Iluminai - Das Zeichen der Drachenhüter (Iluminai - Kabal Shar) (German Edition)
in das Buch zurückverbannen?“, wollte Miray wissen, der immer noch Daris Hand hielt.
„Manche behaupten, das wäre möglich, aber es ist bereits zu viel Zeit verstrichen. Das Buch verspricht demjenigen, der die Hexer ruft, uneingeschränkte Macht über sie. Aber das ist nur zum Teil richtig. Er müsste schon ein großer Magier sein, und das war der Täter sicher nicht, und selbst dann nimmt der Einfluss rasch ab. Ich glaube, dass derjenige, der die Hexer rief, mittlerweile gar keine Macht mehr über sie besitzt. Vielleicht hat er es noch gar nicht bemerkt, aber die Grauen Hexer sind entfesselt, und sie wollen das Elbenherz, das dir geschenkt wurde.“
„Du meinst, man kann sie nur besiegen, in dem man einen Drachen tötet und ein Buch aus ihm macht?“
„Ich glaube nicht, dass Marjas gewagter und von großer Not überschatteter Plan noch einmal funktionieren würde.“
Dari blickte Miray traurig an. Sie hatten eine Halle erreicht und standen sich einen Moment stumm gegenüber
„Wenn sie ...“, begann Miray. „Wenn sie mein Herz nicht bekommen, können sie dann überleben?“
„Nein“, sagte Dari gefasst. „Sie brauchen eine Energiequelle. Sie sind alt, sie benötigen etwas, das sie am Leben erhält.“
„Würden sie von selbst verschwinden, wenn ...“
„Ja, das würden sie. Aber es gibt eine Möglichkeit, den Vorgang zu beschleunigen.“
Miray blickte in Daris Augen.
„Und welcher wäre das?“
„Es heißt, dass eines der Zeichen der Drachenhüter, nämlich das Medaillon, nach dem Tod Ilbrias’ in seinem Sarg gefunden worden sein soll. Da die Zeichen aus dem Urlicht gefertigt waren, verschwanden sie mit dem Tod ihres Trägers. Aber die Geschichte über das Medaillon hielt sich über viele hundert Jahre hartnäckig. Vielleicht steckt ein Kern Wahrheit darin verborgen. Du musst in direkter Linie mit Ilbrias verwandt sein, denn du trägst dein Iluminai genau über dem Herzen. Das Medaillon soll später in die Hände der Grauen Hexer gelangt sein, und seitdem ist es verschollen. Es könnte sein, dass die Gesichtslosen es nun haben. Sie müssen etwas von großer Macht besitzen, sonst könnten sie nicht auf diese Weise auf die Welt zurückkehren. Wenn wir es schaffen, ihnen das Iluminai wegzunehmen, wäre ihnen ein längeres Überleben nicht mehr möglich.“
„Dann wäre auch mein Überleben gewährleistet. Das willst du doch damit sagen“, meinte Miray, und ein trauriger Ausdruck trat in seine Augen.
„Denn wenn wir es nicht schaffen, müsste ich dafür sorgen, dass sie das Elbenherz niemals bekommen. So ist es doch ... nicht wahr!“
Dari schwieg und starrte den Prinzen nur mit ihren schwarzen Augen an.
„Ja“, sagte sie dann im Flüsterton. „Du hast Recht. Wir dürften nicht zulassen, dass ihnen das Elbenherz in die Hände fällt.“
„Es liegt also an mir, ob die Grauen Hexer von Neuem mit ihrer Zerstörung beginnen, oder nicht“, fuhr Miray fort. Er trat an einen runden Fensterausschnitt heran und blickte auf das verwirrende Labyrinth der Toten Stadt hinunter. Die bunten Lichter schwebten langsam über die weit entfernten Brücken.
„So weit wird es nicht kommen“, sagte Dari und legte Miray eine Hand auf die Schulter. Der Prinz erschauerte.
„Ich bin froh, dass du da bist“, sagte er und blickte ihr ins Gesicht.
Dari nahm einen Schritt Abstand. Der hoffnungsvolle Ausdruck in Mirays Augen erschreckte sie auf einmal.
„Sag so etwas nicht“, meinte sie.
„Warum denn?“ Miray runzelte die Stirn. „Ich habe dich vermisst.“
„Ich bringe dich zu deinen Schwestern.“ Dari wollte sich zu einem der Korridore umwenden, aber Miray hielt sie an der Hand fest.
„Hast du mich nicht vermisst?“, fragte er.
„Nein“, entgegnete Dari bestimmt, aber ihr Herz sagte etwas anderes, und das machte ihr große Angst. „Komm jetzt. Wir müssen uns einen Plan ausdenken, wie wir in die unteren Regionen der Stadt vordringen und den Gesichtslosen das Iluminai wegnehmen können.“
Sie zog ihre Hand aus der des Prinzen, dessen Blick aber weiterhin brennend auf ihrem Rücken ruhte, während sie den Korridor entlanghasteten.
34. Die geheimen Gärten
König Tahut stand an diesem Abend auf dem Balkon der Burg von Yrismin und starrte auf den Waldrand hinunter. Der Regen hatte zwar aufgehört, aber die Wälder dampften vor Feuchtigkeit. Vor der zertrümmerten Stadtmauer stand
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