Ihr stolzer Sklave
dass Kieran aufgab und starb. Das war zu leicht. Das war der Weg eines Feiglings.
Nein, wenn er seine Buße erlitten hatte, würde er leben. Dreizehn Wochen Buße, entschied er, eine für jedes Lebensjahr seines Bruders. Es interessierte ihn nicht, dass Davin ihm die Freiheit versprochen hatte. Wenn die Zeit gekommen war, würde er sein Schicksal selbst in die Hand nehmen.
Kieran studierte die Landschaft, prägte sich ein, wo es Wasser gab, und machte sich mit dem Gelände vertraut. Bei Lughnasa, er würde wieder zu Kräften kommen und fliehen können, ohne gefunden zu werden. Er würde herausfinden, wo die Männer des Stammes ihre Waffen und Vorräte aufbewahrten.
Sie zogen durch eine Senke auf einen anderen Wald zu. Die flachen Wiesen erstreckten sich in ein enges, bewaldetes Gebirgstal. Nach einiger Zeit ließ Davin sein Pferd langsamer gehen. „Ließen die Händler dich hungern, bevor sie dich hierherbrachten?“
„Meine Lust war nicht sehr groß, etwas zu essen.“ Er hatte versucht, das Essen zu verweigern, doch zur Strafe drohten sie ihm, ein kleines Mädchen vor seinen Augen auszupeitschen. „Wenn du nicht isst, wird sie den Preis dafür zahlen“, hatte sein Herr erklärt. Obwohl sein eigensinniger Körper gegen die Nahrung rebellierte, hatte Kieran das alte Brot und das Wasser hinuntergewürgt. Damals hatte er verstanden, dass er für diese Männer einen Wert besaß. Und er verfluchte sich dafür, dass er das Mädchen nicht hatte befreien können.
„Ich schickte dir Proviant“, sagte Davin. „Und ich erwarte von dir, dass du ihn auch verzehrst. Einen schwachen Sklaven kann ich nicht brauchen.“ Kieran ballte zur Antwort auf diese Beschuldigung die Fäuste. Worte des Widerspruchs formten sich in seinem Kopf, aber er schluckte sie hinunter.
Davin sagte die Wahrheit. Er war wirklich nichts anderes als ein geschwächter Sklave. Nichts als der Schatten jenes Kriegers, der er einmal gewesen war.
Doch all das würde sich ändern. Er wartete, dass sein Zorn nachließ, wollte er doch seine Strafe annehmen.
„Hast du nichts zu sagen?“, wollte Davin wissen.
„Ich habe die Speisen erhalten.“ Er hob den Kopf und erwiderte den forschenden Blick seines Herrn. Er machte keine Versprechungen, noch sagte er ein Wort des Dankes.
Davins Hand fuhr an das Schwert an seiner Seite. Es war eine stumme Drohung, aber eine, die Kieran sehr wohl verstand.
„Du warst einmal ein Krieger“, stellte sein Herr fest. „Kein fudir würde ein solch stolzes Betragen zeigen.“
Als Kieran nicht widersprach, knurrte Davin: „Ich habe mir so etwas gedacht.“ Mit der Hand bedeutete er dem Sklaven, sich zu den anderen zu gesellen. „Du wirst einige Zeit unter uns leben. Du solltest dich mit den anderen Männern unseres Ringwalls bekannt machen.“
„Sie müssen mich nicht kennen, noch ich sie.“ Kieran behielt den Blick auf den vor ihnen liegenden Wald gerichtet. „Ich bin ein Sklave. Mehr nicht.“ Und in dreizehn Wochen würde er von diesem Ort verschwunden sein.
Davin zügelte sein Pferd und stieg aus dem Sattel. „Wenn du die Brauttruhe zu meiner Zufriedenheit vollendest, kannst du wieder deine Freiheit erhalten. Wir könnten einen Holzschnitzer gut gebrauchen.“ Kieran ließ sich keine Regung anmerken. Er wollte nicht an ihrem Leben teilhaben. Diese Männer waren nicht seine Stammesbrüder. Er verschränkte die Arme. „Was sind deine Befehle?“
Davins Hand griff nach dem Messer an seinem Gürtel. Er nahm es aus der Scheide und hielt es Kieran hin, den Griff ihm zugewandt. Einem Sklaven ein Messer zu geben war eine Geste des Vertrauens.
„Du wirst das Wild ausnehmen, das wir erjagen, und es zurück zum Ringwall bringen“, sagte er.
Kieran steckte das Messer in seinen Gürtel und führte Davins Wallach fort. Endlich hatte sich die Gelegenheit ergeben, dass er allein sein konnte.
Sein Herr begab sich zu den anderen, und die Männer gingen weiter in den Wald hinein, während Kieran im Umkreis wartete.
Nach einer Stunde suchte Kieran einen kleinen Bach auf, den er gehört hatte, und legte in seiner Nähe Schlingen aus. Danach kehrte er zu den Pferden zurück und erkundete die weitere Umgebung.
Die Landschaft auf der Halbinsel war wunderbar. Wald bedeckte die Hügel. Berge, gelb von wildem Ginster, bildeten den markanten Hintergrund für eine tiefblaue See.
Er fragte sich, ob Davin einen Ort wie diesen aufsuchte, zusammen mit
Weitere Kostenlose Bücher