Ihr Kriegt Mich Nicht!
schwer und braun im ganzen Hundehaus, fast greifbar. Mik füllte einen Eimer mit warmem Wasser und gab etwas Scheuermittel dazu, das nach Zitronen duftete. Zuerst schaufelte und scharrte er das meiste weg und kippte es in den Schubkarren, Käfig um Käfig, dann scheuerte er mit Mopp und Lumpen, aber die Zitrone hatte keine Chance. Die Kombination ergab einen total kranken Geruch. Zitronenkacke. Vielleicht war der Geruch ein klein wenig gelber geworden, doch das Braune behielt eindeutig die Oberhand.
Hundekacke war nicht nur Hundekacke. Manche Würste waren hart und wohlgeformt und ließen sich gut mit der Schaufel entfernen. Leichte Arbeit, nicht ein Klecks blieb am Betonboden kleben. Das waren Traumwürste, die Würste der Hunde, denen es gut ging. Von diesen Traumwürsten an gab es dann das ganze Sortiment – von weicheren Varianten bis hin zu wässrigem braunen Matsch. Der Matsch, das war die Kacke von Hunden, denen es schlecht ging. In den Käfigen der Nummer neun und des alten Jasack befand sich die Kacke jedes Mal in hoffnungslos flüssigem Zustand. Bodenlumpen, Zitronenkurund Muskelkraft. Die Hunde zu füttern war eine Kleinigkeit im Vergleich mit der Aufgabe, ihre Kacke zu entsorgen.
Immer wenn er fertig war, lief er ans Ufer hinunter und hüpfte ins Wasser, doch der Geruch blieb. Der Geruch war in den Körper hineingekrochen. Er verschwand nicht. Die Kacke saß unter den Nägeln. Die Kacke drang durch die Poren der Haut. Die Kacke vermischte sich mit dem Blut. Weit hinten auf der Zunge lag ein schwacher, aber anhaltender Geschmack nach Hundekacke. Hundekacke und ein wenig Zitrone.
Mik wand den Bodenlumpen über dem Einer aus. Die Kunst bestand darin, aufzuwischen, ohne etwas zu verschmieren. Das verlangte nach einer gewissen Technik, sonst war die ganze Bescherung rasch über den ganzen Käfigboden verteilt. Um dies zu bewältigen, musste der Kopf sich einbilden, es wäre Farbe oder schlecht gewordene Erbsensuppe. Bloß nicht daran denken, dass das hier durch das Gedärme der Köter gewandert war, die es dann gekrümmt aus sich rausgepresst hatten. Am besten, man dachte an etwas ganz anderes: Was Pi jetzt wohl macht? Vielleicht badet sie im Selet. Wie es dort wohl im Sommer aussieht? Vielleicht badet sie nackt? Wie mochte sie nackt aussehen? Das konnte er sich nicht vorstellen, und dass er überhaupt daran dachte, brachte ihn durcheinander.
Mik wusch den Bodenlumpen und den Mopp aus und spülte den Eimer sauber. Dann fuhr er den Schubkarren hinaus und leerte ihn auf dem Hundescheißhaufen hinterm Hühnerstall aus. Jetzt hatte er vierundzwanzig Stunden, bevor er wieder Hundekacke scheuern musste. Von Freiheitsgefühl erfüllt rannte er zum See hinunter. Atmete tief und lang ein, lüftete die Lungen.
Louise kam vom Strand geritten. Mik blieb jäh stehen, sie hielt das Pferd direkt vor ihm an. Es war groß. Glänzend, nass,schwarz und groß. Louise saß hoch oben, blond in einem weißen, nassen Hemd. Das Pferd stampfte und schnaubte. Die großen Hufe waren sehr nah. Mik trat zurück. Sie starrte ihn an und schwang die Reitpeitsche seitwärts: »Sieh zu, dass du ersäufst!«
Er stieg in den Graben, und sie ritt vorbei.
Die Sonne stand hoch über dem See, das Wasser glänzte blank wie geschmolzenes Zinn. Ein paar Enten flatterten aus dem Schilf und flogen mit sausenden Flügelschlägen davon. Mik schob das Kanu ins Wasser, kletterte geschickt hinein und glitt lautlos auf den See hinaus. Kleine Fische schnalzten an die Oberfläche. Aus der Ferne war Geschrei und Gelächter von badenden Kindern zu hören. Mik legte das Paddel über die Knie. Kaltes Wasser tropfte auf seine Beine. Das Kanu trieb von alleine, er hielt die Hand ins Wasser. Es war kühl.
Irgendwo gibt es einen kleinen Fluss mit einer steinernen Brücke, wie in Die Brüder Löwenherz . Dort werde ich sitzen und auf Tony warten. Vielleicht zehn Jahre lang, vielleicht dreißig, aber für mich wird es wie ein Atemzug sein. Und wenn er kommt, werden wir miteinander in diesem Fluss angeln. Die Blütenblätter schneien aus den Kirschbäumen auf uns herab. Sie bleiben in den Haaren hängen, da muss Tony lachen. Ich werde auf Tony warten, und dann werden wir angeln. Sie steht mit ihrem grünen Schirm vor dem Haus, und Tony sagt: »Wohnen wir hier?«
»Ja, das ist unser Haus.«
Und sie hat Pfannkuchen gebacken, die auf uns warten.
Wie weit ist es bis Nangijala?
Er war schon ein gutes Stück hinausgetrieben. Hier draußen war er frei. Er streckte
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