Ihr stolzer Sklave
die Fackel gegen einen der Nordmänner und benutzte das Messer, um seinem Feind das Leben zu nehmen. Als der Plünderer fiel, ergriff Kieran das doppelschneidige Schwert und bahnte sich den Weg in die Freiheit. Rechtzeitig verschwand er über die Rückseite des Hügels.
Hagen stellte sich ihnen zur Seite. Da bemerkte Orin, dass der Sklave nicht mehr da war. „Wo ist Kieran?“, fragte er.
„Er … er ist zu Davin und den anderen Männern gegangen, um mit ihnen zu kämpfen.“
Orin nickte zufrieden. „Gut. Davin kann ihn an seiner Seite gebrauchen.“ Iseult versuchte ein Lächeln, aber sie konnte keines auf ihre Lippen zaubern. Hagen drehte sich zu den beiden um. Das lange graue Haar fiel ihm auf die breiten Schultern. Er schob sich den Bogen über einen Arm und zeigte auf das, was von der Schlacht noch übrig war. „Dieser Sklave war ein Krieger. Merkt euch meine Worte. Der hat solche Kämpfe oft erlebt.“
„Das glaube ich auch.“ Orin ließ seinen Bogen sinken, und sie standen da und beobachteten die letzten Scharmützel. Der feurige Ring brannte zwar noch, aber Iseult erkannte jetzt, dass die Männer von Davin einen flachen Graben ausgehoben hatten, um zu verhindern, dass die Flammen sich ausbreiteten.
Ihre Knie begannen zu zittern, und sie musste sich an die Palisade lehnen. Kieran war wirklich gegangen. Allein der Gedanke daran ließ sie innerlich erstarren. Obwohl er nur wenige Woche bei ihrem Stamm verbrachte, hatte er einen Teil ihres Wesens geweckt, der bislang tief in ihrem Innern verborgen war. Sie wollte weinen, doch sie wusste, dass sie nicht beklagen durfte, was nie würde sein können. Gegen die Palisadenwand sinkend, schloss sie die Augen vor den letzten Kämpfen.
Am liebsten wäre sie einfach verschwunden.
Niamh trat mit besorgtem Gesicht zu ihr. „Geht es dir gut, Iseult?“ Nein , wollte sie sagen. „Ich bin nur etwas zittrig. Gleich wird es vorbei sein.“
Deena und einige der Frauen warteten Stunden am Tor, bevor die ersten Männer des Stammes kamen, die verwundeten und die toten. Zusammen mit einem halben Dutzend anderer hatte auch Cearul die Schlacht nicht überlebt. Davin humpelte, sein Gesicht war voller Blut und Schmutz, seine Augen blickten erschöpft.
Bei seinem Anblick brach Iseult in Tränen aus. Sie weinte nicht aus Dankbarkeit darüber, dass er noch am Leben war, sondern wegen der schwersten Last, die sie je empfunden hatte. Es war der Zorn auf sich selbst und auf Kieran, weil er fortgegangen war. Und sie weinte aus Trauer um jene, die gestorben waren. Sofort nahm Davin sie in die Arme und murmelte mit leiser Stimme zärtliche Worte des Trostes.
Als der letzte hereingetragen wurde, ließ sein Anblick sie fast zusammenbrechen. Es war Kieran. Sein Gesicht war aschfahl. Ein provisorischer, blutbefleckter Verband bedeckte seine Seite.
„Ist er …?“ Iseult wurde von solchem Entsetzen gepackt, dass sie die Worte kaum herausbrachte.
„Nein. Aber er fing einen Schwerthieb auf, der für mich gedacht war. Hätte er nicht an meiner Seite gekämpft, wäre ich jetzt tot.“ Der Ernst in Davins Stimme ließ erkennen, wie tief er sich in Kierans Schuld fühlte.
Und sie hatte angenommen, er wäre geflüchtet. Iseult zitterten die Knie.
Sie musste sich an Davin klammern, um nicht zu schreien. Verstand und Seele strebten in entgegengesetzte Richtungen. Sie fühlte sich hin und her gerissen zwischen diesen Männern, die ihr beide etwas bedeuteten.
„Auch wir wären gestorben, wenn er nicht gewesen wäre“, brachte sie mühsam hervor. „Die Plünderer durchbrachen die Reihen deiner Männer und griffen uns an.“
„Wir sahen die Feuer. Gott sei Dank hat er sie entzündet.“ Davin führte sie fort von dem Verwundeten. „Als Dank für das, was er hier getan hat, werde ich ihm die Freiheit schenken.“
Wieder liefen ihr die Tränen über die Wangen. Sollte Kieran nicht überleben, hatte auch seine Freiheit keine Bedeutung mehr.
Als sie bei Davins Hütte angelangt waren, umarmte er Iseult und strich ihr übers Haar. „Aus Dankbarkeit werden wir heute Abend eine heilige Messe feiern. Auch, um an die Gefallenen zu erinnern.“
Iseult konnte nicht aufhören zu weinen. Es war nicht richtig, Davin zu heiraten, jetzt nicht mehr. Aber wie sollte sie es ihm erklären? Es war ja nicht so, dass Kieran sie wollte. Er hatte noch nicht einmal vorgeschlagen, sie mit sich zu nehmen. Iseult war von tiefem Schmerz erfüllt,
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