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Ihr wahrer Name

Ihr wahrer Name

Titel: Ihr wahrer Name Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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der Nase vor mir - hat's mir dann gesagt. Süffisant gegrinst hat sie dabei. Von ihr habe ich erfahren, daß du auf dem Land bist. Von ihr habe ich erfahren, daß du ihr gesagt hast, sie soll deine ganze Post an Ciaire Tallmadge, die Eiskönigin, weiterleiten. Nicht von dir. Ich hab' dich geliebt. Und ich hab' gedacht, daß du mich auch liebst. Aber du hast's nicht .mal fertiggebracht, dich von mir zu verabschieden.«
    Er hielt schwer atmend inne und fügte dann mit bitterer Stimme hinzu: »Bis heute begreife ich nicht, warum du dich von dieser Tallmadge wie ein Hündchen behandeln hast lassen. Sie war so... hochnäsig. Du warst ihr kleines jüdisches Schoßhündchen. Hast du denn nie gemerkt, wie sie auf dich herabgesehen hat? Und der Rest der Familie. Die geistlose Schwester Vanessa und ihr unerträglicher Mann. Wie hieß er noch gleich? Marmalade?«
    »Marmaduke«, sagte Lotty. »Das weißt du ganz genau, Carl. Außerdem hattest du gegen jeden etwas, dem ich mehr Aufmerksamkeit geschenkt habe als dir.«
    »Mein Gott, ihr zwei«, sagte Max. »Ihr solltet rauf zu Calia ins Kinderzimmer gehen. Könnten wir jetzt langsam zum Punkt kommen?«
    »Wie dem auch sei«, sagte Lotty, die wieder rot geworden war, »als ich ins Royal Free zurückgekehrt bin, hatte Ciaire das Gefühl, daß ihre Freundschaft mit mir unpassend ist. Sie... ich hab' nicht mal gewußt, daß sie in Ruhestand gegangen ist, bevor ich's dieses Frühjahr im Mitteilungsblatt des Royal Free gelesen habe.«
    »Und was hatten die Radbukas mit der ganzen Sache zu tun?« fragte Don.
    »Ich bin zu Königin Ciaire gegangen«, fauchte Carl. »Sie hat mir gesagt, sie schickt Lottys Post an eine Postfachadresse auf den Namen Sofie Radbuka in Axmouth. Aber als ich dorthin geschrieben habe, hat man mir die Briefe mit einer Mitteilung auf dem Umschlag zurückgeschickt, daß es dort niemanden mit dem Namen gebe. Ich bin sogar einmal an einem Montag mit dem Zug von London hinausgefahren und fast fünf Kilometer zu Fuß zu dem Cottage gegangen. Im Innern war Licht, Lotty, aber du hast nicht aufgemacht. Ich bin den ganzen Nachmittag dageblieben, doch du hast dich nicht blicken lassen.
    Acht Monate vergingen, und plötzlich war Lotty wieder in London. Ohne mir ein Wort zu sagen. Ohne auf meine Briefe zu antworten. Ohne Erklärungen. Als ob unser gemeinsames Leben nie stattgefunden hätte. Wer war Sofie Radbuka, Lotty? Deine Geliebte? Habt ihr zwei den ganzen Nachmittag da drin gesessen und euch über mich lustig gemacht?«
    Lotty lehnte sich in einen Sessel zurück, die Augen geschlossen, das Gesicht durchzogen von tiefen Falten. So, dachte ich, würde sie wahrscheinlich im Tod aussehen. Bei dem Gedanken wurde mir flau im Magen.
    »Sofie Radbuka existierte nicht mehr, also habe ich mir ihren Namen geborgt«, sagte sie mit matter Stimme, ohne die Augen zu öffnen. »Das mag jetzt dumm klingen, aber damals haben wir alle unerklärliche Dinge getan. Die einzige Post, die ich entgegengenommen habe, war die vom Krankenhaus. Alles andere habe ich ungelesen zurückgeschickt, genau wie deine Briefe. Ich war dem Tod nahe. Ich mußte allein damit fertig werden. Ich habe dich geliebt, Carl. Aber an dem Ort, an dem ich war, konnte niemand mich erreichen. Nicht du, nicht Max, niemand. Als ich mich wieder... erholt... hatte, war ich nicht in der Lage, mit dir zu reden. Es... ich wußte nur, daß ich einen Schlußstrich ziehen mußte. Ich hatte auch nie den Eindruck, daß du untröstlich warst.« Max setzte sich neben sie und nahm ihre Hand, doch Carl erhob sich und lief wütend im Zimmer auf und ab. »Ja, ja, ich hatte Geliebte«, zischte er über ihre Schulter. »Eine nach der anderen, und ich wollte, daß du davon erfährst. Aber es hat Viele Jahre gedauert, bis ich mich wieder verliebt habe, und da war ich dann so aus der Übung, daß es nicht lange gehalten hat.
    Drei Ehen in vierzig Jahren und jede Menge Geliebte dazwischen. Ich habe keinen guten Ruf bei den Frauen in den Orchestern.«
    »Mach mir deshalb keine Vorwürfe«, sagte Lotty kühl und richtete sich auf. »Für deine Handlungen bist du selbst verantwortlich.« ✓
    »Ja, sei du nur so kalt und distanziert wie immer. Der arme Loewenthal, er möchte dich heiraten und begreift einfach nicht, warum du nicht willst. Er weiß noch nicht, daß du aus Skalpellen und Bandagen gemacht bist, nicht aus Herz und Muskeln.«
    »Carl, ich kann für mich selbst sprechen«, sagte Max halb lachend, halb verärgert. »Aber kehren wir in die

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