieg einen Felsen, damit jeder ihn sehen konnte. Er blickte lange nach Süden. Dann wandte er sich an das Heer.
    »Dort liegt Rom!«, rief er den Söldnern zu, einen Arm gegen Italien hin ausgestreckt. »Wir stehen auf seiner äußersten Mauer. Bald steigen wir hinab, um zu denen zu stoßen, die auf uns warten. Im Gebirge ist unser Heer durch Verrat zusammengeschmolzen   – in der Ebene wird es wieder wachsen und stärker sein, als es je war. Das Schwerste liegt hinter euch. Nun warten auf euch nur noch Siege. Dort unten sind unsere Freunde   – dahinter der Feind und ihn werden wir in weniger Schlachten, als eine Hand Finger hat, von der Erde fegen. Dann ist nichts mehr im Wege. Wir pochen an die Tore von Rom. Für euch, die ihr Mauern bis unter den Himmel überstiegen habt, wird die Stadtmauer Roms kein Hindernis sein. Euch, ihr Alpen-Bezwinger, wird Rom als Beute zufallen. Nehmt die Stadt, ich vermache sie euch! Blickt zurück: Hinter euch liegt der Tod. Ihr habt ihn beschämt, er wagt nicht, euch sein Gesicht zu zeigen. Und nun blickt nach Süden! Dort liegt das Leben. Es wartet auf euch.«
    Als Hannibal schwieg, wurden keine Zurufe laut. Mit gereckten Köpfen hatten wir auf seine Worte gehört. Er stieg vom Felsen herab und trat auf einen Verwundeten zu, der sich auf seinen Speer stützte.
    »Wir waren zusammen in der Hölle«, sagte er so laut, dass viele ihn hören konnten. »Jetzt holen wir uns den Lohn dafür,

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