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Ich zog mit Hannibal

Ich zog mit Hannibal

Titel: Ich zog mit Hannibal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Baumann
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also nicht alles verloren, die Kolosse machten es durch ihr Auftauchen deutlich. Hannibal musterte die Elefanten. Er sprach mit jedem ein paar Worte.
    Mit den Elefanten waren auch die Lasttiere, die das Futter für die Elefanten trugen, nach vorne beordert worden. Die Hälfte von ihnen fehlte. Hannibal ließ trotzdem eine volle Ration ausgeben: Das kam beiden zugute, den Elefanten wie den Lasttieren. Er war entschlossen, den Pass mit allen Überlebenden zu erreichen. So rasch wie möglich wollte er das Heer aus dem Grauen, in dem es steckte, hinausbringen.
    Der Himmel war bedeckt, aber der Pass lag vor aller Augen. Beim weiteren Anstieg gingen die Elefanten voran. Vielleicht war es ihr Anblick, der die Allobroger von neuen Angriffen abhielt, oder sie fanden das, was sie angerichtet hatten, verheerend genug.
    Von Karthalo, der sich bei der Vorhut umgehört hatte, erfuhr ich, dass zwei der drei Alten entwischt waren, als der Überfall losbrach. Den dritten hatte Monomach foltern lassen, um herauszubekommen, was die acht Alten zu solchem Verräterspiel bewogen hatte. Doch der Alte hatte alle Qualen stumm auf sich genommen und am Ende so zufrieden ausgesehen, als wäre ihm eine Flucht geglückt.   – Da seht ihr’s, hatte Monomach erbittert festgestellt, noch im Tode machen sie einem was vor!
    Zuletzt soll der Alte geschwiegen haben wie Schnee, schloss Karthalo.

21
    Es wurde merklich dunkler und nicht viel später begann es zu schneien. Es waren kleine Flocken, die niederkamen; sie fühlten sich trocken an. Ein leichter Wind kam auf und brachte die Flocken zum Tanzen. Der Boden hatte schon Fröste hinter sich und so blieb der Schnee liegen.
    Bald hinterließ jeder Schritt eine Spur und Suru drückte beim Niedersetzen seiner Füße mächtige Siegel in das lockere Weiß. Die Elefanten waren gute Schrittmacher. Sie ließen sich Zeit. Geduldig stiegen sie   – es wurde nicht nötig, sie anzutreiben. Sie zeichneten den Weg für alle Nachfolgenden unverkennbar.
    Der Wind nahm zu. Er fegte dichtere Schneeschleier gegen den Zug. Weiter als zehn Schritte konnte nun keiner mehr sehen. Augen und Gesicht begannen zu brennen. Der Pfad wurde glatt. Immer häufiger kam es vor, dass einer stürzte. Es gab blutige Knie und die Wämser verschmierten sich, wenn einer hinschlug und ein Stück weit abrutschte. Gerät und Waffen gingen verloren, auch Saumtiere mit ihrer Last. Die leichte Schneedecke war trügerisch: Sie ließ den Hang steiler erscheinen, als er war. Jeder Schritt wurde zu einem Wagnis. Auch die Elefanten mühten sich nun mit letzter Kraft. Plötzlich stürzte der Zwerg   – wir hörten alle, dass sein Treiber aufschrie. Es war nicht möglich, zu Hilfe zu eilen. Jeder musste sehen, dass er selbst nicht den Stand verlor. Wegen des Schneetreibens war nichts zu sehen, aber es kam bald durch: Der Riese hatte versucht, seinen Elefanten zuhalten; der Elefant hatte ihn überrollt. Noch neunzehn   … Suru tastete mit dem Rüssel nach einem gangbaren Weg. Manchmal hob er den Rüssel gegen den Pass, der sich versteckt hatte. Nun war es das Gebirge, das uns abwies. Es fügte uns Verluste zu, ohne dass es etwas tat. Kein rollender Stein war mehr nötig, um Lücken in den Hannibal-Zug zu reißen. Das Gebirge war gegen uns und der Himmel, der über ihm hing, war unser Feind. Er warf Wind auf uns nieder und Schnee, der mörderisch wurde, sobald er sich mit dem Berg vermischte. Immer länger dauerte das Aufstehen für alle, die stürzten. Mancher blieb liegen und wollte nicht mehr, dass man ihm half. Das Gebirge hatte ihn besiegt. Ohne dass es sich regte, schlug es die Frevler, die in seine Einsamkeit mit Waffenlärm eingedrungen waren. Der Fels war aus seinem uralten Schlaf erwacht. Grauen beschlich uns.
    »Gleich haben wir ihn, den verfluchten Pass«, keuchte Hannibal. Er führte den Zug an und trug Waffen und Gepäck wie der letzte seiner Söldner. Wenn Treiberrufe verrieten, dass ein Elefant stehen blieb, war Hannibal wenig später beim Elefanten, der nicht mehr konnte. Er redete ihm zu, bis er weiterging. Wir alle wussten, dass wir verloren waren, wenn die Nacht auf dem Steilhang über das Heer hereinbrach. Hannibal kreiste um die Elefanten wie ein Hund um die Herde. Einmal stieß er auf mich, als ich auf der Erde lag und mich mit den Händen am Hang festkrallte. Er kniete neben mir und versuchte mich aufzuheben. »Lass los«, verlangte er, »ich halte dich.«
    Mein Gesicht lag an der Erde. »Ich kann nicht mehr«, flüsterte

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