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Ihr wahrer Name

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Titel: Ihr wahrer Name Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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Carl war immer der Meinung, daß meine ausschließliche Beschäftigung mit der Medizin mein Verhalten in eine Richtung verändert hat, die er als grausam empfand... Als ob seine eigene Hinwendung zur Musik nicht genauso kompromißlos gewesen wäre.«
    Den letzten Satz murmelte sie ganz leise, als sei er ihr gerade erst eingefallen. Dann verstummte sie. Sie hatte mir nie zuvor auf so emotionale Weise von ihren Verlusten erzählt. Ich begriff nicht, was sie mir über die Person aus der Radbuka-Familie sagen oder nicht sagen wollte, aber als ich merkte, daß sie sich nicht weiter darüber verbreiten würde, konnte ich sie auch nicht drängen. »Weißt du« - ich zögerte und suchte nach der am wenigsten schmerzlichen Formulierung - »weißt du, was Max über die Radbuka-Familie erfahren hat?«
    Sie verzog das Gesicht. »Sie... Max hat keine Spur von ihnen finden können. Aber die Spurensuche damals war nicht leicht, und er hatte nicht viel Geld. Wir haben ihm alle etwas gegeben, obwohl wir auch nicht viel hatten.«
    »Das heißt, als du gehört hast, daß dieser Mann sich Radbuka nennt, muß das ein ziemlicher Schock für dich gewesen sein.«
    Sie sah mich zitternd an. »Das kannst du mir glauben. Es ist mir die ganze Woche nachgegangen. Wie ich Carl beneide, der kann die Welt um sich herum völlig vergessen, wenn er spielt. Vielleicht holt er aber auch die Welt in sein Inneres und bläst sie durch sein Instrument wieder hinaus.« Sie wiederholte die Frage, die sie gestellt hatte, als sie die Videoaufnahme von Paul sah. »Wie alt ist er deiner Meinung nach?«
    »Er sagt, er ist ungefähr mit vier Jahren nach dem Krieg hierhergekommen, das heißt, daß er zwischen 42 und 43 geboren sein muß.«
    »Also kann er nicht - glaubt er, daß er in Theresienstadt zur Welt gekommen ist?«
    Ich zuckte mit den Achseln. »Ich weiß auch nur das aus dem Interview am Mittwoch abend. Ist Theresienstadt das gleiche wie das, was er >Terezin< nennt?«
    »>Terezin< ist der tschechische Name, eine alte Festung außerhalb von Prag.« Und mit völlig unerwartetem Humor fügte sie hinzu: »Das ist österreichischer Snobismus, den deutschen Namen zu benutzen - ein Überbleibsel aus der Zeit, als Prag noch Teil des Habsburgerreiches war und alle Deutsch sprachen. Dieser Mann heute abend legt Wert darauf, uns mitzuteilen, daß er Tscheche ist, nicht Deutscher, wenn er >Terezin< sagt.«
    Wieder herrschte Schweigen. Lotty war in ihre eigenen Gedanken vertieft, wirkte aber entspannter und weniger gequält als in den Tagen zuvor. Ich erklärte ihr, ich wolle nach oben gehen, um zu sehen, was ich von Radbuka erfahren könne.
    Lotty nickte. »Wenn's mir wieder bessergeht, komme ich vielleicht auch rauf. Aber zuerst werde ich, glaube ich, noch ein bißchen hier liegenbleiben.«
    Ich vergewisserte mich, daß sie gut zugedeckt war, bevor ich das Licht ausschaltete. Als ich die Türen des Wintergartens hinter mir schloß, sah ich über den Flur hinweg ins vordere Zimmer, wo sich immer noch ungefähr ein Dutzend Leute beim Brandy unterhielt. Michael Loewenthal saß auf dem Klavierhocker, Agnes auf seinem Schoß. Alle waren glücklich. Ich ging die Treppe hinauf. Max' Arbeitszimmer war ein großer Raum mit Blick auf den Lake, voller Ming-Vasen und Tang-Pferde. Es befand sich im ersten Stock, am weitesten entfernt von dem Raum, in dem die Kinder Videos anschauten; Max hatte sich dieses Zimmer ausgesucht, als seine eigenen beiden Kinder noch klein waren, denn es lag ein wenig abseits vom Rest des Hauses. Als ich die Tür hinter mir schloß, drangen keine Geräusche von draußen mehr herein. Morrell und Don begrüßten mich mit einem Lächeln, doch Paul Ulf-Radbuka wandte enttäuscht den Blick ab, als er sah, daß ich es war und nicht Max oder Carl.
    »Ich begreife nicht, was los ist«, sagte er mit jämmerlicher Stimme. »Schämen die Leute sich denn, mit mir gesehen zu werden? Ich muß mit Max und Carl sprechen. Ich muß herausfinden, wie wir verwandt sind. Carl oder Max würde sicher gern erfahren, daß er einen überlebenden Verwandten hat.«
    Ich schloß die Augen, als könnte ich so seine übertriebene Emotionalität ausblenden. »Versuchen Sie, sich zu entspannen, Mr... äh. Mr. Loewenthal kommt zu Ihnen, sobald er seine Gäste allein lassen kann. Vielleicht begleitet ihn auch Mr. Tisov. Kann ich Ihnen ein Glas Wein oder etwas ohne Alkohol bringen?«
    Er sah voller Sehnsucht in Richtung Tür, merkte aber offensichtlich, daß er Carl nicht ohne unsere

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