Ihr letzter Tanz
Phantasie mit ihr durchgegangen war.
„Was ist?“ wollte er plötzlich wissen.
Sie sah auf, er stand gegen die Wand gelehnt da und versuchte, einen Blick in ihre Augen zu erhaschen, doch sie schaute sofort zu Boden. „Nichts“, antwortete sie kopfschüttelnd.
„Irgendwas ist doch.“
Er würde nicht nachgeben, also drehte sie den Spieß um. „Welchen Fehler hast du beim FBI gemacht?“
Quinn schien auf einmal so verärgert, als wolle er ihr sagen, sie solle sich um ihre eigenen Angelegenheiten kümmern.
„Ich war bei den Profilern.“
„Bei den Profilern?“ Sie konnte sich nicht erklären, warum es sie so überraschte, dass sein Problem dort lag. Vielleicht war sie eher davon ausgegangen, dass er bei einem Einsatz die falsche Person erschossen hatte oder dergleichen.
„Genau. Es gab da einen Fall in Indiana, bei dem ich zu einer völlig falschen Einschätzung gelangte. Ich war sicher, dass der Mörder Ende zwanzig, Anfang dreißig war, dass er einen ganz gewöhnlichen Job ausübte, vielleicht sogar verheiratet war. Man nahm einen Mann fest, auf den diese Beschreibung passte.“
„Und?“
„Die Leute glaubten, es sei vorüber, aber am nächsten Tag wurden wieder zwei Frauen ermordet aufgefunden. Diesmal hatte der Täter ein Beweisstück verloren – seine Brieftasche. Es stellte sich heraus, dass er fünfzig Jahre alt war und als leitender Angestellter bei einer Bank arbeitete.“
„Aber Profiling ist doch keine exakte Wissenschaft. Du kannst doch nur mit den Dingen arbeiten, von denen du etwas weißt.“
„Vielleicht war es ja genau das. Ich hatte das Gefühl, meine Arbeit sei nutzlos. Also hörte ich beim FBI auf und begann, mit Dane zu arbeiten, einem alten Freund von mir. Ich dachte, wenn ich Leute beobachte und verfolge, kann ich nicht viel verkehrt machen. Das war ein Irrtum. Ich konzentrierte mich auf einen Mann namens Art Durken, der plötzlich seine Frau umbrachte.“
„Nell“, sagte sie leise.
„Ja, Nell. Nett und freundlich, die Sorte Mensch, von der es auf der Welt mehr geben sollte. Aber sie wurde ermordet, und Durken wurde verhaftet. Inzwischen bin ich mir aber nicht mehr sicher, ob Art wirklich der Täter ist. Wenn ich bloß herausfinden können, wer der wahre Mörder ist. Allerdings …“
„Allerdings … was?“
Er sah sie ausdruckslos an. „Na ja, es ist doch eigentlich offensichtlich, oder nicht? Es ist jemand, der auf irgendeine Weise mit dem Studio zu tun hat.“
Sie musste schlucken. „Das muss nicht zwangsläufig der Fall sein.“
„Du möchtest nicht, dass es der Fall ist“, korrigierte er sie.
Wieder sah sie ihn an. „Manche Morde werden nie aufgeklärt.“
„Das sollte hier besser nicht passieren. Als Doug mich dazu überredete, herzukommen, da sagte er, er habe Angst, es könne noch jemand sterben. Ich glaube, er hatte damit Recht.“
„Lernt man so Heber – indem man sich intensiv unterhält?“ warf Rhianna ein, als sie zu ihnen kam. „Shannon, willst du etwas einlegen, oder kann ich einen Cha-Cha-Cha laufen lassen?“
„Mach ruhig, kein Problem.“
Rhianna legte eine andere CD ein und kehrte auf die Tanzfläche zurück.
„Ich fahre dir und Marnie heute Abend nach, wenn ihr nach Hause zurückkehrt“, erklärte Quinn.
„Das wird so gegen zehn sein“, erwiderte sie. So schön es auch war, einem anderen Menschen ein besseres Leben zu ermöglichen, wünschte sie sich im Moment nichts sehnlicher, als keine Mitbewohnerin zu haben.
„Okay, dann achte ich darauf, dass ihr sicher zu Hause ankommt.“
„Ich habe jetzt eine Alarmanlage, wie du sicher weißt“, entgegnete sie.
„Das ist bestimmt großartig, aber erst, sobald du
im
Haus bist.“
Seine Stunde war um. Er gab ihr die obligatorischen Wangenküsse, dann ging er.
Danach schien sich der Tag endlos hinzuziehen, obwohl sie sich immer wieder neuen Schülern widmete.
Am Abend dachte sie noch gerade rechtzeitig daran, denjenigen, die an der Gator Gala teilnahmen und bei der Bootsfahrt mitkommen wollten, mitzuteilen, dass sie sich um sieben Uhr im Hafen einfinden sollten.
Sie dachte bereits, Quinn hätte sie vergessen, doch als sie abschloss, war er zurück. Da Gordon genau wusste, womit Quinn seinen Lebensunterhalt verdiente, schien es ihm nichts auszumachen, dass er da war, um Shannon sicher nach Hause zu bringen.
Quinn stieg nicht aus, als sie vor ihrem Haus ankamen, sondern wartete, bis sie nach drinnen gegangen waren, winkte kurz und fuhr weiter.
Und dieser Mann sollte in
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