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Illusion - das Zeichen der Nacht

Illusion - das Zeichen der Nacht

Titel: Illusion - das Zeichen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena , Javier Pelegrin
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von Anfang an klar gesagt, worum es mir geht. Ich will das Buch der Schöpfung. Ich will, dass jemand es liest. Ich habe darauf vertraut, dass ihr beide es tun würdet, aber ihr habt es immer wieder vermasselt.«
    Wieder fuhren sie stumm dahin. Jetzt war das Wasser klarer und das Boot glitt bei jedem Ruderschlag des seltsamen Fährmanns leichter dahin. Das Gewölbe wurde höher und der Tunnel immer breiter, bis er in eine große natürliche Höhle mündete, von deren Decke lange Stalaktiten herabhingen.
    Das Wasser lag jetzt ruhig da, wie eine unterirdische Lagune. Am anderen Ende der Höhle schien helles Licht, viel heller als der flackernde Widerschein der Fackeln.
    Langsam steuerten sie auf dieses Licht zu. Jana hielt die Luft an, als sie begriff. Über einer Steintreppe war ein Altar zu sehen und dort brannte ein elfenbeinfarbenes Feuer.
    Sie waren im Thot-Tempel angelangt – dem Ort, wo Arawn zum ersten Mal das Buch der Schöpfung zu lesen versucht hatte und gescheitert war.
    —
    Mit einem leisen Plätschern kam das Boot an der Ufermauer zum Stillstand. Ohne Armand anzusehen, sprang Jana an Land. Ihre Augen konnten sich nicht sattsehen an den hohen Säulen des Tempels, die von wunderschönen Lotus- und Papyruskapitellen gekrönt wurden. Sie kamen ihr viel größer und beeindruckender vor als bei ihrem ersten Besuch im Tempel, in der Vision, in die Argo sie mitgenommen hatte.
    Hinter dem Säulenwald brannte das weiße Feuer und dahinter, haushoch und im Schatten, ragte eine Wand voller Symbole auf. Jana wagte es nicht, sie direkt anzusehen. Sie war nicht hergekommen, um das Schicksal herauszufordern, indem sie das Buch der Schöpfung las, sondern um es mit dem Nosferatu aufzunehmen.
    Während sie zwischen den Säulen hindurchging und damit rechnete, dass jeden Moment das entsetzliche Wesen auftauchen würde, huschte links von ihr etwas vorbei. Sie bog von ihrem Weg ab und ging der schnellen Bewegung hinterher.
    Auf einmal sah sie ihn. Zwischen zwei Säulen, die mit alten Hieroglyphen bedeckt waren, stand Garo. Sein Wolfskörper war nicht mehr durchscheinend, sondern grau und sein weiches Fell sah so seidig aus wie bei einem lebendigen Tier.
    Und doch war Garo tot. Was Jana sah, war ein Geist, derselbe, der ihr bei ihrem letzten Kampf mit dem Nosferatu das Leben gerettet hatte. Die goldenen Augen des Wolfs richteten sich nachdenklich auf Jana und sie fühlte sich seltsam getröstet.
    »Garo … Ich bin so froh, dass du’s bist … Ich muss dich so viel fragen!«
    »Das kann ich mir gut vorstellen, Jana.« Garos Stimme klang ganz ähnlich wie während seiner Ghul-Zeit, als er eine menschliche Gestalt gehabt hatte. Er bewegte kaum das Maul, seine Worte schienen direkt aus der Brust zu kommen. »Aber dafür ist keine Zeit. Der Nosferatu wartet auf dich.«
    »Bist du gekommen, um mir zu helfen?«
    »Ja und nein. Ich bin gekommen, um dir ein Versprechen abzunehmen. Wenn du dieses Versprechen hältst, kann ich dir helfen.«
    Jana ging langsam auf den Wolf zu und kniete neben ihm nieder. Mit vorsichtigen Bewegungen, als hätte sie Angst, ihn zu erschrecken, streifte sie den Bogen und den Köcher mit den Feuerpfeilen ab und legte beides auf den Boden. Dann, mit derselben Bedächtigkeit und Achtsamkeit, streckte sie die Hand aus und strich dem Tier über den schimmernden Rücken. Garo erschauerte und schloss für einen Moment die Augen.
    »Er hat dich geschickt, oder?«, fragte Jana. »Erik hat dich geschickt …«
    Der Wolf nickte.
    »Ich würde ihm wirklich gern helfen«, sprach Jana weiter, während ihre Hand nun den Nacken und die Ohren des Tiers kraulte. »Aber ich weiß nicht, ob das geht, Garo. Damit Erik wieder lebendig werden kann, muss das Buch der Schöpfung gelesen werden. Und das ist gefährlich. Außerdem müsste ich vorher Alex besiegen – ich meine, das Ungeheuer, das ihn gefangen hält.«
    »Du irrst dich, Jana. Ich bin nicht hergekommen, um dich zu bitten, Erik vom Tod zurückzuholen, sondern das genaue Gegenteil.«
    Jana löste die Hand vom Fell des Wolfs und lotete seine bernsteinfarbenen Augen aus. »Ich dachte, dass du … dass du ihm treu bleiben würdest …«
    In Garos goldene Augen traten zwei Tränen. »Wenn ich ihm nicht treu wäre, wäre ich nicht hier. Ich wäre nicht aus dem Jenseits zurückgekehrt, um dich um etwas zu bitten, das mir das Herz bricht. Aber er will es so und ich muss alles tun, damit sein Wunsch in Erfüllung geht.«
    Jana sah ihn erstaunt an. »Ich verstehe dich nicht.

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