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Idol

Idol

Titel: Idol Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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der Gaststube?«
    »Sie wollten keine Mädchen, sondern Wein, und zwar vom besten. Der größte von ihnen, der den Hut tief in die Stirn gezogen
     hat, verlangt nach dir.«
    »Wie ist er angezogen?«
    »Wams aus Büffelleder wie ein Kapitän.«
    »Und der Hut? Von Wind und Wetter zerbeult? Ausgeblichen? Mit unansehnlichen Federn?«
    »Ganz und gar nicht. Glänzender Filzhut und leuchtende Federn.«
    |333| »Dann ist er kein Kapitän. Gut, bring ihn her, aber zuvor sollen sich drei meiner Leute mit Radschloßarkebusen im Zwischenstock
     hinter dem Vorhang postieren. Wie sieht er denn aus, dieser sogenannte Kapitän?«
    »Stattlich, mit sehr breiten Schultern. Ein schöner Männermund, groß, energisch. Ich rede von seinem Mund, da ich wegen dem
     Hut nichts weiter gesehen habe. Er spricht mit sanfter Stimme, aber wie einer, der gewohnt ist, daß ihm die Leute gehorchen.«
    »Gib mir ein bißchen Zeit, ehe du ihn zu mir läßt. Und wenn er hier ist, setz dich auf eine Treppenstufe. Alarmiere meine
     Leute, falls die drei anderen heraufzukommen versuchen. Und schicke die Mädchen, die nicht beschäftigt sind, umgehend zu Bett.«
    Wieder allein, verspürte ich Unruhe. Ich schätze so etwas nicht – daß vier bis an die Zähne bewaffnete Männer um ein Uhr morgens
     bei mir eindringen, selbst wenn ihre Pferde schon von weitem nach Adel riechen. Es gibt Banditen-Barone und sogar Grafen,
     die genausowenig taugen, Graf Oppedo zum Beispiel. Wenn der wüßte, was ich mit seinem Mönch gemacht habe, würde er mich wohl
     nicht sonderlich mögen. Ich steckte ein Messer in meinen linken Stiefel, lud eine niedliche Damenpistole und schob sie in
     den rechten Armausschnitt meines Wamses.
    Es klopfte. Beim Aufmachen ging ich hinter der Tür in Deckung, die Hand in meinem Wams.
    »Holla,
mancino «
, sagte eine Stimme, die mir bekannt vorkam, »ist das eine Art, die Leute zu begrüßen?«
    Ich riskierte einen Blick, ohne ganz aus der Deckung hervorzukommen. Der Besucher sah mich, lächelte und nahm mit einer lässigen
     Bewegung den Hut ab.
    »Ah, Durchlaucht, Ihr!« rief ich und verbeugte mich bis zur Erde. »Ein Wort von Euch hätte genügt, und ich wäre nach Montegiordano
     geeilt.«
    »Einen Boten zu schicken hätte zu lange gedauert«, sagte der Fürst, »und im Morgengrauen breche ich nach Bracciano auf. Das
     römische Pflaster brennt mir unter den Füßen. Ich wollte dich aber sehen.«
    »Ich stehe zu Eurer Verfügung, Durchlaucht. Wollet gütigst Platz nehmen.«
    |334| »Gern.«
    Beim Hinsetzen verzog er ein wenig das Gesicht.
    » Mancino
, was ist mit dem Mönch? War Kardinal Montalto bereit, ihn anzuhören?«
    »Er war bereit,
uns
anzuhören, ihn und mich, und ganz geheim.«
    »Und wie ging es?«
    »Seine Eminenz hat uns mit größter Aufmerksamkeit zugehört. Vor allem dem Mönch.«
    »Und was hat der Kardinal gesagt?«
    »Den Mönch betreffend, muß man unterscheiden zwischen dem, was der Kardinal gesagt hat, und dem, was er gedacht hat. Was er
     gesagt hat, war nicht sehr ermutigend.«
    »Ich höre.«
    »Testis unus, testis nullus.«
1
    »Du kannst Latein,
mancino ?«
    »Dieses Latein da habe ich anläßlich eines kleinen Mißverständnisses zwischen dem Gerichtshof und mir gelernt.«
    »Und deine Aussage betreffend, was meinte da der Kardinal?«
    »Nichts. Außer daß er mir Vorhaltungen über meinen ›trau rigen Beruf‹ machte. Übrigens hat er ja recht. Wer weiß, ob ich es nicht mit ein bißchen mehr Bildung weiter gebracht hätte. Man
     erzählt ja auch, der Kardinal habe in seiner Jugend Schweine gehütet.«
    »Das erzählt man. Aber noch mal zu dem Mönch.«
    »Der Kardinal hat ihn wegen seines Austritts aus dem Orden ins Gebet genommen, und zwar so hart, daß der Mönch vor ihm auf
     die Knie fiel und in Tränen ausbrach.«
    »Wieso glaubst du, der Kardinal habe seine Zeugenaussage ernster genommen, als er zugeben wollte?«
    »Sein schrecklich strenges Gesicht konnte nicht ganz die Freude verhehlen, die er beim Zuhören empfand.«
    »Woher diese Freude, deiner Meinung nach?«
    »Weil durch diese Aussage die Schuld von seiner Nichte genommen wurde.«
    Der Fürst hielt die Stirn gesenkt und schwieg lange, dann schien er sich zu schütteln, hob den Kopf und sagte lebhaft und
     froh:
    |335| »Was ist mit der Taverne auf dem Gelände, das ich dir verkauft habe?«
    »Sie gehört mir. Die von mir eingeleiteten Wegearbeiten dauerten so lange, daß das Geschäft zurückging und der Besitzer mir
     die Taverne

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