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Ihr Auftritt, Mr. Pringle!

Ihr Auftritt, Mr. Pringle!

Titel: Ihr Auftritt, Mr. Pringle! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Livingston
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nicht,
Blütenblättchen, nicht mit Malcolm Gordon.»
    Sie nahmen den Fahrstuhl zur
obersten Etage. Mr. Pringle war überrascht, so viele leere Büros zu sehen. Ob
die alle beim Mittagessen seien. Jonathan erläuterte: «Die gehören alle dem
Management. Abgesehen von Malcolm, hat jedoch keiner eine Ahnung vom Fernsehen,
deshalb ist es besser, wenn sie zu Hause bleiben. Gelegentlich tauchen sie auf,
wenn uns ein Mitglied der königlichen Familie oder Raquel Welch besucht, bei
solchen Anlässen, sonst geht keiner in die Nähe der Studios. Wenn die
Jahresversammlung stattfindet, müssen die Sekretärinnen ihnen zeigen, wohin sie
gehen sollen. Im Vertrauen gesagt, es ist ein Verfahren, das wir alle
befürworten. In der Vergangenheit sind einer oder zwei mit gräßlichen
Vorschlägen für das Programm gekommen, in dem selbstverständlich ihre
unsäglichen Kinder auftreten sollten. Da sind wir.»
    Sie warteten in Malcolms
Vorzimmer. Eine Chefsekretärin machte weiter mit ihrer Arbeit und tat so, als
seien sie nicht da. Minuten vertickten. Mr. Pringle griff nach einer
Zeitschrift, die auf dem sauber aufgeschichteten Stapel vor ihm lag, aber
Jonathan schüttelte den Kopf. «Besser nicht», murmelte er. Mr. Pringle fiel
eine Frage ein.
    «Warum wirbelt meine Jacke vor
der Kamera?»
    Jonathan sah ihn erstaunt an.
«Das ist technisch bedingt.»
    «Ja, ich weiß. Aber wieso?»
    «Sie sollten sich um technische
Einzelheiten keine Gedanken machen. Überlassen Sie das den Technikern. Ich tue
das immer.»
    «Aber woher kommt das?»
    «Die Sprenkel wackeln»,
antwortete Jonathan ernst.
    Die Gegensprechanlage summte.
Die Chefsekretärin drückte mit ihrer Kralle auf eine Taste.
    «Schicken Sie ihn rein.»
    Sie ließ die Taste los und
schaute Mr. Pringle an.
    «Ich lasse Sie jetzt allein»,
sagte Jonathan. «Sie können sich selbst bekannt machen, nicht wahr, Pringle?»
Er schenkte der Sekretärin ein weltmüdes Lächeln. «Ich muß zurück. Ich richte
eine neue Programmassistentin ab, leider. Übrigens, Enid, sagen Sie Malcolm, er
bekommt den Entwurf gleich morgen früh auf den Schreibtisch. Ich ändere den
Titel in Wedeln vor Freude. Das ist der Name des Blindenhunds, wissen
Sie — Freude.
    Mr. Pringle eilte ins
Allerheiligste.
     
    Donnerstag, 5. April 1984, nachmittags
    Malcolm Gordon blickte zum
Fenster hinaus.
    Mr. Pringle sprach seinen
Rücken an: «Darf ich Ihnen mein Beileid zum tragischen Ableben Ihres Neffen
aussprechen.» Der Mann schwieg.
    «Ich mußte ihn identifizieren»,
sagte Malcolm dann abrupt. «Ich hatte das nicht erwartet.»
    «Es muß schmerzlich für Sie gewesen
sein. Ein zusätzlicher Kummer.»
    Malcolm drehte sich um und
schaute ihn an. «Warum sind Sie hier? Was können Sie tun, was der Polizei mit
all ihren Hilfsmitteln nicht möglich ist?»
    Mr. Pringle hielt dem Blick
stand. «Möglicherweise sehr wenig. Ich bin jedoch von den Leuten im Regieraum
angeheuert worden, die Jack Kemp für unschuldig halten.»
    «Jack Kemp!» Der Zorn und die
Verachtung in Malcolms Stimme veranlaßten Mr. Pringle zu blinzeln. «Ist Ihnen
nicht klar, daß dieser besoffene Kerl Christopher umgebracht hat?»
    «Haben Sie gesehen, daß er es
getan hat?» Die Frage war sanft gestellt, aber sie schien Malcolm noch wütender
zu machen. Mr. Pringle ging vorsichtig vor: «Ich habe gehört, Sie seien nur
wenige Augenblicke vor dem, äh, Ereignis, in der Regie eingetroffen?»
    «Man hat Ihnen doch von dem
königlichen Besuch erzählt? Was sind Sie, irgend so ein Einfaltspinsel?
Selbstverständlich war ich anderswo.» Malcolms Erregung war so beeindruckend,
daß Mr. Pringle stotterte.
    «Ich versuchte nur
festzustellen, daß Sie eintrafen... zu Ihren Freunden... in den Regieraum
gingen, nur eine Minute oder so vor dem... als es passierte?»
    «Ein Intendant hat keine
Freunde. Nur Feinde.» Mr. Pringle verneigte sich und wartete auf eine Antwort
auf seine Frage. Als keine kam, fragte er: «Haben Sie irgend etwas, das Ihre
Theorie stützt? Glauben Sie, es war noch jemand beteiligt?»
    «Nur einer war nötig, um meinen
Neffen umzubringen. In einem trunkenen Anfall von Gekränktsein, weil ich ihm
die Sendung wegnahm. Das hätte ich schon vor Wochen tun sollen, aber da war
Christopher noch so neu im Job. Er hatte mich gedrängt, Kemp zu entlassen. Er
hatte recht! Und all das andere dürre Holz, ich hätte sie alle rausschmeißen
sollen. Er war ein so vitaler Mensch. Er hätte Wunder vollbracht. Neid hat ihn
umgebracht. Der Neid eines Gestrigen

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