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Idylle der Hyänen

Idylle der Hyänen

Titel: Idylle der Hyänen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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an. Für einen Augenblick verlor er die Kontrolle.
    »Das macht doch nichts«, sagte er mit einem grollenden Unterton, der das Mädchen erschreckte. »Entschuldige. Aber ich muß wissen, ob der Mann, mit dem du am Meer warst, gehinkt hat. Ist er so gelaufen?« Fischer drehte sich um und ging, indem er das rechte Bein nachzog, zur Tür und auf die gleiche Weise wieder zurück.
    »So?«
    Mit großen Augen lugte Katinka hinter dem Geweih hervor; abwechselnd schaute sie Fischer ins Gesicht und auf sein Bein.
    Jemand klopfte zaghaft an die Tür.
    »Moment!« rief Fischer. Er stand da, die Hand auf seinem rechten Oberschenkel, und hatte den Eindruck, die Gegenwart des Kindes katapultiere ihn wieder einmal aus jeder vernünftigen Umlaufbahn in ein sinnloses, weltfremdes All, wo er dazu verdammt sei, nichts als eine polizistige Witzfigur abzugeben.
    Warum hatte er überhaupt zugelassen, daß Liz den Raum verließ? Warum hatte er bei der ersten Konfrontation mit dem Kind klein beigegeben? Warum hatte er anstelle von Liz nicht Micha Schell mitgenommen, der eine Tochter im gleichen Alter wie Katinka hatte und ein kluger, trotz oder vermutlich gerade wegen seines Schmerzes umsichtiger, wachsamer Vater war und sich nicht von den Launen eines Kindes einschüchtern ließ? Woher rührte seine Scheu vor Kindern, seine geradezu lächerliche Verdruckstheit und sein irrer Glaube, er habe endlich aus seinen Fehlern und Defekten gelernt?
    »Eigentlich müßtest du vier Vornamen haben«, sagte Katinka mit zaghafter Stimme; entschlossen legte sie den Elch neben sich und stellte die Beine auf den Boden. »Du mußt mit dem anderen Bein so laufen, dann ist es richtig.«
    »So?« Das linke Bein nachziehend, ging er zur Tür.
    »Jetzt sag ich aber nichts mehr!« Fischer zögerte und öffnete die Tür. Im Flur wartete Liz.
    »Weningstedt hat angerufen«, sagte sie leise.
    »In Wohlfahrts Wohnung im Hochhaus wurden Blut und Urinspuren gefunden und Fingerabdrücke, die mit denen in der Tiefgarage übereinstimmen.«
    »Die Frau wurde in der Wohnung erhängt«, sagte Fischer.
    »Mit allergrößter Wahrscheinlichkeit.« Weil die Küchentür offenstand, senkte Liz ihre Stimme noch mehr. »Wohlfahrt streitet alles ab, er behauptet, er wisse von nichts. Einen Namen hat er noch nicht genannt. Seine Fingerabdrücke stimmen jedenfalls mit keinen anderen überein, das war ja auch nicht zu erwarten. Weningstedt sagt, in spätestens zwei bis drei Stunden hat er Wohlfahrt so weit, daß er aufgibt. Mit wem war das Mädchen unterwegs?«
    Fischer antwortete nicht sofort. Statt dessen stellte er eine Gegenfrage. »Hat jemand das weiße Auto gesehen?«
    »Das Auto, genau!« Liz blätterte in ihrem Block, den sie in der Hand hielt. »Vermutlich ein VW Passat, Zeugen wollen ihn auf dem Parkplatz des Müllerschen Volksbades am Rosenheimer Berg und vor einer Pension in der Gollierstraße im Westend gesehen haben. Im Umkreis des Nothkaufplatzes gibt es, das hat Micha recherchiert, tatsächlich zwei Leute, die einen Passat besitzen, allerdings in unterschiedlichen Weißbeziehungsweise Beigetönen, Micha hat beide noch nicht erreicht. Ein Zufall ist das nicht, was meinst du?«
    »Hoffentlich nicht.« Von der Tür aus sah Fischer, wie Katinka wieder mit dem Finger die braune Mappe berührte und die Hand dann rasch zurückzog.
    »Wer hat sie entführt?« fragte Liz.
    »Ich weiß es noch nicht.«
    »Bitte? Warum nicht?«
    »Sie hat’s mir noch nicht verraten.«
    »Warum nicht?« Aus Versehen hatte sie lauter gesprochen; Katinka schaute zu den beiden her. Ohne Erklärung ließ Fischer seine Kollegin stehen, ging zurück ins Wohnzimmer und beugte sich zu dem Mädchen hinunter. »Möchtest du am Meer sitzen? Mit mir? Jetzt?«
    Sie sah ihn mit gerunzelter Stirn an. »Am Meer?«
    »Wir fahren mit dem Auto hin, dauert keine halbe Stunde.«
    »Hier gibt’s doch gar kein Meer!« sagte Katinka.
    »Du mußt nur die Augen aufmachen.«
    »Mach ich doch schon.«
    »Noch weiter.«
    »Nein!« Sie kniff die Augen zusammen und schüttelte den Kopf.
    »Wenn’s dir nicht gefällt, bring ich dich sofort zu deinem Opa und deiner Oma zurück.« Er streckte ihr die Hand hin.
    Liz war ins Zimmer getreten.
    »Komm, Katinka.«
    Sie biß sich auf die Lippen.
    »Toni darfst du mitnehmen«, sagte Fischer. Katinka preßte das Tier an sich und sprang auf.
    »Aber wehe, du lügst, dann sprech ich nie wieder mit dir! Nie, nie wieder!«
    »Wo ist er hingefahren?« fragte Silvester Weningstedt

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