Im Abgrund der Ewigkeit
möglich, dass es auch eine Seele besitzt.“
Die dunkle Silhouette vor seinem Bett bewegte leicht den Kopf. Es wirkte wie eine Zustimmung. „Lilith und Johannes schweben in größter Lebensgefahr. Aber im Fegefeuer sind sie inzwischen unerreichbar für uns, denn der Einzige, der jenen Ort betreten könnte, bist du. …Und dazu bist du momentan nicht in der Lage. Uns läuft die Zeit davon…“
Asmodeo holte tief Luft. „Um die Menschen zu retten, die ich liebe, bleibt mir nur noch eine Option und die zwingt mich dazu, gewisse Dinge zu tun, schreckliche Dinge – Dinge, die ich früher allerdings geradezu genossen habe.“
Der Abt wagte es kaum mehr, zu atmen. Er fühlte, wie sich Schweißperlen auf seiner Stirn bildeten. „Ich kann dich nicht von Sünden freisprechen, die du vorsätzlich planst, zu begehen. Ich kann dir diesen Freibrief nicht erteilen, Asmodeo.“
„Und dennoch habe ich keine Alternative.“
„Doch, die hast du. Du kannst hoffen und beten, dass sich alles zum Positiven wendet.“
„Du weißt genau, dass das nicht geschehen wird“, erwiderte Asmodeo langsam und fast stockend. „Ich muss handeln. Ich muss tun, was immer auch getan werden muss. Sonst sind Lilith und Johannes für immer verloren.“
Mehrmals versuchte der Abt, zu schlucken. Es gelang ihm nicht, Mund und Kehle waren zu trocken. Tausend Gedanken jagten durch sein Hirn, und dann, mit einem Mal, wusste er, welche Sorge Asmodeo derartig quälte. Er sprach sie laut aus: „Du befürchtest, dass du jetzt alles aufs Spiel setzten musst, was du dir an Gutem geschaffen hast. Ist es das, Asmodeo?“
Asmodeo gab einen keuchenden Laut von sich. „Was, wenn ich durch mein Handeln wieder zu dem Monster werde, das ich früher einmal gewesen bin?“
Unendlich müde schüttelte der Abt einmal seinen Kopf. „Ich kann dir nicht helfen - niemand kann das, Asmodeo.“
Das Schweigen, das den Worten folgte, verschmolz mit den Schatten im Raum. Eine uferlose Erschöpfung erfüllte den Abt und riss ihn hinüber in die scheinbare Ruhe des Schlafs.
Als er wieder die Augen öffnete, befand sich niemand mehr in seinem Zimmer.
Vielleicht hatte er nur geträumt.
5
D er Mann am Empfangsschalter beobachtete aufmerksam die Monitore, die vor ihm auf dem Schreibtisch standen. Acht verschiedene Bilder - unterschiedliche Zugänge zu dem Büroturm in Frankfurt. Die Geschäftszeiten waren längst vorüber, sämtliche Pforten seit Stunden verschlossen.
Im Gebäude hielten sich nur noch wenige Personen auf. Insgesamt sechs. Davon war einer jetzt bereits nicht mehr am Leben. Der Wachmann grinste. Oder er stand zumindest kurz davor, zu sterben - je nachdem, wie weit die Chefs in der achtzehnten Etage mit ihrer Arbeit fortgeschritten waren.
Das letzte Mal hatte er an der Ausbildung , die dort oben ablief, teilnehmen dürfen. Die Objekte mussten zuerst fachmännisch gefesselt werden und erfuhren dann eine rigide Behandlung. Bei den Schmerzen, die man ihnen zufügte, konnte es durchaus sein, dass sie den Verstand verloren - was im Prinzip aber nicht hinderlich war. Sie mussten schließlich für ihre spätere Aufgabe vorbereitet werden. Eine wichtige Aufgabe.
Der Wachmann bemerkte, dass er mit seinen Gedanken abgeschweift war und kontrollierte erneut die Bildschirme.
Nichts. Alles ruhig. Keine Auffälligkeiten.
Eine Bewegung auf dem mittleren Monitor ließ ihn aufschauen. Er blickte durch die gläserne Front des Foyers nach außen. Ein schweres Motorrad fuhr heran. Darauf saß ein Polizist in grün-weißer Lederkluft. Er stoppte, bockte die Maschine auf und näherte sich dem Eingang. Im Gehen nahm er seinen Helm ab. Blondes Haar kam zum Vorschein.
Der Polizist klopfte gegen das Glas.
Na super! – dachte der Wachmann, als er aufstand und zum Eingang ging, um das Schloss mit Hilfe einer Magnetkarte zu entriegeln. Die zweiflügelige Tür glitt lautlos zur Seite weg.
Der Beamte trat in den Raum.
„Was kann ich für Sie tun?“, fragte der Wachmann mit aufmerksam-freundlichem Ausdruck im Gesicht.
Der Polizist lächelte. „Ich war gerade in der Nähe. Hier ist ein Zwischenfall gemeldet worden.“
„Bei uns?“
„Ja. Ganz eindeutig. Sie haben doch eine direkte Leitung zum Präsidium und dort ist ein Notruf eingegangen. Der stammt aus diesem Komplex.“
Der Wachmann blickte verdutzt um sich. „Nein. In meiner Schicht ist nichts passiert.“
„Sie haben doch sicher ein Überwachungssystem.“
„Selbstverständlich. Es ist in
Weitere Kostenlose Bücher