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Ikone der Freiheit - Aung San Suu Kyi

Ikone der Freiheit - Aung San Suu Kyi

Titel: Ikone der Freiheit - Aung San Suu Kyi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jesper Bengtsson
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in denen Militärangehörige und deren Familien in der Überzahl waren. Nur sehr wenige aus diesen Kreisen hatten Aung San Suu Kyi öffentlich unterstützt, doch unter dem Schutz des Wahlgeheimnisses hatten ihr viele die Stimme gegeben. Sogar die Soldaten und ihre Offiziere wollten eine Neuordnung Burmas.
    Am Tag nach der Wahl feierten die Menschen im ganzen Land. Alle rechneten damit, dass Aung San Suu Kyi nun freigelassen würde. Paradoxerweise hatte die Gefangenschaft Aung San Suu Kyis genau den Personenkult ausgelöst, den die Junta hatte vermeiden wollen. Sie war zu einer Märtyrerin und einem Symbol des Widerstands geworden.
    »Mein Kandidat hatte ebenfalls einen militärischen Hintergrund«, erzählte Zin Linn, als ich ihn 20 Jahre, nachdem er den Wahlkampf in einem der Wahlkreise in Rangun organisiert hatte, in Bangkok traf. »Das machte die Menschen skeptisch, aber da er Aung San Suu Kyis Kandidat war, stimmten sie schließlich doch für ihn. Jemand erzählte mir, dass er sogar für einen Hund gestimmt hätte, wenn der von Aung San Suu Kyi unterstützt worden wäre.«
    Nach der Wahl folgten zwei Monate der Verwirrung. Die Generäle erschienen angesichts der völlig falsch eingeschätzten Situation wie gelähmt, und draußen auf den Straßen war der erste Siegesrausch von Unsicherheit abgelöst worden. Wieso passierte nichts? Würde die Junta das Wahlergebnis anerkennen oder suchten die Generäle nach einem Vorwand, um den ganzen Prozess für ungültig erklären zu können?
    Eigentlich hätte die NLD in dieser Zeitperiode eine große Chance nutzen können. Sie hätte ein Parlament einberufen und eine eigene Regierung bestimmen können, die von anderen Ländern anerkannt worden wäre. Somit hätte sich auch der Druck auf die Junta verstärkt. Aber die NLD verharrte in Untätigkeit. Aung San Suu Kyi saß isoliert in ihrem Haus, während die anderen in der Parteiführung das Geschehen lieber abwarten wollten. Die meisten von ihnen waren früher selbst Generäle und Offiziere gewesen und rechneten offenbar damit, dass die SLORC das Gespräch über den zukünftigen Weg suchen würde. Doch dazu kam es nicht. Am 27. Juli hielt Khin Nyunt, der Chef des Sicherheitsdienstes, eine Rede und erklärte, dass es sich bei der Wahl keineswegs um die Zusammensetzung eines neuen Parlaments gehandelt habe. Vielmehr sei die Wahl zur Bestimmung einer Versammlung durchgeführt worden, die eine neue Verfassung ausarbeiten sollte. Das Wahlergebnis war demnach auf dem besten Weg, für ungültig erklärt zu werden.
    Am folgenden Tag versammelte sich die NLD in der Gandhi Hall im Zentrum Ranguns, aber auch diesmal entschieden sich die Delegierten gegen die Ausrufung einer neuen Regierung.
    Stattdessen räumten sie der Junta zwei weitere Monate ein, um das Wahlergebnis anzuerkennen, und verlangten einen offenen und bedingungslosen Dialog zur Lösung der Krise, in der sich das Land befand. Diese Formulierung trug den Stempel Aung San Suu Kyis. Ihre Kritiker innerhalb und außerhalb der Militärjunta werfen ihr oft vor, sie sei kompromisslos und stur bis an die Grenze zur Dummheit. Doch während des gesamten Wahlkampfes unterstrich sie immer wieder, dass sie nicht nach einer Revolution in Burma trachte. Der Wechsel eines politischen System brauche Zeit und bedürfe der Mitwirkung aller Teile der Gesellschaft. Auch der des Militärs.
    Zu dieser Zeit befanden sich Michael, Alexander und Kim in Oxford. Michael hatte Hoffnungen gehegt, im Sommer nach Burma reisen zu können, aber ihm wurde das Einreisevisum verweigert. Nun hofften sie, dass Suu Kyi freikommen und die Familie wieder vereint werden würde. Doch in einem Brief vom 17. Juli 1990 nannte Suu Kyi kein Datum für ihre Freilassung. Stattdessen bat sie Michael, ihr die nur schwer zu entschlüsselnden indischen Epen
Ramayana
und
Mahabharata
zu schicken. Der Rest des Briefes drehte sich um ihre Sehnsucht nach den Kindern sowie um praktische Familienangelegenheiten. Zwischen den Zeilen hatte Michael herausgelesen, dass Suu Kyi mit einer langen Zeit im Hausarrest rechnete.
    Als der Bevölkerung klarwurde, dass die Wahl für ungültig erklärt werden sollte, keimte der Zorn von Neuem auf. Am 8. August 1990, dem Jahrestag der vor zwei Jahren begangenen Massaker, wurde in Mandalay eine große Protestaktion durchgeführt. Dieses Mal führten Mönche aus dem Kloster den Demonstrationszug an. Die Aktion am 8. August war vorab nicht angekündigt worden. Im Prinzip waren die Mönche auf ihrer

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