Iluminai - Das Zeichen der Drachenhüter (Iluminai - Kabal Shar) (German Edition)
dass du es besser kannst, können wir ja gerne tauschen!“
Miray schloss die Augen und presste sein Gesicht gegen das dicke Leder, aus dem Nevantios Mantel gemacht war. Jonkanur raste durch die Wolkendecke und sauste knapp am Schwanenschiff vorbei. Miray konnte einen Moment Effèlan und Roderick erkennen, die an Deck standen und ihnen hinterher blickten. Dann tauchte der massige Greif aus dem Wolkenmeer und brachte das Schiff zum Schaukeln.
Jonkanur flog eine Schleife und raste über die Wolkendecke in die Richtung, aus der sie gekommen waren.
„Das ist die falsche Richtung!“, brüllte Miray. „Wir müssen da lang!“
„Seht euch das an!“, übertönte der Drache den Prinzen und ging noch ein wenig tiefer. Unter ihnen tauchten die Grauen Hexer auf ihren großen Pferden auf. Die Tiere jagten über die Wolken dahin, als befänden sie sich auf sicherem Erdboden. Es waren viele hundert Reiter, die hinter dem Schwanenschiff herjagten. Und sie hatten es beinahe eingeholt!
Der weiße Greif flog nun dicht hinter ihnen. Miray spürte den Schub des Windes, den seine riesigen Schwingen verursachten. Unter ihnen jagten die Grauen Hexer dahin, auf der rechten Seite durchbrach soeben ein zweiter weißer Greif das Wolkenmeer und stieß mit einem Mark und Bein erschütternden Schrei in die Luft hinauf.
„Tu doch etwas, Jonkanur!“, brüllte Nevantio.
Der schwarze Drache schwieg. Was hätte er auch tun sollen? Die Gegner waren um vieles größer als er. Er konnte sich glücklich schätzen, wenn er ihren scharfen Krallen entkam.
Der zweite Greif war nun heran und schlug mit einer Pratze nach dem Drachen. Jonkanur flog ein gewagtes Ausweichmanöver, und Miray spürte, wie es ihn aus dem Sattel hob. Rasch hielt er sich an Nevantio fest, der seinerseits die Hände in die dichte Drachenmähne krallte.
Es konnte jetzt nicht mehr lange dauern und alles war vorbei. Miray fand den Gedanken beinahe tröstlich, als er sich auf einmal an das Iluminai erinnerte, das immer noch in seiner Hosentasche steckte.
Er wagte es allerdings nicht, den Griff seiner rechten Hand zu lösen, um das Medaillon aus der Tasche zu holen. Jonkanur hatte sich schräg gelegt und jagte zwischen den beiden weißen Greifen hindurch, um dann wieder durch die Wolkendecke nach unten zu tauchen. Das hätte er allerdings besser nicht getan, denn nun kamen wieder die tiefen Schluchten in Sicht, aus denen eine gewaltige Anzahl weißer Greife aufstieg.
„Verdammt!“, kreischte Jonkanur. „Das müssen Hunderte sein.“
Nevantio bekreuzigte sich und dachte an sein Gemach zuhause in Shidabayra. Wie herrlich langweilig war es dort immer gewesen!
Als sich der Drachenleib für einen Moment waagrecht legte, lockerte Miray seinen Griff und versuchte mit der rechten Hand seine Hosentasche zu erreichen. Der weiche Stoff seiner Tunika flatterte so wild im Wind, dass er es kaum schaffte, seine Finger in die Tasche zu stecken. Einen Moment kämpfte er verbissen, bis er endlich die Silberschnur des Amuletts erwischte und das Medaillon daran herauszog.
Jonkanur riss im selben Moment seinen Körper wieder in die Höhe, und der Prinz musste sich rasch festhalten, sonst wäre er schon wieder abgestürzt. Er klammerte sich an Nevantios Schultern, der nervös die aufsteigenden Greife im Auge behielt.
„Das kann niemals gut gehen!“, jammerte er. „Die machen Kleinholz aus uns.“
„Ich weiß!“, brüllte der schwarze Drache. „Ich bin offen für neue Vorschläge.“
„Wie wäre es damit?“, rief Miray und ließ Nevantios Schultern noch einmal los, um sich das Iluminai um den Hals zu hängen. Er wusste nicht genau, was er sich davon erhoffte, allerdings war die Wirkung ganz anders und ungleich stärker, als beim ersten Mal, als er sich das Medaillon in den Tiefen der Toten Stadt um den Hals gelegt hatte.
Miray wartete auf das strahlende Licht, das das letzte Mal wie ein Orkan über die pechschwarzen Gemäuer des gigantischen Turms hinweggefegt war, aber diesmal blieb es aus. Stattdessen gab es ein Geräusch wie ein Donnern. Eine Art Explosion raste über die beiden Reiter und ihren Drachen hinweg. Ein Sturm erfasste sie und begann sie davonzuwirbeln. Mirays Schrei ging in einem Wirbelwind unter, der sich von ihm ausgehend nach allen Seiten auszubreiten schien.
Er raste auf die beiden weißen Greife zu und warf sie rückwärts in die Schlucht hinunter. Gleich darauf erreichte die Sturmwelle das Wolkenmeer und zerriss es wie Watte. Die Grauen Hexer auf ihren
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