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Illusion - das Zeichen der Nacht

Illusion - das Zeichen der Nacht

Titel: Illusion - das Zeichen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena , Javier Pelegrin
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den wahren Sarasvati-Mond, den echten Stein. Dagegen war das Herz nur eine außergewöhnlich realistische Täuschung. Deshalb wog es auch weniger. Es handelte sich dabei schlicht und einfach nicht um etwas Materielles. Das hier war nur ein Trugbild.
    Gleichzeitig fiel ihr noch etwas anderes auf. Von der Waagschale, auf der der Saphir ruhte, ging eine fast unerträgliche Finsternis aus. Hier kam also die Dunkelheit her, die auf dem Tempel lastete, vielleicht sogar die Dunkelheit über ganz Venedig.
    Warum war sie darauf nicht schon längst gekommen? Nur ein so mächtiger magischer Gegenstand wie der Sarasvati konnte hinter der Seuche stecken, die die Stadt heimsuchte. Der Nosferatu musste ihn ihr irgendwann gestohlen haben, wahrscheinlich als er versucht hatte, durchs Fenster in ihr Zimmer zu gelangen. Alex wusste genau, wie mächtig der Saphir war.
    Jetzt kannte sie zumindest die Quelle des Zaubers, der alle von Menschenhand geschaffenen Kunstwerke zerstörte. Das war der erste Schritt, um ihn zu bannen.
    Zuerst kam ihr in den Sinn, ihre Macht über den Stein einzusetzen und ihn von der Waage zu holen. Schließlich hatte der Sarasvati viele Generationen lang ihrer Familie gehört und Jana wusste damit umzugehen, das hatte sie schon mehrmals bewiesen. Sie musste sich nur auf seinen blauen Schimmer konzentrieren und ihn zu sich rufen, damit er zu ihrer Hand schwebte.
    Aber diese Idee verwarf sie gleich wieder. Alex kannte sie gut genug, um sofort zu merken, wenn sie die Verbindung zum Saphir aufnahm. Sie musste ihn ablenken, damit er dachte, sie tue nichts gegen den Zauber, sondern sei ganz damit beschäftigt, sich gegen seine Vorwürfe zu verteidigen. Aber in der Zwischenzeit würde ihr Bewusstsein unermüdlich arbeiten, bis der Zauber auf viel raffiniertere Weise gebannt war.
    Jana lehnte sich an die Steinsäule, die ihr am nächsten stand, stemmte sich mit ihrem ganzen Gewicht dagegen und konzentrierte sich darauf. Auf einmal wussten sie, was sie tun mussten: Durch diese Säule würde sie das ganze Gewicht des Tempels auf die Waagschale mit dem Herzen lenken. Nur so würde es ihr gelingen, die beiden Schalen ins Gleichgewicht zu bringen.
    Eigentlich war diese Aufgabe kaum zu bewerkstelligen, denn ihre eigenen magischen Kräfte waren dafür nicht ausreichend, und das wusste sie. Aber da gab es noch etwas, was sie gerade eben in sich entdeckt hatte: das Buch des Lebens. Sie musste all ihren Mut und ihr Selbstvertrauen aufbringen und es lesen.
    Während sie im Dunkeln den Rücken an die Säule presste, konzentrierte sie sich wieder auf Alex. Sein pergamentartiges, mit Symbolen bedecktes Gesicht wirkte auf einmal beunruhigt. Hatte er etwa Angst vor dem, was in Janas Kopf vorging, während sie schwieg? Wenn sie ihr Ziel erreichen wollte, musste sie Zeit schinden. Sie musste Alex ablenken, indem sie ihn in eine Unterhaltung verwickelte.
    »Was hast du mit mir vor?«, fragte sie, die Augen herausfordernd auf ihn gerichtet. »Willst du mich umbringen?«
    Alex schüttelte den kahlen Kopf. »Eigentlich nicht, aber was bleibt mir anderes übrig? Sonst versuchst du, mich umzubringen.«
    Ganz allmählich begann der Zauber der Säule zu wirken. Jana spürte immer größeren Druck auf sich lasten, als hätte bereits ein Teil des Gebäudes sein Gewicht an ihren Rücken abgegeben.
    »Ich will dich nicht umbringen, Alex. Aber du meinst es ernst damit. Warum fürchtest du mich so sehr?«
    Alex lachte sarkastisch. »Warum ich dich fürchte?«, wiederholte er. »Meinst du, ich wüsste nicht, was du vorhast? Du willst mich aus dem Weg räumen, um an das Buch der Schöpfung zu kommen. Du willst es lesen und die Welt umkrempeln. Du willst Erik aufwecken.«
    Jana lächelte, überspielte so gut es ging den Schmerz, den das immer größer werdende Gewicht ihr verursachte. Vorsichtig begann sie, diese ganze Last auf die Waagschale zu lenken, auf der das blutige Herz lag. »Jetzt hat der Nosferatu geredet, nicht du«, sagte sie mit gespielter Selbstsicherheit. »Das Ungeheuer will um jeden Preis verhindern, dass jemand das Buch der Schöpfung findet, schließlich weiß es, dass das sein Ende wäre.«
    Die Feueraugen des Ungeheuers bohrten sich in ihre eigenen. »Was soll das heißen?« Die Stimme klang nun nicht mehr richtig menschlich, sondern eher, als käme sie aus einem Grab.
    »Ich habe dich entlarvt, stimmt’s?« Janas Lächeln wurde breiter. »Du weißt, dass du keine Kopie des Buchs der Schöpfung bist, sondern nur die eine Hälfte.

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