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Illusion - das Zeichen der Nacht

Illusion - das Zeichen der Nacht

Titel: Illusion - das Zeichen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena , Javier Pelegrin
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Drakul sie nicht so blind gemacht hätte, wäre vielleicht alles ganz anders gekommen. Erik wäre zu dem König geworden, auf den die Medu seit Jahrhunderten warteten, und sie hätte seine Königin werden können. Er war verrückt nach ihr gewesen, sogar noch mehr als Alex – und auch mehr als sein Vorfahre Drakul nach der Prinzessin Agmar.
    Erik. Wahrscheinlich war er der attraktivste Junge, den sie je gekannt hatte. Hier, an seinem Grab, hatte sie plötzlich den übermächtigen Wunsch, er möge zurückkehren. Es war, als würde er von einem weit entfernten, für sie unerreichbaren Ort nach ihr rufen. Sie sah ihn da liegen, reglos und kalt wie Marmor, aber gleichzeitig wusste sie instinktiv, dass noch ein Rest Leben in ihm war, eine Kraft, die sie schützen wollte und die nicht einmal der Tod hatte besiegen können.
    »Erik«, murmelte sie. »Erik, sag doch was …«
    Ihr war bewusst, dass dies nur eine Vision war, aber von Visionen verstand sie eine ganze Menge und sie konnte klar unterscheiden zwischen denen, die sie selbst anlocken konnte, und solchen, hinter denen mehr steckte. Eine so mächtige Vision wie diese hier, die sie wieder in die heilige Höhle versetzt hatte, war etwas, das sie nicht einmal mit ihren magischen Fähigkeiten von früher hätte heraufbeschwören können. Das hier war kein simples Trugbild, sondern ein Zugang zu einer Realität hinter den äußeren Erscheinungen. Und vielleicht auch eine Vorwegnahme der Zukunft … Zu ihrer Überraschung bemerkte sie, wie sehr sie sich das wünschte.
    Sie hätte alles darum gegeben, die Vision dauerhaft zu halten, zu verhindern, dass diese kurze Begegnung mit Erik gleich wieder zu Ende ging. Sie brannte darauf, ihm alles zu erzählen, was geschehen war, seit er sein Leben für sie geopfert hatte: wie die Magie sich unter den Menschen ausgebreitet hatte und die Medu ihre Macht verloren; Alex’ anfänglicher Enthusiasmus und die sechs Wochen, in denen sie ihre Liebe lebten, während die Leute um sie herum sich auf die neue Situation einzustellen versuchten. Sechs Wochen, in denen sie nichts weiter waren als zwei egoistische Jugendliche, die ihr Glück genossen und nur Augen füreinander hatten. Sechs perfekte Wochen.
    Dann fingen die Probleme an.
    Es gab kleine Unstimmigkeiten zwischen ihnen, Reibereien, die sich unmerklich aufschaukelten, versteckte Vorwürfe … Zwar hatten sie sich nie richtig gestritten oder sogar überlegt, sich zu trennen, aber es lief einfach nicht mehr so gut wie vorher. Manchmal, wenn Alex bei ihr war, hatte Jana das Gefühl, dass eine unsichtbare Mauer zwischen ihnen stand. Und sie spürte auch, dass das bloße Zusammensein nicht mehr ausreichte, um beide glücklich zu machen.
    Wie war das gekommen? Jana runzelte die Stirn und versuchte, sich zu erinnern, um Erik ihre Gedanken mitzuteilen, denn sie war sicher, dass er sie hören konnte, obwohl sein Körper so kalt war wie Stein.
    Vielleicht war die Distanzierung von ihr ausgegangen. Manchmal, wenn sie über ihr Leben nachdachte, vermisste sie die Welt, in der sie aufgewachsen war: die dunkle Macht der Agmar, ihr Einfluss auf bestimmte Aspekte des menschlichen Verhaltens, die Schönheit der Magie, die ihr Bruder David und sie im Verborgenen betrieben hatten.
    Diese Sehnsucht konnte Alex nicht teilen, er wollte nichts davon wissen. Vielleicht fühlte er sich insgeheim schuldig, die Medu um den kostbarsten Teil ihres Lebens gebracht zu haben. In gewisser Weise hatte er sie ja verraten.
    Zuerst hatte Jana versucht, das ganze Thema auszublenden. Aber irgendwann blieb ihr nichts anderes übrig, als sich der neuen Situation zu stellen. Schließlich war sie die Anführerin eines der sieben Medu-Klane und konnte nicht länger ignorieren, dass ihre Leute litten. Es war ihre Pflicht, allen Agmar zu helfen, mit dem Verlust ihrer wichtigsten Fähigkeiten fertig zu werden und ihr Leben neu auszurichten. Wenn Alex das nicht verstehen wollte, war das sein Problem. Jana fing an, ihrem Klan immer mehr Zeit zu widmen und sich zu informieren, wie die Dinge bei den anderen Klanen liefen. Ganz allmählich näherte sie sich wieder ihrer früheren Welt an. Sie konnte nicht anders und wollte es auch nicht.
    »Ich bin dabei, ihn zu verlieren, Erik«, sagte sie vernehmlich. »Oder er verliert mich. Ich frage mich, ob du dich darüber freust, wo auch immer du jetzt bist. Im Grunde wünsche ich mir sogar, dass du dich freust …«
    Auf den starren Lippen des jungen Drakul zeichnete sich ein unmerkliches

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