If you stay – Füreinander bestimmt
Luft und erfreue mich an der Frische.
»Fährst du oft hier raus?«, frage ich ihn.
Pax nickt. »Wann immer ich die Welt satthabe. Hier kann mich keiner finden – obwohl es, ehrlich gesagt, auch noch nicht viele Leute versucht haben.«
Ich lache, lehne mich gegen ihn, und er legt mir den Arm um die Schultern.
»Ich hätte heißen Kakao aus dem Restaurant mitbringen sollen«, stöhne ich und versuche, meine eisigen Finger aufzuwärmen. »Ich fürchte, ich werde eine Hand verlieren – oder meine Zehen.«
»Findest du nicht, dass du ein bisschen übertreibst?«, entgegnet Pax.
»Also, ich weiß ja nicht, wie das bei dir ist, aber ich brauche meine Zehen noch.« Ich kuschele mich tiefer in seinen Arm und blicke zu ihm auf.
»Wie ist dein Termin heute gelaufen? Bist du froh, dass du hingegangen bist?«
Er wird ganz still und presst die Zähne zusammen. Ich bin mir nicht sicher, wie ich diese heikle Situation handhaben soll.
Als er weiter schweigt, frage ich: »Wirst du wieder hingehen?«
Pax seufzt. »Weiß nicht. Eigentlich macht es keinen Sinn. Er konzentriert sich auf meinen Drogenkonsum, dabei möchte ich nur rausbekommen, was es mit diesen Träumen auf sich hat. Es ist ziemlich erschreckend, wenn man andauernd von seiner toten Mutter träumt.«
»Vielleicht ist er der Ansicht, dass beides zusammenhängt«, gebe ich zu bedenken. Ich versuche mich an einem Plauderton, obwohl ich in Wahrheit unbedingt wissen will, was der Therapeut gesagt hat.
»Das bezweifele ich«, entgegnet Pax. »Den einzigen Zusammenhang, den er sieht, besteht zwischen dir und meiner Mutter.«
Ich sehe ihn verdutzt an.
»Wie bitte?«
Aus irgendeinem Grund finde ich das ziemlich erschreckend. Ich will keine Mutterfigur für ihn sein. Eigentlich hatte ich gehofft, dass er mich anders sehen würde.
»Ich weiß auch nicht, was er sich dabei denkt«, sagte Pax. »Er hat ein paar verrückte Ideen.«
»Aber deine Träume haben erst angefangen, als wir uns kennenlernten, stimmt’s?«, erkundige ich mich und weiß bereits die Antwort darauf, noch bevor er nickt.
»Ja. Aber das hat doch nichts zu bedeuten.«
»Okay.« Meine Stimme ist hier im Boot unter dem Rand aus Fiberglas leise. Er drückt mich fest.
»Mach dir deshalb keine Gedanken. Ich bin hier der Verkorkste, nicht du. Aber eines kannst du mir glauben, du bist für mich nicht wie eine Mutter, wenn es das ist, worüber du dir Sorgen machst.«
Ich lächele erleichtert, und er lacht, als er mein Gesicht sieht. »Ist es das, worüber du dir Gedanken gemacht hast? Ich mag ja verkorkst sein, aber nicht
so
verkorkst.«
Ich entspanne mich wieder, lasse mich gegen ihn sinken, und er reibt mir die Hände, um sie zu wärmen. Wir können unseren Atem sehen. Die weißen Schwaden schweben davon, während wir reden.
Wir unterhalten uns eine gute Stunde über Nichtigkeiten: Schule, Familie und Haustiere, die wir einmal hatten. Er lacht, als er hört, dass ich einmal Cheerleaderin gewesen bin. Und ich lache, als ich höre, dass er jeden Star-Wars-Film besitzt, der jemals gedreht worden ist.
»Was denn?«, fragt er gebieterisch. »Das sind tolle Filme!«
Ich lache und versuche, so zu tun, als seien meine Füße keine Eisblöcke und als würde ich sein Handy nicht hören. Es hat in der letzten Stunde alle paar Minuten gebrummt. Pax hat nur ein Mal einen Blick darauf geworfen, es dann wieder in die Tasche gesteckt und seitdem nicht mehr hervorgeholt.
»Musst du dich da mal darum kümmern?«, frage ich, als es wieder brummt. »Wer auch immer es ist, es scheint ziemlich dringend zu sein.«
Er schüttelt ungehalten den Kopf. »Nein. Das ist niemand, über den ich mir Gedanken machen sollte.«
Ich sterbe vor Neugier, dränge ihn aber nicht. Ganz offensichtlich möchte er nicht darüber reden. Doch zum ersten Mal wird mir bewusst, wie nervös es mich macht, wenn er sich so abweisend benimmt und plötzlich wieder so verschlossen ist. Was gibt es wohl noch alles in seinem Leben, wovon ich nichts weiß?
Ich muss still geworden sein, denn nach einer Weile stupst Pax meinen Fuß an.
»Wieso bist du so ruhig? Bist du sauer?«
Ich würde es gern verneinen, so tun, als sei ich nicht entnervt, aber ich möchte nicht lügen. Aus Lügen kann nichts Gutes entstehen, und wir beide haben ohnehin schon schlechte Karten in diesem Spiel.
»Es macht mich nervös, wenn ich das Gefühl habe, dass du etwas vor mir verbirgst«, sage ich zögernd. »Ich möchte nicht schlecht von dir denken, aber wenn ich nicht
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