Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Abgrund der Ewigkeit

Im Abgrund der Ewigkeit

Titel: Im Abgrund der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roxann Hill
Vom Netzwerk:
Taschenmesser, klappte es auf und ging zu einem besonders großen Kaktus. Mühsam schnitt ich einen der Stängel ab, wobei ich darauf achtete, nicht von den Dornen gestochen zu werden, die sich am gesamten Blattrand befanden.
    Eine weiße Substanz tröpfelte aus dem Schnitt. Ich rieb meinen Finger hinein und probierte. Es schmeckte regelrecht widerlich. Ich spuckte mehrmals aus, um diesen ekelhaften Geschmack aus dem Mund zu bekommen.
    Ich setzte die Klinge meines Messers erneut am Blatt an und schnitt es der Länge nach auf. Anschließend riss ich die dicke Schale weg und arbeitete mich zu dem weichen Inneren vor. Ich zupfte es heraus, um es mir in den Mund zu stopfen. Nachdem ich eine Weile darauf herumgekaut hatte, spuckte ich auch das aus. Ungenießbar.
    Meine Finger waren jetzt über und über von dieser weißen pappigen Creme überzogen. Zuerst versuchte ich, die Schmiere am Sand abzureiben, und als mir das nicht gelang, ging ich zum Becken und wusch mir dort die Hände.
    Das Zeug löste sich im Wasser vollends auf und nahm sämtlichen Schmutz mit. Verdutzt betrachtete ich meine urplötzlich reine Haut – und dann gab es für mich kein Halten mehr.
    Wenn ich schon hungern musste, dann wenigstens sauber! Der Kaktus musste dran glauben. Ich schnitt über die Hälfte seiner Blätter ab, schlitzte sie auf und kratzte die weiße Creme heraus. Diese verteilte ich großzügig auf meinem gesamten Körper und in meinen Haaren. Dann kehrte ich zum Wasser zurück, setzte mich in meine überdimensionale Wanne und begann, mich ausgiebig abzuseifen. Meine Haare strotzten nur so vor Schmutz. Ich musste sie dreimal mit dem Kaktussaft einlassen.
    Anschließend entstieg ich dem Pool, um mir meine Kleider zu greifen. Ich behandelte sie auf die gleiche Weise und legte sie zum Trocknen auf die Steine. Erneut kletterte ich ins Wasser zurück. Fast wie Nichesa – schoss es mir dabei durch den Kopf, doch als ich den Gedanken zu Ende führen wollte, wurde er löchrig, wie ein überbelichteter Film und entschwand.
    Ich lag im Bassin, die Quelle plätscherte, der Hunger war zwar noch spürbar, aber nur noch als tauber, dumpfer Schmerz. Die Anstrengung der letzten Tage machte sich bemerkbar. Ich wurde schläfrig.
    Durch meine halb geschlossenen Lider vermochte ich eine Bewegung zu erkennen. Ein kleines Tier schlich um die Steine herum, die meinen Tümpel begrenzten. Seltsamerweise fand ich das nicht beunruhigend. Die Katze setzte sich und wandte mir den Kopf zu. Sie war schon alt und hatte nur ein Auge, das gelb leuchtete. Mit ihrer rechten Vorderpfote fuhr sie wie prüfend in das Wasser.
    Laurent – hörte ich mich flüstern. Als Antwort gähnte die Katze, rollte sich zu einem kleinen Ball zusammen und begann, leise zu schnarchen.
    Ich lächelte, als ich das Geräusch hörte.
    Das Schnarchen wurde lauter, es veränderte sich zu einem Piepsen. Der ständig wiederkehrende Ton begleitete mich in den Schlaf.

12
     
    F rühmorgens brach ich auf. Die Sterne standen noch am Himmel und der Tag verbarg sich hinter den Dünen.
    Ich kam zügig voran. Durch den Aufenthalt in der Oase und der Tatsache, dass ich letzte Nacht erstmals seit langem richtig geschlafen hatte, fühlte ich mich so gut, wie schon seit Tagen nicht mehr. Voller Zuversicht glaubte ich fest daran, dass ich es auch diesmal wieder bis zur nächsten Oase schaffen würde. Hinzu kam, dass sich der Boden, über den ich lief, verändert hatte. Er war jetzt hart, rissig und spröde. Das Laufen fiel mir wesentlich leichter und trug dazu bei, dass sich meine positive Stimmung noch weiter besserte.
    Mit der Zeit wurde mir die Umgebung mehr und mehr einerlei. Die Sonne brannte mit voller Wucht auf mich herab. Ich hing meinen Gedanken nach, versuchte Erinnerungen wiederzufinden, Assoziationen aufzurufen, die mir etwas über die Person verraten würden, die ich früher einmal gewesen war.
    Ich fasste in meine Jacke, zog das Medaillon hervor und behielt es wie einen Talisman in der Hand. Dabei murmelte ich meinen Namen in einem monotonen Singsang vor mich hin.
    „Ich bin Lilith. Lilith Stolzen“, wiederholte ich ohne Unterlass.
    Dann flüsterte ich: „Asmodeo“, sprach den Namen laut aus und rief ihn schließlich in das Nichts um mich herum. In Bruchteilen von Sekunden bauten sich vor mir Bilder auf, die ich nicht zu deuten wusste und die ebenso schnell verschwanden, wie sie erschienen waren. Ich glaubte, ein Motorrad erkennen zu können und einen See, auf dessen Mittelinsel sich ein

Weitere Kostenlose Bücher