Illusion - das Zeichen der Nacht
breiten Flur, der die beiden Zimmer miteinander verband, in warmes, angenehmes Licht.
»Als ich das Buch zum ersten Mal in der Hand hatte, lag kein Artikel drin, da bin ich mir sicher«, erklärte Alex weiter, während Jana bereits auf ihrem Bett saß und sich die Schuhe auszog. »Für mich war das ein Hinweis, dass jemand mich zu dem toten Armand führen wollte. Also buchte ich spontan einen Flug nach Rom und setzte mich dort in den Zug nach Vicenza.«
»Hast du die Sache mit mir in Verbindung gebracht?«, fragte Jana und sah ihm in die Augen. »Du wusstest, dass ich hier war, dass Argo mich unbedingt sprechen wollte. Vicenza ist ganz in der Nähe von Venedig. Du musst doch an mich gedacht haben.«
»Ich dachte schon, dass es eine Verbindung geben könnte«, räumte Alex ein. »Und das denke ich nach wie vor. Vielleicht hat Argo alles nur inszeniert, um sich an uns zu rächen, Jana. Du weißt, dass er uns gehasst hat, dich genauso wie mich.«
»Aber deine Träume haben angefangen, bevor er gefasst wurde«, wandte Jana ein. »Sie können nichts mit ihm zu tun haben.«
»Warum denn nicht? Es kann durchaus sein, dass Argo mir diese Träume suggeriert hat. Und das mit dem Artikel kann auch er eingefädelt haben, er brauchte nur irgendeinen Schüler von Los Olmos zu bitten, den Artikel in das Exemplar zu legen, von dem er wusste, dass ich es in die Hand nehmen würde. Vielleicht gibt es das Buch der Schöpfung überhaupt nicht, Jana. Vielleicht hat er mit uns gespielt … Und auch mit Yadia und mit den Varulf.«
Jana hatte inzwischen begonnen, sich den rechten großen Zeh zu massieren, der in einer feinen Seidenstrumpfhose steckte und ihr wehtat. Als Alex verstummte, blickte sie zu ihm auf. »Und wie erklärst du dir, was wir heute Abend gesehen haben? Dieser Typ hat echte Magie gemacht. Und er weiß von dem Buch, da gibt es keinen Zweifel.«
»Das könnte zu Argos Plan gehören. Vielleicht hat er ihn beauftragt, uns zu beeindrucken, uns seine besten Tricks vorzuführen.«
»Nein. Argo hätte einem einfachen Komödianten nichts von dem Buch verraten, aber ich bin sicher, dass Armand davon weiß.«
»Warum bist du so sicher?«, fragte Alex neugierig.
Jana war drauf und dran, ihm von der Stimme zu erzählen, die sie am Ende der Vorstellung gehört hatte. Armand hatte von dem Buch gesprochen, zwar nur zu ihr allein, aber immerhin … Doch Alex hatte ihr die ganze Zeit nicht vertraut, also entschied sie sich, ihr Geheimnis für sich zu behalten.
»Ich weiß es eben, das ist alles«, antwortete sie nur. »Und er weiß garantiert auch noch andere Dinge über uns. Ich habe allerdings nicht verstanden, warum er dich unbedingt fragen wollte, ob du bereit wärst zu töten. Weißt du, was das sollte?«
»Nein.« Alex drehte sich abrupt von ihr weg. »Keine Ahnung.«
Er lügt, dachte Jana sofort. Es ist offensichtlich, dass er mir immer noch etwas verheimlicht, und zwar etwas Schreckliches, denn er kann mir nicht einmal in die Augen sehen.
Sie hörte, wie er durch den Flur ins Bad ging und den Wasserhahn aufdrehte. Während sie beiläufig registrierte, wie das Wasser plätscherte, kehrten ihre Gedanken immer wieder zu den seltsamen Worten zurück, die Armand vor dem gesamten Publikum an Alex gerichtet hatte. »Es war, als hätte er auf ihn gewartet«, murmelte sie vor sich hin. »Als wollte er ihn vor etwas warnen.«
Alex tauchte wieder im Türrahmen auf, er trocknete sich die Hände an einem Handtuch ab. »Wir könnten das Abendessen beim Zimmerservice bestellen.« Sein unbekümmerter Ton war vielleicht etwas übertrieben. »Es ist ein bisschen spät, um noch mal rauszugehen, und ehrlich gesagt habe ich auch keine Lust dazu.«
»Einverstanden. Aber bevor wir bestellen, würde ich gern etwas ausprobieren.«
In Alex’ Augen tauchte ein vorwitziges Funkeln auf, erlosch aber wieder, als er Janas düstere Miene bemerkte.
»Nicht was du denkst«, fügte sie ungeduldig hinzu. »Ich möchte, dass wir versuchen, eine Vision anzulocken. Wir beide zusammen.«
Es kam ihr so vor, als würde Alex blass. »Eine Vision, jetzt?«, fragte er. »Muss das sein?«
Sie nickte energisch. »Nur so können wir herausfinden, ob unsere früheren Visionen von Argo kamen oder direkt vom Buch der Schöpfung. Wenn wir jetzt, wo Argo tot ist, das Buch noch einmal sehen können, wissen wir mit Sicherheit, dass nicht er dahintersteckt.«
»Aber wir könnten selbst dahinterstecken«, wandte Alex ein. »Ich meine, wir wissen von dem Buch und das
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