Idol
und sein Hinterteil durch einen kräftigen Stoß in den Sattel hieven
wollte.
Sowie er jedoch im Sattel saß, hielt er sich kerzengerade, und als sein Pferd zwei oder drei Bocksprünge vollführte, bändigte
er es sofort und gab ihm zur Strafe einen kleinen Schlag mit der Reitpeitsche auf die Kruppe.
»Holla!« schrie Silla Savelli. »Du schlägst doch nicht etwa dein Pferd, Raimondo?«
»Stuten und Weiber werden mit der Peitsche gezähmt«, erwiderte Raimondo, der in seinem Leben noch nie eine Frau geschlagen
hatte, war er doch zum schwachen Geschlecht ebenso sanft und umgänglich wie zu Männern grob.
»Schande über dich, Raimondo!« rief Pietro Gaetano lachend. »Meine Stute wird von mir nur gestreichelt. Es wäre mir schrecklich,
ihr weh zu tun.«
»Die Peitsche hat einem Pferd noch nie weh getan«, meinte Ascanio di Ruggieri. »Es hat eine viel zu dicke Haut. Die Peitsche
demütigt es nur, nichts weiter.«
Diese Behauptung schien mir anfechtbar, und so ging unsere Unterhaltung unter Rufen und Lachen munter fort, während wir über
den Hof ritten, wo uns die Verbannten und Banditen widerwillig Platz machten und scheele Blicke auf diese schönen jungen Männer
in ihren prächtigen Wämsern warfen, die ihrerseits die Menge nicht beachteten und aus Leibeskräften herumschrien, so als gehörte
Montegiordano ihnen. Als ich mich im Sattel umwandte, sah ich Paolo Giordano: unbeweglich wie eine Statue aus Stein stand
er an seinem Fenster im zweiten Stockwerk und schaute uns nach. Sein Blick, der riesige Hof von Montegiordano, all das ihm
ergebene Volk machten mich nervös. Ich gab meinem Pferd die Sporen und ritt an der Spitze unseres Trupps aus dem Tor, und
erst auf der Straße wurde mir wieder leichter. Paolo hatte alles begriffen und geahnt, und ich war bei allem gut weggekommen.
Es war zu schön, um wahr zu sein! Seine Metze in der Engelsburg hinter Schloß und Riegel! Paolo neutralisiert dank meiner
Neutralität! Und spätestens heute abend würden fünfzigtausend Piaster als warmer Regen in meine Geldkatze fallen! Ach, wie
wenig kennt doch der Mensch seine eigene Zukunft! Ein Wort, eine Geste, und schon bricht alles zusammen!
|279| Wir waren keine fünfzig Klafter mehr von unserem Palazzo entfernt, und ich malte mir bereits die Feste aus, mit denen ich
meinen Erfolg zu feiern gedachte, als unser Trupp anhalten mußte. Mindestens zwanzig berittene Sbirren mit Arkebusen, Della
Pace an der Spitze, versperrten uns den Weg. Der Bargello grüßte sehr höflich, und da wir in der engen Straße nicht aneinander
vorbeikonnten, bot er an umzukehren, um uns passieren zu lassen. Ich war einverstanden, er ließ seine Truppe kehrtmachen,
und in diesem Hin und Her erblickte ich plötzlich unsere beiden Nora-Banditen, gefesselt auf einem Pferd, das ein hünenhafter
Sbirre am Zügel führte – ein Anblick, daß mir fast die Augen aus dem Kopf fielen.
»Bargello«, schrie ich, »was ist das? Ihr habt in meiner Abwesenheit meine Tür erbrochen und zwei meiner Männer entführt?«
Della Pace zog daraufhin den Hut, kam, dicht von seinen Sbirren gefolgt, auf mich zu und sagte äußerst höflich:
»Herr Graf, es tut mir sehr leid, daß ich die beiden Banditen verhaften mußte, doch es war ein Befehl von Seiner Exzellenz
Gouverneur Portici. Eure Tür habe ich nicht gewaltsam geöffnet. Ich habe geläutet. Es wurde mir geöffnet. Meine Sbirren haben
dann den Rest erledigt.«
»Dennoch habt Ihr das Asylrecht der Orsinis verletzt‹, brüllte Raimondo, rot wie eine Tomate.
»Vergebung, Signor Orsini«, sagte Della Pace, »das Asylrecht wurde der älteren, nicht der jüngeren Linie der Orsinis zuerkannt.«
»Ältere Linie, jüngere Linie, das schert mich wenig!« schrie Raimondo. »Du bindest sofort unsere Männer los und gibst sie
uns zurück, du Hundsfott!«
Der Bargello setzte seinen Hut wieder auf und schlug einen schärferen Ton an:
»Signore, Ihr vergeßt, daß Ihr mit dem Bargello sprecht.«
»Komm, Raimondo«, sagte ich, »misch dich nicht ein, laß mich mit dem Bargello verhandeln.«
»Ich mische mich ein, wann es mir paßt!« brüllte Raimondo, den der Wein zum Ungehorsam gegen mich ermutigte. »Und du, verdammter
Bargello, befolgst jetzt meinen Befehl! Binde sofort diese beiden Männer los und übergib sie uns!«
»Ihr beschimpft mich, Signore!« sagte der Bargello. »Das ist |280| Eurer und meiner unwürdig. Habt Ihr vergessen, daß auch ich von Adel
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