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Idioten auf zwei Pfoten

Idioten auf zwei Pfoten

Titel: Idioten auf zwei Pfoten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edda Minck
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suchte ich zwischen den Regalen nach meiner Madame. Fluses Psalmodiererei erinnerte mich an dieses Gassi, Gassi …, das ich im Gefängnis gehört hatte. Es machte mich auf der Stelle traurig, Alfonso. So, wie mit den Leuten in diesem Land irgendetwas nicht stimmt, so hat sich die Neurose auch auf ihre Tiere übertragen. Als hätte eine Art Infektion stattgefunden, die zu einer schweren Deformation führte. Hatte der Mensch dadurch, dass er von den Hunden Besitz ergriffen hatte, im wahrsten Sinne des Wortes, Besessene aus ihnen gemacht? Fluse schien im besten Damenalter, sie sollte mit mir flirten, weißt du … ein gutes Gespräch bei einem Schluck Wasser, vielleicht Adressen austauschen. Aber stattdessen rennt sie brabbelnd und sabbernd wie ein Baby hinter einer Plastikkugel her? Wusste sie denn gar nicht, dass man Plastik nicht essen kann? Und falls man es doch tut, dann erwartet einen ein richtiges Darmgrimmen. Kein Vergleich mit dem kleinen Unwohlsein, das sich zuweilen nach dem Genuss von einem oder zwei Brathähnchen einstellt.
    Als ich wieder aufschaute, guckte ich in die ratlosen Augen meiner Madame. Sie hielt mir ein Stück Strick mit einem Knoten in der Mitte hin und rief: »Schrödi! Na?!«
    Schrödi?! Was soll das denn jetzt. Eben war ich noch Herr Schröder oder Pelzwurst, und jetzt?
    »Schrödi, komm spielen.«
    »Also, Madame! Hören Sie doch bitte auf, mich zu infantilisieren!«
    Sie wedelte mit dem Ding vor meiner Nase herum. Ich setzte mich in Richtung Ausgang ab. Schließlich war zu befürchten, dass ich, sollte ich mich auf diesen Knoten einlassen, genauso enden würde wie diese Yorkshire-Dame. Knoten … Knoten … Knoten … Nicht auszudenken!
    Madame sagte enttäuscht: »Na, dann nicht, Herr Schröder.«
    »Er muss es erst noch lernen«, antwortete der Mann hinter der Kasse. »Die meisten von diesen Südländern können gar nicht spielen, wer weiß, wie er aufgewachsen ist?«
    »Ja«, mischte sich Fluses Chefin ein, »die müssen sich erstmal an das gute Leben gewöhnen. Aber gerettete Tierheimhunde, vor allem die aus dem Süden, sind so dankbare Tiere.«
    DANKBAR!? Alfonso, was faseln diese Menschen? Ich und dankbar? Wofür? Und du, alberner Mann mit der Mütze auf dem Kopf, du weißt tatsächlich nicht, mit wem du es zu tun hast, sonst würdest du hier keine vergammelten Schweineohren und getrocknete Eselspenisse anbieten! Zeig mir einen Zweibeiner, der auf vertrocknetem Ochsenziemer herumkaut, und ich lasse mich eines Besseren belehren.
    Dies, Alfonso mein Freund sagte ich nicht laut. Ich dachte es mir – aber ich bemerkte zusehends, wie mir die Galle dabei anschwoll. Ich spürte einen regelrechten Wutanfall nahen, atmete schwer und starrte durch das Schaufenster nach draußen. Für heute hatte ich genug vom Paradies gesehen, wenn du mich fragst. In so ein Paradies will ich nicht. Lieber lass ich mich von den Cães bei lebendigem Leib zerreißen, als zu einem Besessenen zu werden, wie diese Fluse oder wie dieser Border-Collie im Park, ich glaube, sein Name ist Sam, der wie ein Irrer hinter dem Schleuderball herläuft, ohne Unterlass und bis zum Umfallen, völlig ohne Verstand und völlig sinnlos. Wenn sein Herr den Ball immer wieder wegwirft, wird er ihn wohl nicht mehr haben wollen, was bringt der blöde Hund den immer zurück?
    »Herr Schröder«, hörte ich die Stimme der Madame, »heute gibt es Truthahn mit Reis.«
    »Verschonen Sie mich bitte«, sagte ich und war froh, als sie endlich die Tür aufschob. Du glaubst es nicht, Alfonso, Fluse brabbelte immer noch, als wir hinausgingen, und ich bedauerte bereits, so viel von ihrer Sprache zu verstehen.
    »Ist ein Unwissender am Ende doch besser dran – er könnte, wenn er wollte, zu allem lächeln, ohne je um sein Schicksal zu wissen.«
    Dass Fernando Pessoa auch in diesem Falle Recht hatte, hätte mein Vater, der große El-Rei Dom João, 27. bestimmt nicht für möglich gehalten.
    4. August
    Alfonso, ich glaube, wenn das so weitergeht, dann platzt mir die Galle. Sie hatte heute Morgen ein großes Sandwich mit luftgetrockneter italienischer Salami. Und ich, um überhaupt irgendwas zwischen die Zähne zu kriegen, musste ihr die Pfote geben! Neuerdings sagt sie »Pelzo« zu mir.
    5. August
    Heute waren wir zum Mittagessen in einem Restaurant. Wie es scheint, hat Madame nicht eben wenige Freunde. Nur ich gehöre offensichtlich nicht dazu. Alle am Tisch hatten drei Gänge – außer mir, ich hatte einen Napf mit Wasser.
    7.

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