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Illusion - das Zeichen der Nacht

Illusion - das Zeichen der Nacht

Titel: Illusion - das Zeichen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena , Javier Pelegrin
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antwortete eine Stimme hinter ihnen. »Ihr habt lange gebraucht, ich habe mich schon gefragt, ob ich euch holen soll.«
    Heru und Jana fuhren erschrocken herum. Auf ein langes Ruder gestützt, ähnlich dem, das die venezianischen Gondoliere zu benutzen pflegten, musterte Armand sie mit einem verspielten Lächeln.
    »Wer bist du?«, fragte Heru. »Und wie bist du hierher gekommen?«
    »Ich war schon die ganze Zeit hier«, erwiderte Armand mit einem spöttischen Funkeln in den Augen. »Du hast mich eingesperrt, schon vergessen?«
    »Das ist Yadia«, erklärte Jana, den Blick fest auf das attraktive, unbekümmerte Gesicht des Zauberkünstlers gerichtet. »Denk dran, er ist ein Iride.«
    »Ich bin nicht Yadia«, widersprach der Angesprochene seltsam kalt. »Der bin ich nie gewesen. In Wirklichkeit ähnele ich viel mehr dem heiteren, betrügerischen Armand als diesem verbitterten Kopfgeldjäger. Yadia gibt es gar nicht.«
    »Warum hast du den Nosferatu hereingelassen?«, herrschte Heru ihn an, ohne auf seine Abschweifungen einzugehen. »Du bist völlig verrückt, dich wird er auch umbringen. Er wird uns alle umbringen …«
    »Er hat mich freigelassen.« Armands Augen funkelten, als hätte er den Verstand verloren. »Das ist mehr als genug Lohn für den kleinen ›Gefallen‹, den ich ihm getan habe. Er wartet schon auf dich, Jana. Mein Herr lädt dich ein, zu seinem Tempel zu reisen.«
    Jana betrachtete gedankenverloren das schwarze Boot, das im trüben Wasser des Kanals lag.
    »Tu’s nicht«, sagte Heru und fasste sanft nach ihrer Hand. »Bitte, Jana …«
    »Ich muss fort. Es tut mir leid, Heru, aber ich kann nicht Nein sagen.« Jana machte sich sachte von Heru los und sah ihm in die Augen. Auf ihrem leichenblassen Gesicht zeichnete sich ein zuversichtliches Lächeln ab.
    »Dann komme ich mit«, bot der Wächter vor. »Du kannst nicht alleine gehen.«
    »Ich muss alleine gehen und das weißt du auch.«
    Heru hielt ihrem Blick eine ganze Weile stand, dann nickte er. »Wenn das so ist, möchte ich dir wenigstens etwas mitgeben. Wer weiß, es könnte dir eine Hilfe sein.«
    Er schloss die Augen und murmelte lange lautlos vor sich hin, beide Arme ausgebreitet, die Fäuste geschlossen und nach unten gerichtet.
    Nach ein paar Sekunden tauchte in seiner rechten Hand ein Bogen auf und in seiner linken, der mit dem Satinhandschuh, ein brauner Köcher voller brennender Pfeile.
    »Hier«, sagte er und hielt dem Mädchen beides hin. »An diesen Pfeilspitzen brennt das heilige Feuer. Wenn es etwas gibt, das Alex retten kann, dann ist es vielleicht das.«
    Mit zitternden Händen nahm Jana die Waffe und die Pfeile in Empfang. Im selben Moment überfiel sie die Erinnerung an Erik, an seinen Gesichtsausdruck in dem Moment, als beim Angriff der Wächter auf die Drakul-Festung ein Pfeil aus diesem tödlichen Bogen ihn an der Schulter getroffen hatte.
    Wenn ihr damals jemand gesagt hätte, dass sie eines Tages genau diese Waffe in der Hand halten würde, hätte sie ihn für verrückt erklärt.
    Zum Abschied warf Jana Heru einen langen, dankbaren Blick zu.
    Dann kehrte sie ihm den Rücken, ging über den Landungssteg und stieg die drei Stufen hinab, die zu dem Leichenboot führten. Armand folgte ihr mit einem geschickten Sprung. Mit erfahrenen Bewegungen tauchte er das Ruder in den schlammigen Kanal und setzte sein gesamtes Körpergewicht ein, um den Kahn von der Kaimauer abzustoßen.
    Vom Ufer aus sah Heru mit bedrückter Miene zu, wie sie davonfuhren. Janas Gestalt wurde mit der Entfernung immer kleiner, bis sie nur noch eine zarte Silhouette war, die zusehends mit den Schatten verschmolz.
    Dann machte der Kanal einen weiten Bogen nach rechts und sogar diese undeutliche Silhouette verschwand.
    —
    Lange Zeit fuhren sie stumm auf diesem Strom aus dunklem Schlamm dahin, der immer zähflüssiger wurde und in dem das Boot immer tiefer einzusinken schien, bis die Bootskante fast auf einer Höhe mit dem Wasserspiegel war.
    Die schmutzige Masse, auf der ausgefranste smaragdgrüne Algenteppiche schwammen, ließ sie nur langsam vorankommen. Es herrschte dieselbe drückende Hitze wie im Palast, der feine Baumwollstoff von Janas T-Shirt klebte ihr am Rücken und einige Haarsträhnen an ihrer Stirn waren feucht. Das Licht der Fackeln war orange, dann wieder grünlich oder bläulich. Es roch nach Schwefel und süßlich vergoren, als hätte jemand tonnenweise tropische Früchte ins Wasser gekippt, die jetzt auf dem Grund langsam vor sich hin

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