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Ihr wahrer Name

Ihr wahrer Name

Titel: Ihr wahrer Name Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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gern die Kontrolle hast. Lies erst mal ein paar von den Artikeln über die Angriffe von Planted Memory gegen sie, die du mir ausgedruckt hast, ja? Dann begreifst du, wie vernünftig es von ihr ist, vorsichtig zu sein.«
    Er schwieg, als der Aufzug unten ankam und wir uns an einer Gruppe von Leuten vorbeidrängten, die einsteigen wollten. In der Hoffnung, Paul Radbuka unter ihnen zu entdecken, ließ ich den Blick über sie schweifen. Hatten sie vor, sich das Fett absaugen zu lassen oder sich einer Wurzelbehandlung zu unterziehen? Welcher von ihnen war Rhea Wiells nächster Patient? Dann fuhr Don mit dem Gedanken fort, der ihn am meisten beschäftigte: »Wer von den dreien, glaubst du, ist mit Radbuka verwandt? Lotty, Max oder Carl? Für Leute, die sich nur um das Wohlergehen ihrer Freunde Sorgen machen, klingen sie ganz schön kratzbürstig.« Ich blieb hinter dem Zeitungskiosk stehen, um ihn verständnislos anzustarren. »Ich denke, keiner von ihnen ist mit Radbuka verwandt. Deswegen ärgert's mich ja so, daß Ms. Wiell jetzt den Namen von Max hat. Ja, ja, ich weiß«, fügte ich hinzu, als ich sah, daß er etwas sagen wollte, »du hast ihn ihr nicht gegeben. Aber sie ist so auf das Wohlergehen ihres Vorzeigepatienten fixiert, daß sie gar nicht mehr auf die Idee kommt, das anderer Leute in Betracht zu ziehen.«
    »Warum sollte sie auch?« fragte er. »Ich meine, ich verstehe ja, daß du wünschst, sie würde Max oder Dr. Herschel gegenüber genausoviel Mitgefühl zeigen wie Paul Radbuka, aber wieso sollte sie sich über eine Gruppe von Leuten, die sie nicht kennt, so viele Gedanken machen? Außerdem hat sie mit Radbuka ein so aufregendes Projekt, daß mich ihr Verhalten nicht wundert. Wieso reagieren deine Freunde eigentlich so zurückhaltend, wenn's nicht mal um ihre eigene Familie geht?«
    »Du lieber Himmel, Don - du hast doch fast so viel Erfahrung mit Kriegsflüchtlingen wie Morrell. Wahrscheinlich kannst du dir vorstellen, wie es gewesen sein muß, mit einer Gruppe von Kindern in London zu sein, die alle die gleichen traumatischen Dinge erlebt hatten - zuerst mußten sie ihre Familien zurücklassen und selbst in ein fremdes Land mit fremder Sprache reisen, um dann - und das war das noch größere Trauma - zu erfahren, auf wie schreckliche Weise ihre Angehörigen gestorben waren. Ich glaube, so etwas führt zu einem Zusammengehörigkeitsgefühl, das viel stärker ist als Freundschaft. Die Erfahrungen der anderen mußten einem da zwangsläufig wie die eigenen erscheinen.«
    »Vermutlich hast du recht. Natürlich ist das so. Aber ich möchte mit Rhea die Geschichte des Jahrzehnts machen.« Er schenkte mir ein entwaffnendes Grinsen und holte die halbgerauchte Zigarette aus seiner Tasche. »Solange ich nicht beschlossen habe, mich durch Rhea von meiner Sucht kurieren zu lassen, muß ich ihr noch frönen. Würdest du mit mir rüber ins Ritz gehen, mir bei einem Glas Champagner Gesellschaft leisten und mir nur einen kurzen Moment die Begeisterung über mein Projekt gönnen?«
    Mir war noch immer nicht nach Feiern zumute. »Laß mich schnell mit meinem Anrufbeantwortungsdienst telefonieren. Du kannst ja schon mal zum Hotel vorgehen. Ich komme dann auf ein Gläschen nach.«
    Weil der Akku meines Handys leer war, ging ich zu einem der öffentlichen Telefone. Warum gelang es mir nicht, Don seinen Moment des Triumphs zu gönnen, wie er es ausgedrückt hatte? Stimmte es, daß ich nur deshalb so verärgert war, weil Rhea Wiell mir Radbukas Nummer nicht hatte geben wollen? Aber ihr ekstatischer Blick, wenn sie über den Erfolg ihrer Arbeit mit Paul Radbuka sprach, hatte in mir ein unbehagliches Gefühl erzeugt. Andererseits war dies die Ekstase einer von ihrer Mission Überzeugten gewesen, nicht das triumphierende Grinsen einer Scharlatanin. Warum sträubte sich bloß alles in mir?
    Ich warf Münzen in den Apparat und wählte die Nummer des Beantwortungsdienstes.
    »Vic! Wo hast du bloß gesteckt?« Christie Weddington, die schon länger für den Dienst arbeitete, als ich bei ihm Kunde war, holte mich in die Realität meiner Aufträge zurück.
    »Was ist denn los?«
    »Beth Blacksin hat dreimal angerufen, weil sie einen Kommentar von dir wollte; Murray Ryerson hat zweimal angerufen, und außerdem wären da noch Anfragen von allen möglichen anderen Reportern.« Sie las eine Reihe von Namen und Telefonnummern vor. »Und Mary Louise hat uns mitgeteilt, daß sie die Büronummer auf uns umlegt, weil sie sich vorkommt wie

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