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Ida B ... und ihre Pläne, so viel Spaß wie möglich zu haben, Unheil zu vermeiden und (eventuell) die Welt zu retten

Ida B ... und ihre Pläne, so viel Spaß wie möglich zu haben, Unheil zu vermeiden und (eventuell) die Welt zu retten

Titel: Ida B ... und ihre Pläne, so viel Spaß wie möglich zu haben, Unheil zu vermeiden und (eventuell) die Welt zu retten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Hannigan
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würde ich ihr nicht sagen.
    Ich übte vor Lulu und Rufus, laut zu lesen, so wie Miss Washington, aber in meinem Zimmer und dazu noch gedämpft, damit mich Mama und Daddy nicht hörten.
Rufus schloss die Augen und wirkte - jede Wette - genauso glücklich und friedlich wie ich, wenn Miss Washington las. Lulu langweilte sich dagegen bald und kratzte an der Tür, weil sie rauswollte, aber das machte mir nichts aus und ich nahm es auch nicht persönlich.
    Mir gefiel es einfach, durch den Klang meiner Stimme Wörter in Geschichten zu verwandeln.

    »Miss W.«, so nannte ich nach ein paar Wochen Schule Miss Washington in meinen Gedanken, aber ins Gesicht sagte ich ihr das nie.
    An einem Mittwoch, während der Zeit des Leiselesens, spickte ich über den Rand meines Buchs, um zu sehen, was sie vorhatte. Und da saß sie, ihr Kinn in die Hand gestützt, mit dem Bleistift aufs Pult klopfend, und starrte zurück, genau in meine Richtung. Sobald sie sah, dass ich zu ihr schaute, lächelte sie, erhob sich von ihrem Stuhl und steuerte auf mich zu.
    Also, ich weiß ja, wie jemand aussieht, der einen Plan zusammenbastelt. Ich sah genau, dass die Frau etwas richtig Großes auskochte und ich dabei die Hauptzutat war. Doch ich würde davon nichts annehmen, denn so hatte mein Herz nun mal entschieden.
    Ganz schnell wandte ich mich wieder ab und stellte das Buch vor mein Gesicht, damit es aussah, als wäre ich zu beschäftigt, als dass man mich stören dürfte. Aber Miss W. war auf einer Mission und hatte nicht vor, sich enttäuschen zu lassen.
    Als Erstes setzte sie sich neben mich. Ich zog mein Buch noch dichter vor die Nase, dass sie sich fast berührten.

    Dann schob sie ihren Kopf ganz nah an meinen heran und sagte sehr leise, fast flüsternd: »Ida, ich brauche bei etwas deine Hilfe.« Und ich spürte das angenehme Prickeln den Nacken hinauf und die Arme hinab, dass ich Gänsehaut bekam, denn sie schuf an meinem Ohr sanfte Laute, so wie es meine Mama tat.
    »Ich brauche dich, um Ronnie zu helfen, das Einmaleins zu lernen«, sagte sie, wie eine Katze schnurrend. »Meinst du, du könntest mit ihm arbeiten? Bring es ihm bei, so wie du es gelernt hast.«
    Es war, als ob sie mich verzaubert hätte und ich den Bann nicht mehr brechen könnte. Mein hartes Herz wollte sich kurz zu ihr umdrehen und kalt und scharf sagen: »Das möchte ich lieber nicht, Miss Washington«, um danach den Kopf wieder nach vorn schnappen zu lassen, und das wäre es dann.
    Aber stattdessen spürte ich weiter ihre Stimme in meinem Ohr und überall. Und ich nickte, ohne irgendwelche Geräusche von mir zu geben wie »Eh-hem« oder »Ja, Madam«, die die Gedanken an diese sanfte Stimme hätten stören können, die mich so freundlich um etwas gebeten hatte. Sie erinnerte mich daran, was es für ein Gefühl war, geliebt zu werden.

19. KAPITEL

    Ronnie DeKuyper war klein und blond und konnte schneller laufen als jeder andere in unserer Klasse. Er lächelte fast immer, und wenn ich jemanden mögen würde, wär es wahrscheinlich er. Er war wirklich freundlich, selbst dann, wenn ihm irgendwer unverschämt kam, und er hackte niemals auf anderen Kindern herum. Aber er war schlecht im Rechnen.
    Nicht im Zuzählen oder Abziehen, aber im Malnehmen war er so grauenvoll schlecht, dass ich jedes Mal, wenn er den Finger hob oder aufgerufen wurde, nur noch die Augen schloss und das Ergebnis abwartete, denn ich wusste, es konnte einfach nicht richtig sein. Manchmal dachte ich: Mann, Ronnie, lass es bleiben. Aber er versuchte es immer wieder, und ich achtete ihn dafür, dass er nicht aufgab, auch wenn es für mich nach einer Schlacht aussah, die verloren war.
    Also sollte ich mich in der freien Lernzeit nach dem Unterricht zu ihm setzen und ihm zeigen, wie ich das
kleine Einmaleins gelernt hatte. Aber ich erinnerte mich nicht mehr, wie ich es gelernt hatte, außer dass es mir Mama und Daddy immer wieder vorsprachen und mich dann abfragten oder es mich auswendig aufsagen lie ßen. So hatte ich es immer wieder versucht und ruck, zuck konnte ich das komplette kleine Einmaleins.
    Ich wusste genau, wie verlegen Ronnie war, dass ich ihm etwas beibringen sollte, denn beim ersten Mal, als ich zu seinem Pult kam, schaute er einfach nach unten auf seine Füße.
    Ich weiß ja, dass es hart ist, in irgendwas nicht gut zu sein, und ich weiß auch, dass es hart ist, Hilfe zu brauchen. Anstatt also nichts zu sagen oder so lange zu warten, bis er etwas sagte, was der Gewohnheit meines kalten, harten

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