Ihr liebt sie nicht: Psychothriller (German Edition)
sie solle gefälligst auf ihre Scheißtöle aufpassen, als Blue Boy dem Tier gerade bei einem unbedachten Galopp über den Sportplatz auf die Pfote getreten war …
Wenn DI Reynolds ihn jetzt um eine zweite Liste bat, wäre er gezwungen, eine Datenbank anzulegen. Oder Rachel darum zu bitten, weil er nie bereit gewesen war, sich mit dem Computer abzugeben, und sie mit mehr als einem Finger tippen konnte …
Musste er sie deswegen auch auf die Liste setzen?
Oder hasste sie ihn bereits wegen irgendetwas, was ihm noch nicht eingefallen war?
Wie viele andere hassten ihn sonst noch? Das war die Frage, zu der er immer wieder zurückkehrte.
Jetzt saß Took auf der Bettkante und starrte die Sterne an. Er fragte sich, ob Jess sie wohl sehen konnte, wo immer sie war.
Wo immer sie war … lag es an ihm?
Steven beobachtete den Huntsman durch den Spalt in der Wand. Das war zu einer Obsession geworden. Es war ein seltsamer Trost zu wissen, dass er noch da war – dass er nicht aus diesem Wahn in einen anderen abgedriftet war, der ihn sie alle vergessen ließ, so dass sie in ihren Zwingern verdursteten. Sie hassten ihn, doch er war alles, was sie hatten – und sie fürchteten seine Abwesenheit noch mehr als seine wahnsinnige Gegenwart.
Trotzdem wurde es zunehmend schwieriger, am Leben zu bleiben. Obwohl die Tage noch immer heiß und trocken waren, waren die Nächte plötzlich erst kühl und dann kalt geworden. Jeden Morgen wachte Steven trotz des Strohs auf seinem Bett steif und mit schmerzenden Gliedern auf, wie ein alter Mann. Er hatte Mitleid mit Jonas, da draußen auf dem nackten Beton, und fragte sich, wie lange er wohl überleben konnte, wenn nur seine eigene Körperchemie ihn warm hielt.
Das Fleisch, das der Huntsman jeden Tag in ihre Zwinger schmiss, taugte nichts. Die Stücke waren kleiner, und an manchen Knochen war kaum Fleisch dran, nur Fett oder Knorpel, und manchmal schmeckte es, als würde es bereits verderben.
Die Kinder fingen jetzt alle an, Blumen und Blätter zu essen, wenn sie hinausgingen, und sie brachten immer etwas für Jonas mit. Doch es reichte nicht aus, und sie mussten von den Knochen abnagen, was sie konnten.
Charlie wurde krank. Achtundvierzig Stunden lang krümmte er sich stöhnend über dem Abfluss im Boden seines Zwingers, während sich das verdorbene Fleisch schwallweise aus seinem zitternden Körper entleerte.
Nach den heftigen Krämpfen kroch er jedes Mal über den Betonboden und legte sich statt auf sein Strohbett zusammengerollt an den Zaun neben Jonas, der ihm übers Haar strich und die Hand hielt, die Charlie ihm durch den Maschendraht entgegenzwängte. Jonas murmelte tröstende Worte oder sang in leiser, hypnotisierender Endlosschleife »Häschen in der Grube«.
Fraß total schief …
Bob Coffin kam oft – er machte sauber und versuchte, Charlie Huhn und Reis zu geben, obwohl der Junge sich von ihm wegdrehte und den kaltschweißigen Kopf schüttelte.
»Er ist kein Hund«, sagte Jonas. »Das wissen Sie doch, nicht wahr? Er braucht einen Arzt, kein Huhn mit Reis.«
Der Huntsman beachtete ihn nicht. Natürlich nicht.
Später kam er mit einem Eimer und einem Bündel unter dem Arm zurück und zog Charlie die fleckige Unterhose herunter.
»Was machen Sie da?« Jonas’ Stimme war vor Anspannung so gepresst, dass er sie selbst kaum hören konnte. Er drückte Charlies Hand so fest, dass der Junge aufquiekte.
Coffin sagte nichts. Mit einem Schwamm und einer Flasche Sagrotan-Waschlösung wusch er Charlie mit der Effizienz eines Leichenbestatters ab, dann öffnete er eine Packung mit frischen Unterhosen und zog dem kranken Jungen eine an. Er schüttelte eine alte Decke voller Strohhalme aus und stopfte sie um ihn herum fest.
Jonas beobachtete jede seiner Bewegungen mit Adleraugen.
»Kann ich auch eine Decke haben?«, fragte Jess, doch Coffin ignorierte sie.
»Braver Junge, Charlie«, sagte Coffin, und Jonas kamen vor Erleichterung die Tränen, als der Huntsman die knochige Schulter des Jungen tätschelte und die Zwingertür hinter sich schloss.
Als Nächstes machte Coffin sich daran, Jonas’ Zwinger sauber zu machen. Die mittlerweile vertrauten Geräusche drangen an Jonas’ Ohren, die Schaufel, die über den Boden kratzte, das Schwappen des Desinfektionsmittels, der Schlauch im Wassereimer.
»Sie sollten Charlie freilassen«, sagte er leise.
Bob Coffin ließ durch nichts erkennen, dass er ihn gehört hatte, doch er nahm den Besen zur Hand, der punktförmige Blutergüsse in
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