Ifenfeuer: Allgäu-Krimi (German Edition)
von Ski- und Snowboardfahrern anstehen musste, die drängelten und sich gegenseitig auf den Wintersportgeräten herumtrampelten. Schließlich musste man auch noch die Fußgänger in Kauf nehmen, die sich an der Bergstation sonnen oder dem Winterwanderweg ins Tal folgen wollten. Ungünstig war auch die Situation im Sommer, wenn diese Sesselbahn überhaupt nicht fuhr, weil große Bedenken bestanden, dass zu viele Wanderer im Naturschutzgebiet Gottesacker Schäden anrichten könnten. Dieser Auffassung traten Gutachten entgegen, die auf Veranlassung der Betreiber angefertigt worden waren. Schließlich wussten unbeteiligte Benutzer nicht mehr, wer recht hatte und wer nicht. Es sah eine Zeitlang danach aus, dass die Kleinwalsertaler Bergbahnen ihre Pläne zum alternativen Neubau einer neuen Sommer-Sesselbahn würden begraben müssen. Doch in den letzten Wochen zeigten ihre eingereichten Proteste Wirkung, und man kam zum wiederholten Male zusammen, um die zukünftige Nutzung zu besprechen. Als Zugeständnis der Bergbahnen wurden schließlich die Pläne für einen Neubau der Hahnenköpflebahn auf unbestimmte Zeit verschoben.
Einer der Hauptgegner der neuen Bahn war jener Horst Brugger gewesen, den man kurz vor der Versammlung auf Schneiderküren ermordet aufgefunden hatte. Wie ein Lauffeuer hatte sich diese Nachricht durch das Kleinwalsertal verbreitet, und hinter manch vorgehaltener Hand wurde getuschelt, und manches Kopfnicken war zu sehen. Die Neuhauser Kathi, eine im ganzen Tal bekannte Verbreiterin von wahren und meist weniger wahren Nachrichten, hatte sich dabei besonders hervorgetan. Für sie und einen harten Kern ähnlich denkender Zeitgenossen stand fest: Die Bahn hatte jemanden gedungen, um einen unbequemen Gegner loszuwerden. Das war doch klar, das lag auf der Hand, und man wunderte sich in diesem Kreis, dass die Polizei noch immer keine Verhaftung vorgenommen hatte. So etwas musste doch schneller gehen, einfach ruck, zuck, bevor noch ein weiterer Mord passierte.
Aber dann geschah etwas, womit selbst Kathi Neuhauser nicht gerechnet hatte: Am Hölloch, so hieß es, habe man fast gleichzeitig eine Tote gefunden, deren Name aber noch nicht bekannt war. Oho, wer war denn da noch derart gegen die neue Bahn, dass ein Mord gerechtfertig erschien? Für eine Weile war Kathi ratlos. Dass man sie mit so wichtigen Informationen im Stich lassen konnte! Wo blieben ihre Zuträger, die doch sonst alles herausbekamen? Und die Tote kannte man noch nicht? Das wäre ja gelacht, man sollte sie ihr doch einfach mal zeigen, schließlich gab es niemanden im Tal, den Kathi nicht kannte.
Sie erinnerte sich an einen Streit bei der vorherigen Versammlung zwischen Horst Brugger und Josef Kandelholz, einem der Bahnmanager. Sie hatten sich sogar dermaßen angeschrien, dass selbst die Handglocke des Vorsitzenden nicht mehr durchgedrungen war. Man hatte beide aus dem Saal verwiesen, wo sie ihre Auseinandersetzung fortsetzten. Brugger hatte in den vergangenen Monaten durch Plakate und Versammlungen immer wieder zum Boykott einer möglichen neuen Bahn aufgerufen und den Teufel an die Wand gemalt, was alles passieren würde, wenn sich riesige Touristenströme über das Gottesackerplateau ergießen oder im Winter ein Gewimmel von Ski- und Snowboardfahrern die Stille des Gottesackers heimsuchen würden.
Kandelholz hatte dagegengehalten, dass es niemals zu einem derartigen Massenandrang kommen würde und es im Sommer jetzt schon Wege gäbe, auf denen die Touristen wandern konnten. Schließlich sei die wunderbare Natur des Kleinwalsertales für sie alle das größte Gut und sie, die Bahngesellschaft, hätte als Allerletzte ein Interesse daran, sie zu stören. Er hatte versucht, Brugger durch die Vorlage von Bauskizzen zu überzeugen, aber dieser dachte nicht daran, von seiner Meinung abzurücken. Für ihn waren die Bahnbetreiber Naturzerstörer, und für das Bahnmanagement war Brugger schließlich nur noch ein Meckerer und kein ernst zu nehmender Gegner. Seine Argumente wiederholten sich gebetsmühlenhaft, und er zeigte keinerlei Einsicht. So ging der in aller Öffentlichkeit ausgetragene Zwist zwischen Brugger und der Bahngesellschaft weiter. Nach einer Verbesserung der Situation sah es nicht aus, auch nicht, nachdem die Gesellschaft angeboten hatte, einen Teil der Pläne zurückzuziehen. Durch Verzögerungen im Genehmigungsverfahren musste die Ifenbahn auch noch mit einer Erhöhung der Baukosten rechnen.
Unversöhnlich standen sich beide Parteien
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