Iluminai - Das Zeichen der Drachenhüter (Iluminai - Kabal Shar) (German Edition)
Kutraija?“
„Nein, bis nach Kutraija ist es noch sehr weit. Aber es ist nicht mehr weit bis zum Hafen.“
Miray runzelte die Stirn. Er glaubte immer noch nicht, dass Dari die Geschichte mit dem Schwanenschiff ernst gemeint haben könnte. Andererseits sahen die vielen Schäfchenwolken, die sich vor ihnen beinahe nahtlos aneinander reihten, tatsächlich wie ein Wolkenmeer aus.
Kaum zehn Minuten später tauchte vor ihnen auf dem Felsen etwas auf, das die Bezeichnung Hafen verdient zu haben schien.
Das Bauwerk musste sehr alt sein, denn an vielen Stellen war der Stein, aus dem es errichtet worden war, abgebröckelt. Es war ein hohes Gebäude, beinahe wie ein Leuchtturm, das über einem weiten Fortsatz thronte, der wie eine Sichel oder ein Halbmond in die Luft über dem Gipfel hinausragte.
In diesem Halbmond befanden sich weiße Dornen in gebogener Form, die aussahen wie Zangen, die etwas festhalten wollten. Allerdings gab es nichts festzuhalten. Der himmlische Hafen war leer.
„Der Leuchtturm des Himmelsmeisters ...“, murmelte König Effèlan, der hinter Miray ritt.
„Ihr habt davon gewusst?“, wollte der Prinz wissen, der sich nun seinerseits im Sattel umwandte.
„War ich es nicht, der Euch die Geschichten darüber erzählt hat?“
„Ich dachte, es wären nur Märchen.“
„Könnt Ihr Euch nicht an den jungen König erinnern, der nach Kutraija reiste, um die alte Stadt der Drachenhüter zu besuchen?“
„Und dort vergeblich nach dem letzten Iluminai gesucht hat ...?“
„Ja, das war ich, Miray. Als ich jung war, habe ich auch meine Abenteuer bestanden.“
Miray wandte sich um und schwieg. Er war nie auf die Idee gekommen, Effèlan könnte in seiner Jugend anders gewesen sein.
Seine Hand wanderte zu seiner rechten Hosentasche, in der das Iluminai-Amulett steckte, das Lucy den Gesichtslosen abgenommen hatte. Er hatte es, seit dem Moment im schwarzen Turm, nicht mehr angelegt, aus Angst davor, was passieren würde, wenn er es tat.
Der Leuchtturm wuchs vor ihnen in den Himmel und ragte bald wie ein alter weißer Zahn nach oben. Jonkanur landete auf seiner Spitze und faltete die Flügel zusammen. Der himmlische Hafen sah uralt und verlassen aus. Es schien so, als würden sie hier keine Menschenseele vorfinden.
Sie hielten vor einem kleinen, geduckten Gebäude aus weißem Gestein und stiegen aus den Sätteln. Dari verschwand in der Türe, die lose in den Angeln hing und kam mit einem kleinen, zerfledderten Büchlein wieder heraus.
„Die letzte Fahrt fand vor knapp drei Jahren statt“, sagte sie und deutete auf eine Seite im Buch. „Im siebten Mond des 342sten Jahres des Drachen Algament. Seitdem scheint hier niemand mehr gewesen zu sein.“
„Sieht recht heruntergekommen aus“, gab Roderick zu, der noch immer im Sattel seines Schimmels saß. „Könnt Ihr die Anrufung sprechen? Vielleicht hat sie dann mehr Wirkungskraft.“
„Wart Ihr nicht vor kurzem in Kutraija?“, erkundigte sich Dari verwundert.
„Das ist richtig“, gab Roderick widerstrebend zu. „Aber wir gelangten auf anderem Wege dorthin.“
„Soll das heißen, die Anrufung hat bei Euch nicht funktioniert?“
Roderick senkte schuldbewusst den Kopf.
„Warum habt Ihr das nicht früher gesagt? Wir hätten auch einen anderen Weg gehen können.“
„Aber, das Schiff ist viel schneller, und Ihr seid die Kaiserin der Toten Stadt. Zu Euch wird der Himmelsmeister doch wohl kommen.“
Dari blickte zweifelnd zu dem Ashjafal auf. Der Wind heulte um den Gipfel und den Leuchtturm. Lucy spürte, wie ihr ein unangenehmer Schauer über den Rücken eilte. Sie fragte sich, wie sie mit dem Feind hierher an diesen unseligen Ort geraten war. Das alles erschien ihr nicht richtig.
Miray strich Philemon beruhigend über die schwarzen Nüstern. Der Stute war in den letzten Wochen viel abverlangt worden. Auch dem Prinzen gingen ähnliche Gedanken durch den Kopf. Hoffnungsvoll blickte er zu Dari, die die Arme vor der Brust verschränkt hatte.
„Also gut“, sagte sie nach einer Minute des Schweigens. „Aber ich brauche Ruhe, es wird eine Weile dauern.“
Die Lichtfee drehte sich um und trat viele Meter abseits der Reisenden an den Abgrund des Felsens heran. Dort stellte sie sich mit ausgebreiteten Armen hin und ließ sich sowohl die Haare als auch die Flügel vom Wind in alle Richtungen wehen. Sie schloss die Augen und verfiel in eine Art Trance, in der sie unablässig ihre Lippen bewegte.
Effèlan und Roderick setzten sich auf der
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