Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ihr wahrer Name

Ihr wahrer Name

Titel: Ihr wahrer Name Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
Vom Netzwerk:
Stock gefahren, ohne mir Bescheid zu sagen? Du warst doch kurz davor bei mir.«
    »Das war ein plötzlicher Impuls, den ich erst im Aufzug hatte. Du wolltest mir die Akte ja partout nicht geben, und ich habe eben gehofft, daß Ms. Ingram sie mir zeigen würde. Können wir jetzt zu Rossy gehen und uns die Akte von ihm holen?«
    »Der Direktor ist heute nach Springfield gefahren. Dort wird der Holocaust Recovery Act vom Banken- und Versicherungsausschuß besprochen. Er wollte dagegen stimmen. Und Rossy hat ihn begleitet.«
    »Ach.« Ich hob die Augenbrauen. »Aber er hat mich für heute abend zum Essen eingeladen.«
    »Wieso denn das?« fragte Ralph alles andere als erfreut.
    »Als er mich gestern angerufen hat, um mich einzuladen, hat er gesagt, es ist, weil seine Frau Heimweh hat und gern Italienisch mit jemandem sprechen würde.« »Denkst du dir das jetzt aus?«
    »Nein, Ralph. Ich hab' mir überhaupt nichts von dem ausgedacht, was ich heute nachmittag gesagt habe. Aber vielleicht hat er die Einladung vergessen. Wann hat er beschlossen, nach Springfield zu fahren?«
    Ralph reagierte immer noch abweisend. »Weißt du, ich bin bloß der Leiter der Leistungsabteilung. Und offenbar nicht mal ein besonders guter, wenn die Leute sich hier einfach aus unseren Aktenschränken bedienen. Mit mir spricht keiner über so wichtige Dinge wie Anhörungen zu Gesetzesvorschlägen. Rossys Büro ist auf der anderen Seite auf diesem Stockwerk. Seine Sekretärin ist wahrscheinlich noch da: Die kannst du fragen, ob er heute abend wieder zurück ist. Ich geh' mit dir rüber, um rauszufinden, ob er die Akte noch hat.«
    »Und ich muß jetzt zu Connie, Mr. Devereux«, sagte Karen Bigelow. »Was soll ich wegen des Mikrofiches unternehmen? Soll ich den Diebstahl dem Sicherheitsdienst melden?«
    Ralph zögerte, dann trug er ihr auf, den Schrank zu verschließen und niemanden in seine Nähe zu lassen. »Gehen Sie morgen alle Schreibtische in Ihrer Abteilung einzeln durch. Vielleicht hat jemand vergessen, das Fiche zurückzugeben. Geben Sie mir Bescheid, wenn Sie es bis zum Abend nicht gefunden haben. Dann informiere ich den Sicherheitsdienst.«
    »Eins noch«, sagte ich, ein wenig ungeduldig. »Die Sache mit Connies Namen in Fepples Terminkalender ist ernst. Wenn sie sich nicht selbst mit ihm verabredet hat, dann hat sich jemand anders ihres Namens bedient. Was bedeutet, daß dieser Jemand weiß, in welcher Abteilung sie arbeitet. Und das wäre ein sehr kleiner Kreis, besonders, wenn ich wegfalle.«
    Ralph schob den Knoten seiner Krawatte hoch und rollte seine Ärmel herunter. »Was du jedenfalls behauptest.«

29
    Ein merkwürdiges Gespann
    Wir fanden Rossys Sekretärin im Konferenzzimmer des Direktors, wo sie mit dessen Sekretärin, dem Leiter der Marketing-Abteilung, den ich bei der Feier zum hundertfünfzigjährigen Bestehen der Ajax kennengelernt hatte, sowie fünf anderen Leuten, die mir nie vorgestellt wurden, die ersten Abendnachrichten im Fernsehen verfolgte.
    »Wir fordern einen Boykott aller Ajax-Versicherungen durch die jüdische Gemeinde in Amerika«, sagte Posner gerade in die Kamera. »Preston Janoff hat heute die gesamte jüdische Gemeinde und das Andenken der Toten durch seine Bemerkungen in Springfield beleidigt.«
    Nun erschien Beth Blacksins Gesicht auf dem Bildschirm. »Preston Janoff ist Direktor der Ajax-Versicherungsgruppe. Er hat heute gegen einen Gesetzentwurf gestimmt, der vorsieht, daß Lebensversicherungsgesellschaften ihre Unterlagen durchgehen, um festzustellen, ob sie noch ausstehende Verpflichtungen gegenüber Familien von Holocaust-Opfern haben.«
    Jetzt ging die Kamera wieder auf Janoff, der vor der legislativen Kammer in Springfield stand. Er war großgewachsen, hatte silbergraue Haare und trug einen anthrazitfarbenen Anzug, der Trauer andeutete, ohne sie zu betonen.
    »Wir verstehen den Schmerz derjenigen, die geliebte Menschen während des Holocaust verloren haben, aber wir sind auch der Ansicht, daß es eine Beleidigung der afroamerikanischen, der indianischen und anderer Gemeinden darstellen würde, die in diesem Land Schlimmes erduldet haben, wenn wir Menschen, deren Familien in Europa getötet wurden, eine besondere Behandlung zuteil werden ließen. Außerdem hat die Ajax in den letzten Jahrzehnten vor dem Zweiten Weltkrieg in Europa keine Lebensversicherungen verkauft. Wenn wir nun auf den Verdacht hin, daß eine oder zwei Policen gefunden werden, unsere gesamten Akten durchgehen würden, wäre das

Weitere Kostenlose Bücher