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Ihr liebt sie nicht: Psychothriller (German Edition)

Ihr liebt sie nicht: Psychothriller (German Edition)

Titel: Ihr liebt sie nicht: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Belinda Bauer
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behandeln.
    47
    Während Steven zusah, wie Jonas Holly die Hand nach den Butterblumen ausstreckte wie ein ausgehungerter, aber sanftmütiger Affe, musste er sich immer wieder ins Gedächtnis rufen, dass Jonas seine Frau ermordet hatte.
    Er dachte an Em und fragte sich, ob Jonas und Lucy Holly wohl je so glücklich gewesen waren, so verliebt. Erinnerte sich Jonas Holly daran, wie sich der Rücken seiner Frau unter seinen Händen angefühlt hatte, oder an das erste Mal, als er ihre Brüste in ihrem BH gesehen hatte?
    Jonas’ Magen grummelte, und er legte die Hand unterhalb der Rippen auf den Bauch und verzog das Gesicht. Es war eine große Hand, doch sie verbarg die Narben nicht vollständig. Sie wanden sich trotz allem darunter hervor, wie dunkle Maden, die aus seiner Faust entwischten. Steven hatte eine Narbe mitten auf dem Rücken, die dem Riss in seinem Liverpool-Trikot entsprach; dort hatte Arnold Avery ihn mit einem Spaten niedergeschlagen. Körperlich konnte er sich nicht mehr an den Wundschmerz erinnern, doch er wusste noch, dass es erst wehgetan und dann gejuckt hatte, und dann war es zu einem dumpfen, vergehenden Schmerz geworden, der monatelang angehalten hatte. Er hatte sich verdreht und verrenkt, um die Narbe im Badezimmerspiegel zu betrachten. Groß war sie nicht – einfach nur ein rotes Mal auf seinem Rücken, das im Laufe der Jahre zu Rosa verblasst war. Kein Vergleich mit den gezackten Wülsten, die sich kreuz und quer über Jonas Hollys Bauch zogen. Er versuchte, sich nicht auszumalen, wie weh das getan haben musste.
    Mit einem zornigen Ruck hoffte er, dass sie immer noch wehtaten.
    »Warum haben Sie sie umgebracht?«
    Jonas machte ein verdutztes Gesicht. »Wen?«
    »Ihre Frau natürlich!«
    Jonas schwankte im Sitzen zurück. Irgendwo weit weg konnte er das klagende Muhen einer Kuh hören. Er schaute auf Stevens Mund, wie um zu überprüfen, dass der Junge tatsächlich gesprochen hatte und dass dies hier nicht alles in seinem Kopf ertönte, zusammen mit seinem schuldbewussten Herzschlag.
    Er hatte Lucy nicht getötet. Das war die Wahrheit.
    Da war er sich ganz sicher.
    Er erinnerte sich an das Messer. Er erinnerte sich an das Blut. Es gab ein paar Dinge, die er nicht mehr wusste, und ein paar, die er nicht mehr wissen wollte, doch nie im Leben hätte er Lucy umbringen können. Es auch nur abzustreiten, schien schon zu viel für ihn zu sein. Sein Unterkiefer arbeitete, doch kein Laut kam heraus.
    Steven lehnte sich ans Gitter und fragte kalt: »Haben Sie sie nicht mehr geliebt?«
    »Ich liebe sie immer noc h !« Die Worte brachen so schnell aus Jonas hervor, dass es war, als hätten sie schon immer dort gelebt, ganz hinten in seiner Kehle, und sich danach gedrängt, gehört zu werden.
    »Aber Sie haben sie geschlagen. Sie hätten sie doch nicht geschlagen, wenn Sie sie geliebt hätten.«
    »Das ist eine Lüge«, verwahrte sich Jonas. »Das ist eine Lüge.«
    »Ich hab’s mit eigenen Augen gesehen«, erwiderte Steven.
    Steven merkte, dass er angesichts seiner eigenen Kühnheit zitterte. Jonas starrte ihn an. Nein, er starrte ihn nicht an – er starrte durch ihn hindurch.
    »Du hast gesagt, Lucy hat dir Geld gegeben, an dem Abend, an dem sie umgekommen ist.«
    »Und?«
    »Warum hat sie das getan?« Jonas sprach stockend; auf seinem Gesicht lag ein kleines Stirnrunzeln – als suche er beim Sprechen Lösungen für all die Ungereimtheiten.
    »Ich weiß nicht«, antwortete Steven argwöhnisch. »Davor hatte sie das noch nie gemacht.«
    »Vielleicht«, sagte Jonas, »vielleicht … hat sie ja gewusst, dass sie sterben würde.«
    Steven schwieg, doch irgendetwas an Jonas’ Worten – oder an der Art und Weise, wie er das sagte – füllte sein Herz bis zum Rand mit Trauer. Oder mit Grauen. Oder mit einer Mischung aus beidem. So oder so, er hatte das ungute Gefühl, dass sich gleich etwas ergeben würde, worüber er keinerlei Kontrolle hatte. Er wandte sich vom Gitter ab und hoffte, dass das den Mann davon abhalten würde weiterzusprechen.
    Doch es hielt ihn nicht davon ab.
    »Wer weiß denn, dass er ermordet werden wird, Steven?«, fragte Jonas mit einem leisen Stocken in der Stimme. »Hast du es gewusst?«
    Gänsehaut überzog Stevens warmen Körper.
    Er hatte nicht gewusst, dass Arnold Avery ihn töten würde. Wenn er gewusst hätte, dass er nicht zurückkommen würde, hätte er sich besser vorbereitet – er hätte Davey die fünf Pfund gegeben, die er im Schuppen versteckt hatte, hätte seiner Mutter

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