Ikone der Freiheit - Aung San Suu Kyi
Junta für erforderlich hielt. »Außerdem gibt es in Burma noch immer mehr als 2000 politische Gefangene. Auch sie müssen freigelassen werden«, konstatierte Aung Din.
Eine Sache hatte sich hingegen tatsächlich verändert: Zum ersten Mal seit 1989 konnte sich Aung San Suu Kyi auch außerhalb von Rangun frei bewegen. An Aufgaben fehlte es nicht. Der mächtige, von der NLD vor der Wahl 1990 auf die Beine gestellte Parteiapparat sowie das Netzwerk aus Büros und Aktivisten, das den Wahlsieg der Partei erst möglich gemacht hatte, war von der Militärjunta systematisch zerschlagen worden. Die Anzahl der Büros war stark zurückgegangen, führende Parteimitglieder waren ins Gefängnis geworfen oder unter Hausarrest gestellt worden und die noch aktiven Mitglieder wurden von der USDA und dem militärischen Geheimdienst drangsaliert. Aung San Suu Kyi wählte daher den Weg, den sie schon im Wahlkampf vor 13 Jahren beschritten hatte: Sie ging auf die Straße. Im Laufe einiger Monate besuchte sie Dutzende von Parteibüros in der Gegend von Mandalay und Pegu, im Karen- und im Mon-Staat sowie im Irrawaddy-Delta.
Nun zeigte sich, dass sie nichts von ihrer Popularität eingebüßt hatte. Die ausländischen Diplomaten, die behauptet hatten, sie habe ihre Rolle als politisches Vorbild ausgespielt, lagen falsch. Grundfalsch. Überall in Burma wurde sie von jubelnden Menschenmassen empfangen. An vielen Orten kamen Zehntausende Menschen zusammen, um ihr zuzuhören. Jene Massenbewegung, die die Junta im Wahlkampf 1989 so nervös gemacht hatte, schien wieder aufzustehen.
Ein in Bangkok stationierter schwedischer Diplomat traf nach ihrer Freilassung mit Aung San Suu Kyi zusammen. Sie empfing ihn im Erdgeschoss des Hauses in der University Avenue. Der achteckige, mit Bänken ausgestattete Raum war mit traditionellen burmesischen Stoffen geschmückt. In einer Ecke des Raumes stand überraschenderweise ein Schlagzeug. Nach der Entlassung aus dem zweiten Hausarrest war ihr Haus offenbar zu einem Treffpunkt für die aktiven Parteimitglieder geworden. Als der Diplomat sie fragte, was es mit dem Schlagzeug auf sich habe, erwiderte Suu Kyi, dass die jungen Parteimitglieder gern darauf spielten.
Nach Beschreibung des Diplomaten war Aung San Suu Kyi energiegeladen und voller Hoffung für die Zukunft. Er hatte eine Einladung der schwedischen Außenministerin Anna Lindh im Gepäck, und Suu Kyi schien aufrichtig daran interessiert zu sein, nach Schweden zu reisen. Die beiden trafen im Jahr 2002 zusammen und sprachen unter anderem auch über humanitäre Hilfen für Burma. In den 1990er Jahren hatte Suu Kyi die Weltöffentlichkeit mehrmals eindringlich davor gewarnt, humanitäre Hilfe zu leisten, solange nicht gesichert war, dass die Hilfe auch bei denjenigen ankam, die sie am meisten brauchten. Die ausgeprägte Korruption im Land führte oft dazu, dass Offiziere und Beamte Teile der Hilfen in die eigene Tasche steckten. Jetzt jedoch war Suu Kyi nicht mehr so negativ eingestellt. Sie hatte mehrere Studienbesuche bei Projekten zur Eindämmung der HIV-Infektion absolviert und eingesehen, dass humanitäre Hilfe durchaus begründet und notwendig sein konnte. Außerdem empfahl sie Schweden und anderen Ländern, Austauschstudenten aus Burma aufzunehmen. »Es spielt keine Rolle, ob es sich dabei um Kinder oder Anhänger der Junta handelt«, sagte sie. »Wenn sie im Ausland leben, werden sie ihren Horizont erweitern, und das ist gut für alle Beteiligten.«
Nichtsdestotrotz hielt sie die gegen Burma gerichteten Sanktionen weiterhin für notwendig. Die USA und die EU dürften diese ohne deutliche Zugeständnisse der Junta nicht lockern; und eine der Grundforderungen war die Freilassung von über 2 000 politischen Gefangenen.
Was die politische Freiheit betraf, misstraute Suu Kyi im Grunde den Aussagen der Junta. Derartige Versprechen hatte es schon früher gegeben, und sobald die Forderungen nach politischen Veränderungen zu groß geworden waren, hatten die Restriktionen wieder zugenommen.
Und dieses Mal wurde die USDA, die »volkstümliche« Basis der Junta, zum Werkzeug auserkoren, mit dem die Opposition mundtot gemacht werden sollte. Auf jedem großen NLD -Treffen tauchten Hunderte von gewaltbereiten Schergen auf, oft Kriminelle, die unter der Bedingung, sich der USDA zur Verfügung zu stellen, aus dem Gefängnis entlassen worden waren. Sie riefen Parolen zur Unterstützung des Regimes und verhöhnten Aung San Suu Kyi auf dieselbe Weise wie die
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