Ihr Auftritt, Mr. Pringle!
brauchte Schuhe in dieser
Woche», sagte Fitz müde. «Ich habe nur zwei Paar, und das eine ist fast
durchgelaufen, aber Emily begann mit Tanzunterricht. Sie mußte ein nagelneues
Trikot, Stepschuhe, Ballettschuhe, alles haben. Wissen Sie, um wieviel mich das
zurückgeworfen hat? Um zwanzig Pfund. Nur weil eine kleine Dreijährige nicht anders
aussehen darf als all die anderen kleinen Dreijährigen, Jesus!» Der schlaffe
Mund war verbittert. Seine eine Hand zitterte nervös. «Gesellschaftliches
Bewußtsein bei Dreijährigen!»
Mr. Pringle versuchte, Trost zu
spenden. «Vielleicht wird das andere Kind keine tänzerischen Neigungen haben?»
«Es ist ein Junge. Sie möchte,
daß er ein Pony bekommt.»
Die Zimmertür wurde geöffnet.
«Tut mir leid, es ist nur Instantkaffee. Mir war nicht aufgefallen, daß die
Dose leer ist. Liebling, wenn ich das nächste Mal aus dem Haus gehe, sage
einfach , ja? Milch und Zucker?» Sie hatte Mr. Pringle kein
einziges Mal angeschaut. Ihre Blicke flitzten zwischen dem Gesicht ihres Mannes
und dem Formular hin und her. Mr. Pringle vermutete, daß sie jedes Wort auf dem
Papier diktiert hatte. Was Fitz auch wissen mochte, er würde in Anwesenheit
seiner Frau nichts verraten. Mr. Pringle schluckte die bittere Flüssigkeit im
Becher so schnell wie möglich herunter und fragte, ob er telefonisch ein Taxi
rufen könne.
«Ich kann Sie bringen.» Fitz
sprach, ohne zu überlegen. Die Reaktion seiner Frau brachte ihn zum Schweigen.
Er sei noch krank, er dürfte nicht daran denken, bei diesem Wetter rauszugehen,
erst wenn er völlig wiederhergestellt sei.
Sie hat Angst, ihn aus den
Augen zu lassen, dachte Mr. Pringle. Warum, warum, warum?
Sie gingen nach unten, um auf
das Taxi zu warten. Sogar im Korridor blieb Fitz’ Frau neben ihm stehen, das
Tablett noch in der Hand.
«Ich wollte fragen», sagte Mr.
Pringle sanft und strich sich über den Schnurrbart, «ob Ihnen der Spieker
aufgefallen ist.» Fitz’ Gesicht war blaß vor Furcht.
«Wann ist er verschwunden?»
Fitz antwortete immer noch nicht.
«War er noch da, als das Licht
das erste Mal wieder anging, oder war er da schon verschwunden?»
Mr. Pringle ließ nicht nach.
«Zu irgendeinem Zeitpunkt muß er weggenommen worden sein, da er benutzt wurde,
um Christopher umzubringen.»
«Ich habe den Spieker erst
gesehen, als das Licht zum zweitenmal wieder anging und der Holzständer aus
Christophers Rippen ragte. Sonst weiß ich nicht, was damit passiert ist. Da
müssen Sie Dorothy fragen.»
Das hat er geprobt, und es ist
eine Lüge, dachte Mr. Pringle. Laut sagte er: «Ja, selbstverständlich. Ich
hoffe, ich kann sie nachher sprechen. Gibt es sonst noch etwas?»
«Ich habe Ihnen alles gesagt,
was ich weiß.» Mr. Pringle konnte den Schweiß an ihm jetzt riechen.
«Wenn Sie mich entschuldigen
würden, dann verabschiede ich mich und gehe wieder in mein Zimmer. Dieser
Grippevirus...» Er ging die Treppe wieder hinauf. Seine Frau bewachte Mr.
Pringle wie eine Kerkermeisterin. Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis das
Taxi endlich kam.
In dem kleinen Schlafzimmer
standen die beiden Seite an Seite, ohne sich zu berühren, und beobachteten, wie
das Taxi davonfuhr. «Er weiß...»
«Sei nicht dumm!» sagte sie.
«Woher denn möglicherweise? Wenn du dich jedoch jedesmal so benimmst, wenn dir
jemand eine Frage stellt...»
«Ich kann einfach nicht lügen.»
«Doch, du kannst! Wir sind das
immer wieder durchgegangen. Du brauchst nur dabei zu bleiben. Und jetzt mußt du
telefonieren.»
«Nein.»
Sie sah ihn fest an. «Doch, du
mußt. Es geht nicht anders.» Sie setzte sich neben ihn, als er die Nummer
wählte.
Er wartete auf die Verbindung.
«Charles weiß...»
«Wieso? Er kann nicht... Hat er
etwas gesagt? Wann hast du ihn gesprochen?»
«Habe ich nicht. Seit gestern
nicht mehr. Es ist die Art, wie er mich angeschaut...» Er brach ab, um der
Stimme an seinem Ohr zu lauschen, und legte auf. Seine Erleichterung war
offenbar, so wie es der Geruch nach Angst gewesen war. «Ich komme nicht durch.
Die Nummer ist besetzt.»
«Du kannst es später noch
einmal versuchen.» Sie dachte nach. «Ich bin mir sicher, Charles weiß es nicht.
Wenn er es wüßte hätte er schon etwas unternommen...»
Im Taxi fiel Mr. Pringle ein,
daß er Fitz nichts von dem Porträt gesagt hatte.
KAPITEL 8
«Wir
vereinigen uns alle in besonderem Abscheu vor jenem Stadtteil und hoffen
deshalb zu entkommen...» Jane Austen,
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